IBMs Mikrokanal contra EISA-Architektur:

MCA-Streit spaltet PC-Markt in zwei Lager

14.04.1989

BOCA RATON (CW) - Vor zwei Jahren kündigte IBM die PS/2-Familie mit OS/2 sowie den Mikrokanal-Bus an. Der strategische Schachzug, die bis dahin offene Systemwelt des Industriestandard-PC wieder in eine geschlossene zu verwandeln und ihre Anwender von der übrigen DV-Welt abzuschotten, scheiterte bis jetzt am Widerstand der Händler und Benutzer.

Die Diskussion der Big-Blue-Strategie und deren zahlreichen Gegnern wurde nach dem Motto "Gut gegen Böse" geführt. Inzwischen hat die IBM aber ihre Mikrokanal-Rechner in den Regalen der großen Händler untergebracht. Bei kleineren Händlern hingegen dauert die kontroverse Debatte über die neue Architektur an. Der Verkauf der PS/2-Systeme über ihre Vertriebskanäle verläuft schleppend, weil sich durch die neue Architektur mit den bewährten Platinen und 51/4-Zoll-Disketten nichts mehr anfangen läßt und kaum jemand weiß welche Vorteile das neue System mit sich bringt. Was die Händler der IBM jedoch besonders übelnehmen: Sie hat die XT- und AT-Rechner vom Markt genommen, obwohl rege Nachfrage bestand.

Zwei Jahre nach der Einführung - geprägt von Systemverbesserungen und der Suche nach Unterstützung durch Board-Hersteller - hat es IBM inzwischen geschafft, PS/2 zu einem Faktor zu machen, den die Branche einkalkulieren muß. Außerdem ist es ihr gelungen, die PC-Industrie in zwei Lager zu spalten. Und das, ohne der Branche die besonderen Fähigkeiten des, Mikrokanals eindeutig klar machen zu können. Der einzige

handfeste Vorzug des Systems - der 32-Bit-Datenbus - ist im Verlauf des Kampfes um Marktanteile und Standards mehr oder weniger untergegangen und wird kaum noch wahrgenommen. Erst seitdem die Anbietergruppe um Compaq und Olivetti den EISA-Bus mit ebenfalls 32 Bit und weiteren MCA-Features propagiert, wird diese Botschaft mit Nachdruck durch die PR-Kanäle der Branche gejagt.

Die EISA-Gruppe macht der IBM aber auch hier einen Strich durch die Rechnung. Compaq - nach eigenen Angaben Marktführer im Bereich High-End-PCs - verkündet öffentlich und kontinuierlich, daß dem einzelnen Anwender weder der Mikrokanal noch der EISA-Bus nennenswerte Vorteile bringen. Konsequenz für Compaq: Der EISA-Rechner - erwartet für Ende des Jahres - wird als Server für Abteilungen positioniert. Mindestens bis dahin wird der wortgewaltige Kampf zwischen Mother Blue und den übrigen Anbietern weitergehen.