MDT-Glosse

27.08.1976

"Mit Worten", sagt Mephisto, "läßt sich trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten. Beides gilt auch im verbalen Feld der Datenverarbeiter, wie man etwa am Begriff "mittlere Datentechnik" studieren kann, der in jüngster Zeit selbst diabolische Züge nicht mehr vermissen läßt.

Nach emsigen Mühen hat es schon in den frühen Sechzigern einen Kreis von tüchtigen PR-Leuten fröhlich gestimmt, der breiten Öffentlichkeit mit dem Slogan "Mittlere Datentechnik" den Einstieg der früheren deutschen Buchungsmaschinen-Industrie in die Computerei einzuprägen. Auch schafft der Begriff Distanz zu den Systemen aus der herkömmlichen Computer-Industrie. Wohl mehrere hundert Glossen und Leitartikel haben sich seitdem durchaus streitlustig mit dem Begriff auseinandergesetzt. Womit Mephistos erste These recht behält.

Leider gehören seit jeher stundenlange Seminare oder broschürenlange Kompendien dazu, um den erfolgreichen Begriff auch zu definieren. Auch an solchen Versuchen hat es nicht gemangelt. Höhepunkt dieser Mühen war eine Dissertation. Mit ihr erblickte ein wissenschaftlich untermauertes System das Licht der Öffentlichkeit. Sie war im übrigen wohl auch die erste Doktorarbeit, in der ein Werbespruch im nachhinein wissenschaftlich interpretiert worden ist. Vor allem aber hat damit Mephisto zum zweitenmal recht behalten.

Mehr als fünf Jahre sind seitdem ins Land gezogen, " Mittlere Datentechnik" ist heute als Formel für eine gewisse Technik, Methode, Anwenderklasse (zum Aussuchen) ein fester Begriff geworden. Längst sind die Buchungsmaschinen vergessen, längst ragen die Leistungen der MDT-Computer weit in die Sphären der EDV hinauf. Der Begriff engt zwar ein wie ein Korsett und deutet Mittelmäßiges an aber er wankt nicht. Und darin zeigt sich nun auch die diabolische Note. Denn die einstigen Väter des Slogans schaffen es einfach nicht, den Erfolgsslogan in Vergessenheit geraten zu lassen. Bedauerlicherweise trägt auch diese Glosse nicht das geringste dazu bei ... HWS