RZW Cimdata will das Geschäft übernehmen

Marode IBM-Software treibt Westernacher in die Zahlungsunfähigkeit

20.10.2000
KALRSRUHE - An dem Kauf der von IBM stammenden "I-Linie" hat sich das Softwarehaus Westernacher AG, Karlsruhe, verhoben. Statt mit der Finanzsoftware Umsatz zu generieren, musste sie nachgebessert werden. Nun strich IBM die Kredite, und Westernacher blieb nur der Insolvenzantrag. Doch für Kunden und Mitarbeiter besteht Hoffnung, dass das Geschäft fortgeführt wird.

"Die Übernahme des CGI-Bereichs "Finance Solutions" hat uns weit mehr belastet, als dies geplant und vorauszusehen war", ärgert sich Arnd Westernacher, Vorstandsvorsitzender der Westernacher AG, Karlsruhe. Die Finanzlösung "New Finance" wurde nicht, wie geplant, in größeren Stückzahlen vermarktet, sondern die Firma habe vier Millionen Mark in Fehlerbereinigung und Weiterentwicklung investieren müssen. Jetzt hat sie Insolvenz beantragt.

Mit der plattformunabhängigen I-Linie/CS, die Westernacher als New Finance vertreibt, wollte das AS/400-Haus in der Client-Server-Welt Fuß fassen. Die Software hat das Unternehmen Anfang des Jahres von der IBM-Tochter CGI Informatik übernommen. Die 38 Mitarbeiter starke Truppe, rund ein Fünftel der Westernacher-Mitarbeiter, durfte auch nicht reduziert werden, als die Verkäufe ausblieben. Das schrieb der Kaufvertrag vor. Nach Westernacher-Angaben hat IBM zunächst signalisiert, dass sie zu Nachzahlungen bereit sei. Am 21. September kam dann aber eine Absage. "Ich empfinde es als ein unfaires Geschäftsgebaren der IBM, dass mit der Ablehnung der Nachforderungen sofort unsere Sicherheiten von IBM Global Financing eingelöst worden sind, ohne mit uns über Alternativen zu diskutieren, wie die entstandene finanzielle Lücke hätte geschlossen werden können", beklagt sich Westernacher. Über eine so genannte Globalzession hat das Softwarehaus die Forderungen aus Kundenverträgen als Sicherheit für die Kredite bei der IBM-eigenen Bank hinterlegt. Mit ihnen hat Westernacher den I-Linie-Kauf und Warengeschäfte finanziert. Nach dem Schritt der Bank war das Aus unvermeidbar - so das Softwarehaus. IBM-Sprecher Thomas Mickeleit verweigert dazu jede Auskunft mit dem Hinweis, man erwarte, dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen werde.

Von der I-Linie-Misere ist aber nicht nur Westernacher betroffen. "Die Verzögerungen bei der Fertigstellung der I-Linie/CS ziehen auch unser Geschäft in Mitleidenschaft", beschwert sich Ernst Gutekunst, Geschäftsführer der Gutekunst & Partner AG, Basel. Gutekunst wollte die hauseigene "Compas"-Standardsoftware für die Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung in New Finance integrieren und als Paket vermarkten. Er bestätigt, dass bei I-Linie/CS gravierende Mängel zu beseitigen waren. So sieht das auch Fritz Tränkle, DV-Leiter bei der August Läpple GmbH & Co. KG, Heilbronn: "Für I-Linie/CS haben wir in diesem Jahr extrem viele Patches erhalten - bisher elf Versionen, und weitere sind angekündigt -, mit denen in weiten Bereichen Funktionalität ergänzt und Probleme beseitigt wurden."

Der DV-Leiter hofft, dass die Produktlinie weitergeführt wird. Das ist wahrscheinlich. "Mit der bestehenden Kundenbasis und den daraus resultierenden Wartungsverträgen besteht eine gute Basis, um einen Großteil der Arbeitsplätze zu erhalten", gibt sich Westernacher optimistisch.

Ein potenzieller Käufer ist die RZW Cimdata AG. Mit deren Mutter, der RZW EDV-Beratung GmbH, kooperiert Westernacher seit Jahren. "Die RZW Cimdata AG hat am Standort Karlsruhe eine Betriebsstätte gegründet, mit dem Ziel, die Teile von Westernacher weiterzuführen, die in unser Portfolio passen", präsentiert Günter Mnich, Mitgesellschafter bei der RZW EDV-Beratung GmbH, Weimar, seine Pläne. Hierzu gehören vor allem die betriebswirtschaftlichen Anwendungen und Projekte sowie die IBM-Partnerschaft - also auch New Finance. "Sobald der Insolvenzverwalter bestimmt ist, werden wir mit ihm in entsprechende Verhandlungen treten", kündigt Mnich an.