Computersyteme mit neuen Architekturen erlauben auch neue Grafik-Eingabegeräte:

Maus fördert die Software-Ergonomie

11.03.1983

Die Palette der heute am Markt angebotenen Zusatzgeräte zur Bedienung eines grafischen Bildschirmes reicht von zierlichen Steuerknüppeln und Lichtschriften bis zu voluminösen Tabletts mit teilweise großen Menüfeldern. Wie weit sie dem Bediener komfortables Arbeiten ermöglichen, hängt natürlich auch von der zur Verfügung stehenden Software ab. Rudolf Schramm* beschreibt Funktion und Anwendung einiger Interaktiver Eingabegeräte.

Viele dieser Geräte haben eines gemeinsam: den Cursor, bekannt als Rechteck, Pfeil oder Fadenkreuz, auf dem Bildschirm frei und schnell an bestimmte Stellen zu bewegen. Jede andere Funktion wie Zooming, Rotieren und Menüsteuerung wird meistens softwaremäßig gelöst, benutzt jedoch den frei beweglichen Cursor zur Unterstützung.

Besonders die in letzter Zeit hervorgetretenen Arbeitsplatzcomputer (Apollo Domain, HP, DEC) mit Raster-scan-Bildschirmen und Bit-mapped-Technik erlauben in Verbindung mit interaktiven Eingabegeräten neue Softwaretechniken. Interessant sind dabei auch neue Personal Computer, die teilweise mit der gleichen Ausstattung eine "Maus" als Eingabemedium benutzen. Erreicht wird damit der bessere Mensch-Maschine-Dialog (Software-Ergonomie).

Grundsätzlich ist auch jede Tastatur für die Arbeit am grafischen Bildschirm geeignet. Mit den Cursorsteuertasten links, rechts, hoch und runter kann der Cursor auf dem Bildschirm bewegt werden. Zusätzlich bieten programmierbare Tasten auch Sonderfunktionen an und sind zum Teil mit in die bestehende Tastatur eingebaut.

Tasten werden normalerweise dazu benutzt, um Kommandos oder Menüoptionen einzugeben. Ordnet man bestimmten Tasten immer die gleichen Funktionen (Zooming, rotate etc.) zu, können diese Tasten auch gleich funktionsbezogen beschriftet werden (Softkeys).

Alle Softwaremöglichkeiten lassen sich so natürlich nicht nutzen, da man viel zuviel Tasten hätte. Außerdem erzwingt der Suchvorgang nach der richtigen Taste vom Benutzer eine ständige Blickfeldänderung (Tastatur-Bildschirm).

Suchzeit sehr groß

Das gleiche Problem ergibt sich bei den häufig anzutreffenden grafischen Tabletts. Genutzt werden diese mit auswechselbaren Menüfeldern, die auf das Tablett gelegt werden. Mittels eines Stiftes tippt der Benutzer dann den entsprechenden Befehl an.

Diese Menüfelder können bis zu 100 oder mehr Befehle enthalten und sind eigentlich Tastaturersatz, besser noch Funktionstastenersatz. Der Anwender blickt ständig vom Bildschirm zum Tablett. Vor allem für ungeübte Personen ist die Suchzeit auf den Menüs sehr groß.

Eine andere Möglichkeit, die gerne verwendet wird, sind kleine Tabletts (etwa DIN A4), bei denen mit einem Stift oder Puck die Cursorkontrolle und das Einblenden der Menüs direkt am Bildschirm gelöst wird. Pucks sind funktionell gleiche Geräte wie der Stift.

Sie sind flach und besitzen zusätzlich eine Anzahl von Schaltern, mit denen Befehle ausgelöst werden können. Je mehr Schalter desto größer die Unsicherheit. Oft sind sie mit einer Lupe ausgestattet, woher auch der ursprüngliche Name rührt. Die Benutzung kleiner Tabletts kann eine unnatürliche Armhaltung hervorrufen, da der Stift oder Puck nur auf der Tablettfläche wirksam ist.

Computer wartet auf Licht

Technisch funktionieren die Tabletts meistens nach dem magnetostriktiven Verfahren. Eine große Anzahl Drähte ist in x- und y-Richtung im Tablett eingebettet. Der Stift besitzt an seiner Spitze einen Schalter, der beim Niederdrücken auf dem Tablett einen Impuls bewirkt. Damit ist für den Computer die Stellung in x-/y-Koordinaten feststellbar.

Die benutzbare Fläche des Tabletts entspricht der Bildschirmfläche. Die Cursorstellung ist analog der Stiftstellung. Maßgebende Parameter für ein Tablett sind die Auflösung, die Linearität, die Wiederholgenauigkeit und die Größe. Diese Punkte sind besonders beim Digitalisieren wichtig.

Der Lichtstift ist in der Geschichte der interaktiven, grafischen Computersysteme eines der am frühesten entwickelten Geräte. Der Lichteinfall wird über eine Linse und ein Glasfaserbündel zur Logik des Stiftes geleitet und erzeugt für den Computer die erforderlichen Impulse.

Der Lichtstift ist mit der Kontrollogik des Computers verbunden, so daß der Computer mit der Ausführung eines Befehls wartet, bis der Stift Licht sieht. Die Benutzung des Lichtstiftes ist über mehrere Stunden sehr anstrengend, da das anzusteuernde Ziel genau zu treffen und der Abstand zwischen Benutzer und Bildschirm klein ist.

Hinzu kommt die ungewöhnliche Armhaltung und ein ständiges Bewegen vor den Augen. Als Konsequenz daraus, werden immer mehr Systeme mit Eingabegeräten wie Maus oder Tablett ausgestattet, die der "Pick"-Funktion des Lichtstiftes gleichwertig sind.

Der Steuerknüppel (Joystick) ist bekannt aus Fernsteueranlagen und kann nach links, rechts, vorwärts und rückwärts bewegt werden. Steuerknüppel sind als Einzelgeräte erhältlich oder auch mehrfach in bereits bestehenden Tastaturen eingebaut. Potentiometer teilen dem Computer die Richtungen nach einer Analog-Digital-Wandlung mit.

Diese Geräte gehen oft nach dem Loslassen des Knüppels in die Nullstellung zurück. Es ist schwierig, mit dem Steuerknüppel die absolute Position des Cursors direkt zu beeinflussen, da der geringe Auslenkungswinkel (bezogen auf die zurückzulegende Entfernung am Bildschirm) ein feinfühliges Arbeiten voraussetzt. Auf der Skala der interaktiven Geräte ist der Steuerknüppel mit seinen doch beschränkten Funktionen am unteren Ende einzustufen.

Schlitze geben Impulse

Die Rollkugel ist auch seit längerer Zeit bekannt und dient wie der Steuerknüppel zur freien Bewegung des Cursors über den Bildschirm. Manche Rollkugeln (auch "crystal ball" genannt) besitzen zusätzliche Tasten, die Sonderfunktionen auslösen können (Einblenden von Menüs etc).

Aufgebaut ist die Rollkugel ähnlich wie die noch zu besprechende Maus. Ein spezielles Lagergehäuse nimmt die Kugel spielfrei auf. Mit von der Kugel angetriebenen Schlitzscheiben werden über Lichtschranken Impulse erzeugt, die nach der Umrechnung in Koordinaten zur Cursorsteuerung benutzt werden.

Große und schnelle Positionswechsel sind mit einer Rollkugel schwierig auszuführen, da die Kugel nur mit den Innenflächen der Hand bewegt und gebremst wird. Je größer die Kugel, desto mehr Oberfläche steht für die Bewegung zur Verfügung, desto größer wird aber auch die zu bewegende oder abzubremsende Masse.

Bedingt durch die Größe der Kugel ergibt sich ein zwischen vier und zehn Zentimeter hohes Gehäuse, das zwar als Einheit über den Tisch bewegt werden kann, seine Funktion aber erst nach Betätigung der an der Oberseite angebrachten Kugel erfüllt. Die Höhe des Gehäuses bedingt, besonders bei längerem Gebrauch, ein Abstützen des Armes auf der Tischplatte und damit ein Abknicken des Handgelenkes.

Die Maus wurde mit dem Ziel entwickelt mit möglichst vielen Funktionen zu erhalten. So sind zwei Grundelemente der bereits besprochenen Grundelemente der bereits besprochenen Geräte auch hier wiederzufinden: Kugel und Schalter. Man kann die Maus als umgedrehte Rollkugel betrachten, da die Funktion sehr ähnlich ist.

Eine Maus kann wie eine halbe, mittelgroße Orange aussehen und hat an der Unterseite des Gehäuses eine Kugel mit 20 Millimeter Durchmesser. Sie stellt den Kontakt zu einer normalen Tischplatte her. Über ein präzises Abnahmesystem werden Schlitzscheiben angetrieben, und mit Lichtschranken die Impulse an den Computer aufbereitet. Jeweils zwei um 90 Grad versetzte Impulse dienen der Richtungserkennung. Die Auflösung beträgt um 15 Impulse pro Millimeter, eine Begrenzung der Bewegungsgeschwindigkeit gibt es nicht.

Die Besonderheit der Maus liegt in ihrer Benutzung. Sie wird als komplette Einheit bewegt und bietet somit an jeder Stelle den vollen Funktionsumfang. Jede Bewegung ändert auch die Stellung des Cursors auf dem Bildschirm.

Die Bewegung des Armes ist natürlich, wobei das Gewicht des Armes ganz auf der Tischplatte liegt Maus ist nicht an einen speziell präparierten Untergrund gebunden. Jede glatte Tischplatte ist ausreichend. Die physikalische Position der Maus auf der Tischfläche ist unwichtig, so daß der Greifraum unabhängig von der Personalgröße gewählt werden kann. Drei eingebaute Schalter sind so angeordnet,, daß sie auch während der Bewegung leicht zu bedienen sind. Damit können Menüfelder wie beim grafischen Tablett direkt am Bildschirm eingeblendet und nach Befehlsaktivierung wieder gelöscht werden (Pop-up-Menü = dynamisches Menü).

Besonders Computersysteme mit neuen Architekturen und großer Rechnerleistung erlauben auch neue Eingabe- und Steuergeräte wie die Maus, was einen Schritt in Richtung Softwareergonomie darstellt. Vor allem in den USA sind heute schon Softwarelösungen verfügbar, die interaktive Eingabemedien als festen Bestandteil vorsehen (Smalltalk).

*Rudolf Schramm ist der Geschäftsführer der Ingenieurbüro Schramm GmbH, Sonnenbühl