Innovation Management

Mattels neuer E-Commerce-Treiber

17.06.2022
Von 
Paula Rooney schreibt für unsere US-Schwesterpublikation cio.com.
Eine einst Startup-ähnliche Initiative mit limitierten Sammlerstücken hat sich für Spielzeughersteller Mattel als E-Commerce-Erfolgstreiber erwiesen.
Die Kooperation mit anderen Marken im Rahmen von Mattel Creations befeuert das E-Commerce-Business des Spielzeugiganten.
Die Kooperation mit anderen Marken im Rahmen von Mattel Creations befeuert das E-Commerce-Business des Spielzeugiganten.
Foto: Mattel

Hot Wheels - Gucci Edition, Masters of the Universe - Shogun Warrior und Barbie - Rosa Parks Edition sind nur drei von vielen einzigartigen Produktangeboten von Spielzeughersteller Mattel. Allerdings sind die Produkte nicht im Einzelhandel erhältlich, sondern als Teil des Creations-Portfolios ausschließlich online zu haben. Die Online-Produktlinie hat der Spielwarenriese im August 2020 eingeführt, um die Kundenbindung zu stärken sowie neue Einnahmequellen zu erschließen.

Umgesetzt wurde das Projekt von Teams aus den Bereichen Technologie, Brands und Marketing, wobei die Corona-Pandemie die Initialzündung für die neue Business-Initiative war: "Wir befanden uns zu Beginn der Pandemie in einer neuen Lebenswelt, von der wir nicht wussten, wie lange sie dauern würde. In dieser Situation wollten wir unsere digitalen Angebote für alle Menschen ausbauen." Im Wesentlichen sei die Creations-Produktlinie Mattels Antwort auf eine Frage gewesen, die sich Unternehmen auch nach der Pandemie stellen werden: Wie kann man wachsen, skalieren und seine Kunden dort abholen, wo sie sind?

"Wir wussten, dass wir einen neuen digitalen Kanal schaffen mussten, der gezielt Sammler anspricht, neue Produktangebote und verbesserte Erlebnisse schafft", erzählt Sven Gerjets, EVP und CTO bei Mattel, und betont dabei, dass die Idee Teamwork gewesen sei. Die Initiative brachte dem Unternehmen im Jahr 2022 einen CIO 100 Award für IT-Innovation und Leadership ein. "Alles, was wir tun, ist eng mit Technologie und Business verbunden. Das ist unsere Art und Weise, Transformationen anzugehen - egal ob es sich um die Umgestaltung kundenorientierter Bereiche oder interner Funktionen handelt", sagt der CTO über die Unternehmenskultur bei Mattel.

Sven Gerjets, EVP und CTO bei Mattel.
Sven Gerjets, EVP und CTO bei Mattel.
Foto: Mattel

In der Cloud geboren

Direct-to-Consumer-Produktlinien wie American Girl sind zu einer wichtigen Säule des Mattel-Geschäfts geworden. Konsumenten direkt zu beliefern, erforderte eine beträchtliche Technologieinvestition von Mattel, das seinen IT-Betrieb vor mehr als fünf Jahren auf die Google Cloud Platform (GCP) und Google Analytics umgestellt hat.

Um die Creations-Produktlinie zu realisieren, mussten Gerjets und sein IT-Team nach eigener Aussage auf die Online-Einzelhandelsplattform von Shopify umsteigen (nach Amazon die zweitgrößte) und eine Costumer Data Platform (CDP) von BlueConic implementieren. So sei Mattel besser in der Lage gewesen, sich auf ein spezifisches Kundensegment zu konzentrieren: Die Sammler klassischer, physischer Mattel-Produkte wie Hot Wheels, Barbies und anderer bekannter Marken.

"Creations begann als Kernplattform, um neue kollaborative Erlebnisse zu schaffen - etwas, das wir vor der Pandemie nicht hatten", erklärt der CTO und verweist auf eine breite Palette von Online-Kollaborationen mit beliebten Künstlern und Designern, die Mattels Produkten eine einzigartige Note verliehen haben. Darunter etwa die Gucci-Edition von Hot Wheels oder eine Masters-of-the-Universe-Halskette, die in Zusammenarbeit mit dem Künstler Christopher Wright produziert wurde.

Die Creations-Plattform bot Mattel-Sammlern ein einzigartiges Online-Erlebnis zu einer Zeit, in der sich der Einzelhandel nur schwer von den Pandmie-bedingten Lockdowns erholen konnte. Noch bedeutender war für den Spielzeug-Giganten jedoch, dass der Erfolg der Produkte den Anstoß gab, um einen Großteil des E-Commerce-Business neu zu planen: "Nachdem wir die neue Umgebung eingeführt hatten, haben wir uns darauf konzentriert, die Collector Experiences auf einer Plattform zu konsolidieren", erzählt Gerjets.

So umfasse die Creations-Produktlinie inzwischen beispielsweise den "Red Line Club", eine exklusive Hot-Wheels-Sammlergemeinschaft mit Tausenden von Mitgliedern, die für das Erlebnis bezahlen. Dabei weist der Manager darauf hin, wie wichtig es sei, die richtige Customer Data Platform zu wählen, um die Kunden auf neue Weise ansprechen zu können und die Loyalty Clubs des Unternehmens zu stärken.

Richtungswechsel sorgt für Umsatzschub

Mattels Umstieg auf die Google Cloud Platform, die ihren Anfang vor fünf Jahren nahm, treibt hinter den Kulissen die Creations-Plattform an. Neben der Datenmigration in die Cloud ging das IT-Team von Mattel wie bereits erwähnt eine Partnerschaft mit Shopify ein: "Wir brauchten Skalierbarkeit und eine mandantenfähige Plattform. Unsere limitierten Editionen waren tausendfach innerhalb von Minuten ausverkauft. Shopify ermöglicht uns auch, kundenspezifische Funktionen wie Content Management in die Creations-Plattform zu integrieren", so der CTO.

Die wichtigsten Produktlinien von Mattel auf die Shopify-Plattform zu bekommen, dauerte etwa 18 Monate. Um Sales-Kampagnen zu managen, banden Gerjets und sein Team auch die Marketing-Lösungen von Klaviyo ein. Darüber hinaus setzt Mattel auch die DevOps-Plattform Netlify ein, um sich mit seinen Geschäftspartnern zu integrieren. Der Einsatz der Customer Data Platform von BlueConic ermöglicht Mattel, Marketing-Daten und -Analysen in einer einzigen Datendrehscheibe zusammenzufassen. Durch die Kopplung von BlueConic mit der Digital-Experience-Plattform Optimizely auf GCP kann Mattel beispielsweise in Echtzeit mit seinen Loyalty Clubs experimentieren, aus den Ergebnissen lernen und sich schnell weiterentwickeln, um das Geschäft zu treiben. "Der Mattel Creations Store ist der zentrale Knotenpunkt geworden, um unser Direct-to-Consumer-Geschäft für das gesamte Unternehmen zu transformieren", resümiert Gerjets.

Auch Sandeep Unni, Analyst bei Gartner, sieht in Creations ein Beispiel für neue Wertströme, mit denen Einzelhändler ihre Geschäftsmodelle transformieren können: "Die Investition in die kollaborative Plattform hat es Mattel ermöglicht, limitierte Collectibles zu präsentieren, die sich an Sammler und Enthusiasten richten - und zwar sowohl an bestehende als auch an neue Kunden. Das hat das Potenzial, dem Unternehmen neue IP-Rechte und Einnahmequellen zu erschließen. Außerdem kann das Unternehmen durch die Zusammenarbeit mit neuen Designern sowie anderen Marken und Popkultur-Influencern den aktuellen Zeitgeist ansprechen."

Mattel hat sein Direct-to-Consumer-Geschäft vor kurzem auch in Europa gestartet und will weiterhin Innovationen im Omnichannel-Marketing vorantreiben - auch mit ergänzenden Angeboten wie NFTs (die die Mattel-Collectibles digital repräsentieren). Unabhängig davon will CTO Sven Gerjets sicherstellen, dass Technologie-, Marken- und Marketingabteilung weiter eng kooperieren, um ein einheitliches Erlebnis im gesamten Unternehmen zu schaffen. "Die Technologie ist das Fahrzeug, aber alle Mitarbeiter müssen an Bord sein, wenn wir den Business Value steigern und das Unternehmen in seiner Gesamtheit voranbringen wollen", meint Gerjets. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.