Nach dem Börsengang: Auslandsmärkte und Firmenkunden im Visier

Maxdata will im Konzert der Großen mitspielen

11.06.1999
Von Andrea Goder* FRANKFURT/M. - Mit der Maxdata AG gab am Mittwoch dieser Woche der bislang größte Emittent am Frankfurter Neuen Markt sein Debüt. Neben der Etablierung der eigenen PC-Marke in einem sehr wettbewerbsintensiven Umfeld gehört auch die weitere Expansion in Europa zu den Zielen des lange Zeit vom Metro-Konzern beherrschten Hardwareherstellers.

Monitore und PCs zu verkaufen, das ist das schwierige Geschäft von Holger Lampatz. Der Börsengang eröffnet dem Gründer und Vorstandschef der im westfälischen Marl beheimateten Maxdata AG jetzt allerdings neue Wachstumsperspektiven. Dem Unternehmen werden, wie auf der Emissionspressekonferenz in Frankfurt am Main bekanntgegeben wurde, schätzungsweise zwischen 300 und 350 Millionen Mark zufließen.

Um die notwendige Tranche für das Going Public aufzubringen, fand im Vorfeld des Börsengangs eine Kapitalerhöhung um fünf Millionen Mark statt. Zusätzlich reduzierte der bisherige Großaktionär, die Microcomputer-Fertigung GmbH, die wiederum eine Tochtergesellschaft der Frankfurter Divaco AG ist, ihre Anteile von 74,9 Prozent auf 43,4 Prozent. Hinter der Divaco AG steht unter anderem die Kölner Metro AG (49 Prozent der Anteile). Der Handelskonzern hatte im vergangenen Jahr vergeblich versucht, die Vobis-Gruppe einschließlich ihrer damaligen Tochtergesellschaft Maxdata an den US-Distributor CHS zu verkaufen. Nachdem der Deal scheiterte, lagerte Metro seine Computeraktivitäten an die Holding Divaco AG aus. Die mittlerweile erfolgte Zerschlagung von Vobis überstand Maxdata bekanntlich als eigenständiges Unternehmen dank einer geschickten Strategie und dem Beharrungsvermögen von Firmenchef Lampatz. Im Gegenteil: Durch die Übernahme der bisherigen Vobis-Produktionsstätte in Würselen konnte die eigene PC-Fertigung gestärkt werden.

Doch zurück zu den Maxdata-Gesellschaftern. Kontrolliert wird die Divaco von einer Gruppe von Finanzinvestoren, die von der Deutschen Bank angeführt wird und insgesamt 51 Prozent der Anteile hält. In den nächsten vier Jahren will sich Divaco von der restlichen Beteiligung an Maxdata trennen, hieß es in Frankfurt. Mittelfristig wird deshalb Maxdata-Chef Lampatz, der beim Going Public selbst keine Aktien abgab, mit 20,8 Prozent der Anteile alleiniger Großaktionär sein.

1987 als Vertriebsunternehmen für Monitore gegründet, hat die auch heute im PC-Geschäft operierende Company in den letzten Jahren ihre Position in Deutschland und Westeuropa kontinuierlich ausgebaut.

Im Geschäftsjahr 1998 steigerten die Westfalen, die derzeit knapp 1200 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste führen, den Umsatz gegenüber dem Vorjahr (1,16 Milliarden Mark) um 44 Prozent auf 1,67 Milliarden Mark. Der Jahresüberschuß kletterte im gleichen Zeitraum auf 61,9 (30,9) Millionen Mark. Darin enthalten sind allerdings auch die zwölf Millionen Mark, die der Verkauf der Peacock AG an die Actebis Holding in die Kasse brachte. Auch im ersten Quartal 1999 setzte sich der Aufwärtstrend mit einem Umsatzzuwachs von 38 Prozent auf 621 Millionen Mark fort. Das operative Ergebnis vor Steuern erhöhte sich um 13,6 Prozent auf 25 Millionen Mark.

Mit den selbstproduzierten "Belinea"-Monitoren, die im letzten Geschäftsjahr 48 Prozent zu den Einnahmen beisteuerten, sehen sich die Marler bereits heute als Marktführer in Deutschland und Westeuropa. Wie die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ermittelte, soll Maxdata 1998 knapp eine Million Geräte in den deutschen Markt hinein verkauft haben. Die Achillesferse des Unternehmens ist jedoch nach wie vor das PC-Geschäft. Mit 331000 verkauften Einheiten belegte Maxdata laut GfK im vergangenen Jahr Platz fünf im Ranking der PC-Anbieter in Deutschland - hinter SNI, Compaq, Fujitsu und Vobis (siehe Abbildung).

Die Stoßrichtung gibt Lampatz jedoch klar vor: "Unser Fokus liegt auf dem High-end-Markt." Während bislang überwiegend kleine und mittlere Unternehmen zur Klientel der Westfalen gehörten, will Maxdata jetzt auch verstärkt die Top-500-Unternehmen ins Visier nehmen. Um die großen Industriekunden bedienen zu können, planen die Westfalen, die bis dato ihre Produkte ausschließlich über Fachhandelspartner vertrieben, Kooperationen großen Stils mit etablierten Systemhäusern wie Debis. Wettbewerbsvorteile verspricht man sich auch durch eine an das Modell von PC-Direktvertreiber Dell angelehnte "Online-Built-to-Order"-Produktion, bei der nach individuellen, vom Fachhandel online weitergegeben Kundenaufträgen gefertigt wird. Darüber hinaus soll den Vertriebspartnern in Kürze eine "Shop-in-Shop"-E-Commerce-Lösung zur Verfügung gestellt werden, über die die Endabnehmer über die Web-Seiten der Fachhändler Zugang zum Produktportfolio von Maxdata erhalten.

Im Consumer-Markt hat Lampatz deutlich weniger Ambitionen. "Wir wollen auch noch ein bißchen Geld verdienen", ließ sich der Maxdata-Chef diesbezüglich in seine Karten blicken. Der Grund für diese Zurückhaltung dürfte neben den vergleichsweise noch geringeren Margen im Privatkundengeschäft auch in der Tatsache liegen, daß die Marler noch in anderen Geschäftsbereichen Hausaufgaben zu erledigen haben. Will man zu den erwähnten Großen der Branche aufschließen, gilt es, auch die bislang noch schleppend verlaufenden Verkäufe von Servern und Notebooks zu steigern. Neue, in Kürze auf den Markt kommende Modelle sollen deshalb auch hier das Standing vor allem bei Unternehmenskunden verbessern.

Mit dem beim Börsengang eingesammelten Kapital will der PC- und Monitor-Hersteller in jedem Fall seine Schlagkraft als europäischer Anbieter erhöhen. Knapp 30 Prozent des Umsatzes wurden 1998 im Ausland erzielt, mittelfristig sollen es aber mehr als 50 Prozent sein. Neben bereits existierenden Tochtergesellschaften in Österreich, der Schweiz, Großbritannien und den Niederlanden plant der Konzern weitere Vertriebsniederlassungen, zum Beispiel in Frankreich und Italien. Durch Akquisitionen und Allianzen soll das Wachstumstempo zusätzlich beschleunigt werden.

In einem von finanzkräftigen Anbietern beherrschten Markt, in dem ein erbitterter Preiskrieg tobt, ist die zukünftige Position von Maxdata jedoch mit gewissen Unwägbarkeiten verbunden. Als reine "Kistenschieber", die ihre Komponenten überwiegend aus den USA beziehen und die Geräte in Niedriglohnländern Ostasiens fertigen lassen, sind die Westfalen zum einen stark von Lieferanten abhängig. Zum anderen könnte auch ein zu starker Dollar-Kurs die Geschäftszahlen in dem einen oder anderen Quartal verhageln. Die "Phantasie" hinter der Maxdata-Aktie ist also für die Verhältnisse am Neuen Markt nicht sensationell. Keine Internet- oder Software-Company mit überbordenden Wachstumsperspektiven - dafür aber ein Unternehmen mit etwas, was den meisten Newcomern noch fehlt: Substanz.

Gestärkt durch den Börsengang kann der Hardwarehersteller jedenfalls (auch) mit Wachstum rechnen. Für das laufende Jahr erwarten die Analysten der Deutschen Bank einen Umsatzsprung auf rund zwei Milliarden Mark, im Folgejahr 2,6 Milliarden Mark. Mit einem Plus von jeweils 27 Prozent soll auch der Gewinn entsprechend nachziehen.