IT in Banken/ Kommentar

Maschinen schauen nicht skeptisch

20.06.1997

Boris Kraus vom Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Universität Würzburg hat kürzlich eine Studie vorgestellt, die großen Hoffnungen auf neue Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich vorbaut: Gerade dort würden sich Computer in den nächsten Jahren als Arbeitsplatzkiller erweisen. Im Finanzgewerbe seien sechs von zehn Arbeitsplätzen grundsätzlich in Gefahr. Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft sorgt sich um den Verlust von 20 Prozent der Arbeitsplätze in den Banken schon in den nächsten Jahren.

Begründung solcher Befürchtungen ist, daß sich ein großer Teil der Tätigkeiten wiederholt, also leicht zu automatisieren ist, und der direkte Kontakt zum Kunden im Bankengeschäft immer unwichtiger wird. Kraus: "Vor 15 Jahren wollte niemand Geld am Automaten abheben." Inzwischen haben die Kunden gemerkt, daß die Maschine gegenüber dem Bankangestellten zwei Vorteile hat: Es geht einfach schneller, und der Automat schaut einen nicht skeptisch oder gar tadelnd an.

Die Frage ist, wieviel Maschine und wieviel persönlichen Kontakt zum Bankangestellten die Kunden möchten. Finanzgeschäfte sind Vertrauenssache, und die meisten Menschen vertrauen Menschen eher als Computern. Wer aber einmal erlebt hat, daß die Tips des Anlageberaters einer Bank irreführend waren, wird künftig nicht mehr von dessen tadelloser Frisur und Kleidung auf die Seriösität des Geldhauses schließen.

Daraus läßt sich unter anderem folgern, daß der persönlichen Rat von Angesicht zu Angesicht suchende Kunde einen besser informierten Berater braucht. Die Banken tun gut daran, die ungeheure Masse der ihnen vorliegenden Wirtschaftsinformationen durch Investitionen im DV-Bereich nicht nur für ihr Personal, sondern auch für ihre Kunden nutzbarer zu machen.