Wegen Konkurrenz mit IBM und Sun

Marktforscher sieht Netscapes Internet-Einfluß schwinden

22.08.1997

Der Marktforscher sieht den Einfluß von Netscape gleich in drei Bereichen schwinden: beim Durchsetzen neuer Internet-Standards, bei der Präsenz in Fortune-1000-Firmen und beim Rückhalt in der Entwicklergemeinde.

Für die Schwierigkeiten als Standard-Setzer macht Sloan vor allem Java verantwortlich, das frühe Internet-Techniken in vielen Bereichen ablösen wird. Net- scapes Vice-President Danny Shader weist aber darauf hin, daß die Internet-Company selbst bei Java eine aktive Rolle spielt und bis nächstes Jahr die meisten Client-Programme auf die Internet-Sprache portieren will.

Probleme mit den alten Partnern

Zukünftige Probleme, in großen Unternehmen Fuß fassen zu können, sieht der Report in erster Linie wegen der neuen Konkurrenz zu ehemaligen Partnern wie IBM. Da Netscape mit der aktuellen Generation seiner Produkte in den Groupware-Markt drängt, halten sich IBM/Lotus mit der Distribution dieser Software bei ihren Großkunden zurück. So weigert sich Lotus, den "Communicator" mit "Notes 4.6" auszuliefern und will seiner Groupware nur eine separate Version des Browsers beipacken (siehe Seite 10: "Netscape ändert seine Browser-Strategie"). Auch hier bestreitet Shrader die Schlußfolgerungen des Reports. Nach seiner Aussage verkauft die Internet-Company mittlerweile hauptsächlich über ihre eigenen Vertriebskanäle und hängt nicht mehr von der Distribution durch Partner ab. Demnach habe Netscape in letzter Zeit selbständig 200 neue Firmenkunden mit insgesamt zwei Millionen Anwendern akquiriert. Als weiteres Hindernis nennt Sloan die angeblich verbreitete Skepsis zur Skalierbarkeit der Netscape-Server. Im Gegensatz dazu zitiert die CW-Schwesterpublikation "Network World" den Chief Information Officer (CIO) von Bell Canada, der sich für Netscapes Mail-Server entschieden hat. Dank nativer Unterstützung der offenen Mail-Protokolle reichen drei Netscape-Server für die 42000 Anwender aus, während nach Einschätzung des DV-Verantwortlichen mit "Microsoft Exchange" 85 Server nötig gewesen wären.

In puncto Unterstützung durch Entwickler und Softwarehäuser mußte Netscape allerdings erst unlängst einen Rückschlag hinnehmen. Eine der größten Consulting-Firmen der USA und Vorzeigepartner von Netscape, KPMG, schloß einen weitreichenden Vertrag mit Bill Gates über die Nutzung von Microsofts Internet-Software ab. Daneben verweist der Aberdeen-Analyst auf Interviews mit DV-Profis, wonach diese kaum über Netscapes Architekur, Tools und Dienstleistungen informiert sind. Shader hielt dem entgegen, daß Netscape zahlreiche Entwicklerprogramme ins Leben rufe und zuletzt auch eine Reihe von Partnerschaften eingegangen sei.

Wie unsicher Analysen des überhitzten Internet-Marktes sind, belegen gegenteilige Ergebnisse der Gartner Group. Diese sieht Netscape bereits Anfang 1999 unter den führenden drei Messaging- und Groupware-Anbietern.