Internet-Firmen verpulvern zu viel Geld

Marktforscher sehen schwarz für Dotcoms

21.04.2000
SAN DIEGO (IDG) - Viele Internet-Firmen werden scheitern. Diese Meinung vertrat Michael Fleisher, CEO der Gartner Group, auf einer Konferenz. Die Unternehmen überschätzten meist den Stellenwert der Technologie und gäben zu schnell zu viel Geld aus.

Schon in seiner einleitenden Ansprache lehnte sich Fleisher weit aus dem Fenster: 95 bis 98 Prozent der Dotcom-Firmen würden in den nächsten zwei Jahren untergehen, sei es durch Schließung oder Übernahme.

Schützenhilfe erhält er von Forrester Research, das ein Scheitern der meisten aufs Internet beschränkten Einzelhändler bereits bis Ende nächsten Jahres erwartet.

Als Ursachen für die Konsolidierung nannten Teilnehmer des Gartner-Kongresses die Unfähigkeit vieler Internet-Firmen, mit ihrem Wachstum Schritt zu halten und sich an geschäftlichen Notwendigkeiten zu orientieren. "Dotcoms überschätzen den Stellenwert der Technologie. Technologie allein ist aber nicht genug", unterstreicht Vasant Prabhu, President of Information and Media Services bei McGraw-Hill. "Außerdem verschleudern sie viel zu schnell viel zu viel Geld."

Laut Forrester Research verläuft die Marktbereinigung in drei Wellen: Die erste Phase betrifft die Firmen, die online bereits seit einiger Zeit erfolgreich Produkte verkaufen, etwa Bücher oder Software. Hier wird es noch im Herbst zu zahlreichen Fusionen kommen. Als nächstes erwischt es voraussichtlich Händler, die wenig spezifische Produkte mit geringen Margen wie Elektronik oder Spielzeug feilbieten. Diese sind eher Kandidaten für einen Bankrott als für eine Fusion. Am längsten werden Anbieter von Markenprodukten wie Kleidung überleben, schätzungsweise bis 2002. Doch auch bei traditionellen Unternehmen geht es ans Eingemachte, glaubt Fleisher. Nur Mischformen hätten eine Chance, etwa ein herkömmliches Unternehmen, das den E-Commerce in sein Konzept integriert oder umgekehrt.

Die Unkenrufe verhallen nicht ungehört. Nach Angaben des "Industry Standard" bereiten sich amerikanische Rechtsanwälte schon auf die bevorstehenden Konkursverfahren von Internet-Firmen vor, indem sie zusätzliches Personal einstellen.