Maschinenbau: Ohne Planer und Prozessdenker geht nichts mehr

03.04.2002
Von Helga Ballauf

Nur nicht stehenbleiben und sich auf dem Errreichten ausruhen, mahnte Fraunhofer-Präsident Warnecke auf dem Fachkongress. Auf der vom Bundeswirtschaftsministerium veranstalteten Tagung ermunterte er die Manager, die Informationstechniken nicht nur dafür einzusetzen, dass Warenkataloge nun online verfügbar sind und dass Wartung und Fehlerdiagnose per Teleservice funktionieren. Ziel müsse vielmehr die "medienbruchfreie Auftragsabwicklung von der Anfrage über die Umsetzung bis hin zur Zahlungsabwicklung" sein, sagte Warnecke. Das setze Kooperationen voraus, die Mittelständlern dann besonders schwerfielen, wenn sie den Verrat von Geschäftsgeheimnissen fürchteten. Das Risiko sei ernst zu nehmen, doch an einer stärkeren Vernetzung, die auch die Achse Wirtschaft/Wissenschaft einschließe, führe kein Weg vorbei, betonte der Fraunhofer-Präsident.

 Im Frühjahr 2001 arbeiteten einer VDMA-Umfrage zufolge etwa 131 000 Ingenieure in der Branche, allen voran Maschinenbauer, gefolgt von Elektro- und Verfahrenstechnikern, Wirtschaftsingenieuren und Informatikern. Ihr Anteil an den Beschäftigten in den Unternehmen steigt stetig und zeigt, dass ohne Planer und Prozessdenker auch im produktiven Gewerbe nichts mehr geht. Fast die Hälfte aller Ingenieure kümmert sich inzwischen um Forschung, Entwicklung und Konstruktion. Immerhin jeder zwölfte Ingenieur gab an, Dienstleister zu sein. Fazit der Erhebung 2001: Trotz nachlassender Konjunktur bleiben Ingenieure weiterhin umworben.

Weniger Absolventen

Das hat mehrere Gründe: Die Industrie braucht immer mehr Hochqualifizierte in einer Zeit, in der die Absolventenzahlen in naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen massiv sinken. Dem Statistischen Bundesamt zufolge machten im Jahr 2000 rund 13 Prozent weniger Maschinenbauer und 16 Prozent weniger Elektrotechniker ihren Abschluss als im Jahr zuvor. Dazu kommen die besonderen Anforderungen der Branche: "Die Firmen suchen Schnittstellenspezialisten, die Verständnis für die klassischen Produkte des Maschinenbaus mit IT-Kenntnissen verbinden", beschreibt Rainer Glatz, Geschäftsführer des Fachverbands Software im VDMA, die Lage.

Veränderte Anforderungen

Das gewünschte Anforderungsprofil der Maschinenbauindustrie ist anspruchsvoll. Die Arbeitsmarktbeobachterin Constanze Kurz vom Göttinger Soziologischen Forschungsinstitut (SOFI): "Das Zusammenwachsen der Technologien sprengt die engen fachlichen Spezialisierungen in Entwicklung und Konstruktion." Erfolgreich sei nur, wer Wissen "problemadäquat aktivieren und umsetzen kann".

Ohne sozial-kommunikative und betriebswirtschaftliche Kenntnisse lasse sich die prozessorientierte Produktentwicklung nicht erfolgreich steuern, so die Forscherin. Die traditionellen Studiengänge Maschinenbau und Elektrotechnik berücksichtigten aber die disziplinübergreifenden Anforderungen noch kaum. Kurz bemängelt, dass Kritikfähigkeit und Querdenken, Kreativität und Experimentierfreude an den Hochschulen viel zu wenig gefördert werden. Die Unternehmen sorgen auf ganz unterschiedlichen Wegen dafür, an das richtig ausgebildete Personal zu kommen. Sie experimentieren beispielsweise mit neuen dualen Berufsbildern wie Mikrotechnologe, Mechatroniker oder Fachinformatiker, um die qualifikatorische Lücke zwischen den Konstrukteuren aus der Abteilung Engineering und der Fertigungsmannschaft an den hochautomatisierten Anlagen zu schließen.