Preisverfall und Nachfragerückgang machen Chipherstellern zu schaffen

Massiver Gewinneinbruch bei Infineon

04.05.2001
MÜNCHEN (CW) - Die sinkende Nachfrage nach Computern hat zu einem massiven Preisverfall bei Speicherchips geführt. Seit September sind die DRAM-Preise um mehr als 66 Prozent gesunken. Langfristig noch fatalere Folgen hat der Nachfragerückgang im Mobilfunkbereich. Hier rechnen Experten nicht mit einer baldigen Erholung.

Die Chiphersteller sind in den vergangenen Monaten massiv unter Druck geraten. Auch die Infineon Technologies AG, München, hat im zweiten Quartal dramatische Gewinneinbußen erlitten. Mit einem Nettogewinn von 23 Millionen Euro erzielte die Siemens-Tochter 123 Millionen Euro weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Den Umsatz konnte das Unternehmen zwar steigern - allerdings nur um acht Prozent auf 1,65 Milliarden Euro.

Handy-Geschäft weiter rückläufigInfineon-Chef Ulrich Schumacher begründet den Gewinneinbruch mit dem Preisverfall bei Speicherchips, dem wichtigsten Umsatzträger des Konzerns, sowie mit dem Nachfragerückgang im Mobilfunksegment, der sich in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen werde. "Es kann sein, dass sich das Handy-Geschäft im dritten Quartal noch verschlechtern wird", so Schumacher. Optimistisch ist er dagegen in Sachen drahtgebundene Kommunikation, Sicherheits- und Chipkarten-ICs sowie Automobilelektronik. Hier werde der Umsatz zweistellig wachsen. Auch im Speichermarkt gebe es Anzeichen für eine Stabilisierung. Dennoch geht der Infineon-Chef davon aus, dass der Gesamtumsatz 2001 niedriger ausfallen wird als im vergangenen Jahr.

US-Flaute drückt die ErgebnisseNoch schlechter erging es den Halbleiterherstellern in den USA. Hier leidet die Branche zusätzlich unter dem Rückgang der Konjunktur. "Neben der sinkenden Nachfrage hat sich vor allem die abrupte Wirtschaftsabschwächung auf das Quartalsergebnis ausgewirkt", so Wilfred Corriogan, Vorstandsvorsitzer von LSI Logic. Der Chipanbieter verzeichnete im ersten Quartal einen Nettoverlust von 31,2 Millionen Dollar - ein Jahr zuvor hatte er noch ein Plus von 86,2 Millionen Dollar ausgewiesen. Der Umsatz fiel um 16 Prozent von 615,2 auf 517,2 Millionen Dollar. Die Kalifornier gehen davon aus, dass die Einnahmen im zweiten Quartal noch weiter - um zehn bis 15 Prozent des jetzigen Ergebnisses - zurückgehen werden.

"Der äußerst heftige Abschwung kam viel schneller als erwartet und hat unser Ergebnis gedrückt", lautet auch das Fazit von Motorola-Chef Chris Galvin. Der Halbleiterkonzern aus Chicago hatte vor zwei Wochen erstmals seit 16 Jahren ein Minus ausgewiesen: Im ersten Quartal lag der Nettoverlust bei 533 Millionen Dollar - ein Jahr zuvor hatte das Unternehmen noch 448 Millionen Dollar Gewinn erwirtschaftet. Der Quartalsumsatz ging um zwölf Prozent von 8,77 auf 7,75 Milliarden Dollar zurück. Am härtesten traf es die Bereiche Mobilfunk und Semiconductor, die zusammen mehr als 50 Prozent der Einnahmen generieren. Der Umsatz aus dem Handy-Geschäft sank um 30 Prozent auf 2,28 Milliarden Dollar. Der Halbleiterumsatz fiel um 22 Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar.

Um die Defizite auszugleichen, hat sich Motorola einen rigiden Sparkurs verordnet. Nachdem bereits Mitte März die Entlassung von weltweit 7000 Mitarbeitern angekündigt worden war, denkt man jetzt darüber nach, das Handy-Werk im schottischen Bathgate zu schließen. Das würde den Verlust von weiteren 3100 Arbeitsplätzen bedeuten.

Auch Texas Instruments (TI) reagiert mit Massenentlassungen auf die gegenwärtige Krise. Geplant ist die Streichung von 2500 Arbeitsplätzen - das wären sechs Prozent der Belegschaft. Der Chiphersteller rechnet für das laufende zweite Quartal mit einem 20-prozentigen Rückgang der Erlöse gegenüber dem ersten Quartal.