Digitales Marketing im Mittelstand

Marketing nach Maß statt Gießkanne

07.09.2016
Von 


Jochen Wießler verfügt über langjährige Management-Erfahrung im direkten und indirekten Vertrieb von Softwarelösungen sowie im Bereich Technologie- und Produkt-Marketing.

Aktuell ist er Regional President DACH & Eastern Europe bei Unit4. Wießler war schon von 2017 bis 2020 bei Unit4 als Global Head of Professional Services Industries und Managing Director DACH für den deutschsprachigen Raum zuständig. Nach einem Wechsel zu Oracle als Vice President ERP, SCM und EPM kehrte er 2021 zu Unit4 zurück, um die Erfolgsgeschichte fortzusetzen und den Mehrwert für die Kunden in der Region weiter zu steigern. Seine vorherigen Stationen im ERP-Segment waren ab 2007 bei Microsoft Deutschland im Bereich Dynamics ERP and Dynamics CRM und ab 2012 bei SAP Deutschland als Head of General Business (Midmarket & Partner) für Small & Medium Enterprises (SME) und das Partner Ecossystem.

Empfehlungen für Unternehmen

Damit digitales Marketing den erhofften Erfolg bringt, ist daher ein anderer Ansatz erforderlich. Empfehlenswert ist ein kontextbezogenes Marketing. Es minimiert die Reibungsverluste, die bei herkömmlichen personalisierten Angeboten entstehen. Ein kontextbezogenes Marketing kombiniert Kundeninformationen aus mehreren Kanälen und Quellen:

  • Interaktionen mit Kunden, die bereits stattgefunden haben: Einkäufe, Kampagnen und Kontakte zwischen Kunde und Vertrieb oder Service-Abteilung.

  • Neigungswerte für die Zukunft: Up- und Cross-Selling, Kundenbindungsmaßnahmen.

  • Informationen darüber, welche Vorlieben und Einstellungen bei einem Kunden derzeit dominieren. Aufschluss darüber gibt beispielsweise die Interaktion mit dem Kunden über Social-Media-Kanäle.

Daraus leiten sich folgende Handlungsempfehlungen für Unternehmen und deren Marketingabteilungen ab:

Kundenbezogene Daten in einer Datenbank zusammenfassen: Eine moderne digitale Marketing-Strategie erfordert es, alle Daten, die sich auf die Interaktion eines Kunden mit dem Unternehmen beziehen, in einer Datenbank zusammenzufassen. Dazu zählen beispielsweise die Adressdaten, Informationen über die Kontakt- und Kaufhistorie des Kunden sowie dessen Kommunikation mit dem Unternehmen. Außerdem sollten in diesem zentralen Datenbestand die Rückmeldungen von Kunden zu Produkten, der Servicequalität und den Marketingaktivitäten auf Social-Media-Plattformen enthalten sein.

Nicht Kundensegmente, sondern Individuen ansprechen: Von den Kunden, die laut der Studie von Forrester mit den Marketing-Maßnahmen von Unternehmen unzufrieden waren, wollten mehr als 60 Prozent keine weiteren Produkte des Anbieters erwerben. Das heißt: Entweder gelingt es den Marketing- und Vertriebsabteilungen, auf die individuellen Anforderungen von Kunden einzugehen, oder sie verlieren Kunden und Umsatz. Um mehr Zeit für eine individuelle Kundenansprache zu gewinnen, ist etwa der Einsatz von In-Memory-Datenbanken hilfreich, außerdem von integrierten Datenbeständen.

Technologien einsetzen, die Datenmanagement mit Analysefunktionen verbinden: Bei der Auswahl von Plattformen und Tools ist darauf zu achten, diese Kunden jederzeit und auf allen Kanälen mit für sie relevanten Informationen zu versorgen. Das ist bei einem Großteil der eingesetzten Systeme nicht der Fall. Wichtig ist, dass eine solche digitale Marketingplattform die Anforderungen und Aktivitäten von Kunden in Echtzeit erfasst und eine umgehende Reaktion durch das Unternehmen ermöglicht. Speziell jüngere, Internet-affine Kunden tolerieren keine Antwortzeiten von einem Tag oder länger.

Kunden einen echten Mehrwert bieten: Für Kunden muss es sich lohnen, wenn sie persönliche Informationen an ein Unternehmen herausgeben. Sie erwarten beispielsweise eine optimierte Nutzererfahrung oder Zugang zu Communities, die ihnen Hilfestellung bei der Nutzung von Produkten geben. Außerdem sollten Unternehmen den Wunsch der Kunden respektieren, die Kontrolle über ihre persönlichen Daten zu behalten.

Start-Ups: kleinere Auswahl von Tools, mehr Know-How

Da Start-Ups und kleine Unternehmen mit 15 oder weniger Mitarbeitern ihre Social-Media-Expertise oft in einer Person bündeln, ist in diesen Fällen eine effiziente Priorisierung und regelmäßige Fort- und Weiterbildung wichtig. Anders ist es unmöglich, eine effiziente Bespielung der sozialen Kanäle neben dem Tagesgeschäft zu realisieren. In solchen Unternehmensstrukturen empfiehlt es sich, täglich ein festes Zeitpensum zwischen 30 und 60 Minuten für Social Media einzuplanen. Für den Content gilt: Qualität geht stets vor Quantität.

Digitales Marketing aus der Cloud

In der Praxis stehen KMU oftmals vor der Frage, wie sie ein kontextbezogenes, digitales Marketing auch technisch umsetzen sollen. Die hausinterne IT-Umgebung entsprechend "aufzubohren", können sich Unternehmen dieser Größenordnung kaum leisten.

Eine Option besteht darin, Marketing-Plattformen "as a Service" bei einem Cloud-Service-Provider zu buchen. Die Vorbehalte gegenüber diesem Modell haben erheblich abgenommen. So haben laut Forrester im vergangenen Jahr 47 Prozent der KMU der Implementierung von Software-as-a-Service-Angeboten (SaaS) hohe Priorität eingeräumt. Führende Anbieter von (Social-Media-)Marketing-Tools haben diesen Trend aufgegriffen und bieten ihre Lösungen als Cloud-Service an.

In eine ähnliche Richtung geht ein weiteres Angebot: Lösungen für das digitale Marketing, die als Managed Service bereitgestellt werden. In diesem Fall übernimmt ein Managed Services Provider (MSP) die Implementierung und Verwaltung der Plattform, gegebenenfalls auch der dazugehörigen IT-Komponenten wie In-Memory-Datenbanken. Solche Angebote sind für Anwender interessant, die keine IT-Fachleute für diese Aufgaben abstellen können.

Ein Social CRM erfordert einen anderen Ansatz als das klassische Kundenbeziheungs-Management. Zu den Basistechnologien zählen Big Data und die Anaylse von heterogenen Datenbeständen.
Ein Social CRM erfordert einen anderen Ansatz als das klassische Kundenbeziheungs-Management. Zu den Basistechnologien zählen Big Data und die Anaylse von heterogenen Datenbeständen.
Foto: Bitkom

Trend "Data as a Service"

Noch einen Schritt weiter gehen "Data-as-a-Service"-Angebote. Sie werten anonymisierte Mobilfunkdaten von Besuchern von Ladengeschäften und Veranstaltungen aus. Unternehmen erhalten dadurch Aufschluss darüber, welcher Altersgruppe und welchem Geschlecht die Besucher angehören und welche Mobilsysteme sie verwenden.

Solche Services ermöglichen es einem Unternehmen, Informationen über das Kundenverhalten an physischen Orten zu erhalten. Das macht es einfacher, geeignete Standorte für neue Filialen zu finden oder das Produktangebot an vorhandenen Standorten besser auf die Zielgruppe abzustimmen. Mithilfe von Diensten wie "Data as a Service" lassen sich somit beide Welten verbinden: das digitale Marketing und das "physische" vor Ort in einem Ladengeschäft. (sh)