Krise im TK-Markt weitet sich aus

Massenentlassungen bei Alcatel, Nortel und Corning

12.10.2001
MÜNCHEN (CW) - Die Terroranschläge in den USA und der weltweite konjukturelle Abwärtstrend setzen dem ohnehin rückläufigen Telekommunikationsmarkt weiter zu. Ausrüster, Hersteller und Carrier reagieren mit ständig neuen Restrukturierungsmaßnahmen.

Betroffen sind vor allem die angeschlagenen Telekommunikationsausrüster, die unter der sinkenden Nachfrage nach TK-Equipment und der nur schleppend voranschreitenden Verbreitung der UMTS-Mobilfunktechnik leiden. Einen Tag nach der Ankündigung von erneuten Massenentlassungen bei Nortel hat sein französischer Rivale Alcatel beschlossen, zusätzlich zu den 14000 im Juli angekündigten Stellenstreichungen bis Mitte nächsten Jahres 3000 weitere Stellen in Frankreich, Großbritannien, USA und Australien abzubauen. Damit summiert sich die Zahl der Entlassungen bei Alcatel in diesem Jahr auf 25000.

Besonders hart trifft es Alcatels Seekabel-Sparte: Zusammen mit der im Mai beschlossenen Schließung des Werks in Portland, USA, sind 2151 Angestellte - fast die Hälfte der Belegschaft - betroffen. Aber auch im Glasfasergeschäft haben sich die Marktbedingungen erheblich verschlechtert. Hier müssen 887 Alcatel-Mitarbeiter - das entspricht 17 Prozent der Beschäftigten - ihren Hut nehmen. Das Geschäftsergebnis für das laufende dritte Quartal will das Pariser Unternehmen Ende Oktober veröffentlichen.

Noch düsterer sieht es für Nortel Networks aus: Der kanadische Glasfasertechnikhersteller wird eigenen Angaben zufolge zusätzlich zu den bereits angekündigten 30000 Jobs nochmals 20000 Stellen abbauen, da er für das dritte Quartal mit einem Nettoverlust von 3,6 Milliarden Dollar rechnet. Das übersteigt sogar den erwarteten Umsatz für dieses Quartal: Während Analysten von 3,98 Milliarden Dollar ausgingen, hat Nortel die Umsatzprognosen inzwischen auf 3,5 Milliarden Dollar heruntergeschraubt. Im zweiten Quartal hatte das Unternehmen aus Brampton, Ontario, noch 7,3 Milliarden Dollar eingenommen. Die endgültigen Ergebnisse sollen am 18. Oktober veröffentlicht werden.

Nortels scheidender President und Chief Executive Officer (CEO) John Roth sieht dennoch Licht am Ende des Tunnels: Er rechne zwar nicht damit, dass Nortel sein Umsatzziel - fünf Milliarden Dollar im ersten Quartal des kommenden Jahres - erreichen kann. Mit Hilfe des drastischen Sparkurses werde das einst hoch profitable Unternehmen aber dennoch wieder in die Gewinnzone zurückkehren. Immerhin verfüge Nortel noch immer über Cash-Reserven in Höhe von 1,9 Milliarden Dollar - die Einnahmen aus den beschlossenen Vermögenswerten noch nicht eingerechnet. Roth tritt wie im April angekündigt von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger, der bisherige Finanzchef Frank Dunn, übernimmt die Unternehmensleitung am 1. November.

Flaute im GlasfasergeschäftAuch der weltgrößte Hersteller von Glasfaserkabeln, Corning, macht mit einer erneuten Restrukturierungswelle Schlagzeilen. Nach einer Gewinnwarnung für das dritte Quartal will das US-Unternehmen 4000 weitere Stellen abbauen, womit sich die Zahl der Entlassungen in diesem Jahr auf rund 12000 erhöht. Außerdem sollen die meisten der weltweiten Glasfaserfabriken zwischen November und Dezember vorübergehend stillgelegt werden. Damit reagiert Corning auf die Ankündigungen der Carrier, ihre Investitionen im nächsten Jahr stark zurückzufahren. Denn auch die Carrier leiden unter dem allgemeinen Abwärtstrend. Der US-Konzern Worldcom beispielsweise, der bereits im März 6000 Mitarbeiter entlassen hatte, will jüngsten Berichten zufolge weitere 1000 Stellen streichen.

Für das Gesamtjahr erwartet Corning einen Umsatzrückgang im Glasfaser- und Kabelgeschäft um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch die schwache Nachfrage nach TK-Hardware und Equipment für die Ausstattung von Unternehmensnetzen wird nach Einschätzung von Firmenchef John Loose bis Ende nächsten Jahres anhalten. Daher werde Corning seine Kapitalanlageinvestitionen von bisher 2,5 Milliarden auf 1,8 Milliarden Dollar zurückfahren. Im nächsten Jahr sollen sie unter einer Milliarde Dollar liegen.