Markenaufbau: Schlechte Noten für Startups

31.07.2001
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Aufbau einer eigenen Marke innerhalb kurzer Zeit ist für Startups eines der wichtigsten Erfolgskriterien. Wie eine Studie der Unternehmensberatung C4 Consulting zeigt, liegen allerdings die Firmengründer, Venture Capitalists und Finanzanalysten mit ihrer Meinung, welcher Weg dazu eingeschlagen werden muss, oft weit auseinander.

Unternehmen wie Coca-Cola oder Heinz haben es geschafft: Ihre Name ist - ebenso wie die angebotenen Produkte - in aller Munde und allein der Wert der Marke beläuft sich auf zig Milliarden Dollar. Dass dazu nicht immer Jahrzehnte notwendig sind, beweisen Erfolgsbeispiele aus der New Economy wie Amazon, Yahoo oder Aol. In kurzer Zeit ist es ihnen gelungen, eine starke Marke aufzubauen, mit einem geschätzten Wert in Milliardenhöhe. Auch deutsche Gründer haben die strategische Bedeutung einer eigenen etablierten Unternehmensmarke erkannt. Doch während sich die jungen Firmen selbst beim Branding vorwiegend gute Noten geben, und nur wenige zugeben, beim Markenaufbau gravierende Fehler gemacht zu haben, sehen Venture Capitalists und Analysten in diesem Bereich einen starken Nachholbedarf. So sind laut Studie nur 14 Prozent der Risikokapitalgeber mit der Markenstrategie von Startups zufrieden und vier Fünftel kritisieren, dass deren Konzept für ein eigenes Branding in der Regel nicht zu Ende gedacht sei. Außerdem traut nicht einmal die Hälfte der befragten Venture Capitalists den Gründern zu, sich mit ihren Unternehmensmarken zu etablieren.

Die Skepsis scheint begründet: Laut Studie hat etwa jedes zweite Startup die Markenstrategie nicht schriftlich festgelegt, gut zwei Drittel verfügen immerhin über Corporate-Design-Richtlinien und mehr als 90 Prozent haben zumindest die visuellen Komponenten (Logo, Schrift, Farben) eindeutig festgehalten. Außerdem halten die Gründer professionelle Beratung beim Test der Unternehmensmarken vor der Markteinführung nicht für notwendig: 42 Prozent der befragten Startups wenden sich mit dieser Aufgabe an Freunde und Bekannte, fast die Hälfte der Firmen lassen es ganz sein. Nur neun Prozent ziehen ein Expertengremium zu Rate. Ein ähnliches Vorgehen überwiegt im Bereich Erfolgskontrolle. Hier orientieren sich die Startups in erster Linie am Marktanteil, daneben ziehen die Gründer aber auch Kennzahlen wie Umsatz (61 Prozent), Internet-Zugriffe (61 Prozent) und Markenbekanntheit (73 Prozent) zu Rate. Nur ein Fünftel bedient sich der Brand-Equity-Messmodelle, um den Erfolg des Markenaufbaus über die Steigerung des Markenkapitals zu ermitteln. Zur Bestimmung des Markenwertes (Brand Equity) werden unter anderem mittels Kundenbefragung zentrale Faktoren wie der Bekanntheitsgrad des Namens, die Markentreue von Kunden, die angenomme oder wahrgenommene Qualität, Markenassoziationen und andere Markenvorzüge gemessen.

Fahrlässiges Handeln hat Folgen Den Ergebnissen der Studie zufolge sind die jungen Unternehmen auch im Bereich Markenschutz stark nachlässig: Rund zehn Prozent der Startups haben ihren Markennamen weder beim deutschen Patentamt noch anderswo eintragen lassen. Und während fast jeder zweite Gründer international unter der gleichen Unternehmensmarke auftritt, registrierten nur 36 Prozent diese in außereuropäischen Patentämtern. In Folge dieser Defizite änderten insgesamt 45 von 201 befragten Gründern bereits einmal den Namen. Fast jedes fünfte davon wechselte aus rechtlichen Gründen, in vier von zehn Fällen kam es zu einer Strategieänderung, weitere 22 Prozent benötigten eine neue Unternehmensmarke, weil ihre Firma ausländische Märkte anstrebte. Die Prioritäten der Finanziers liegen indes bei einer klaren Markenstrategie, Markenschutz und festgelegte Verantwortlichkeit im Unternehmen. Außerdem pochen sie auf eine differenzierte Beschreibung der Marke und zumindest 57 Prozent der Kapitalgeber halten den kontinuierlichen Einsatz von Prüfinstrumenten zur Erfolgskontrolle für notwendig. Dazu zählen neben den bereits erwähnten Brand-Equity-Messungen etwa persönliche Interviews nach Werbekampagnen, Awareness-Studien über die Markenbekanntheit, Kundenzufriedenheitsanalysen oder - bei Internet-Firmen - die Messung der Page Impressions sowie die Überprüfung der Zahl registrierter User. Allerdings beschränkt sich die Einflussnahme der Venture Capitalists beim Markenaufbau vor allem in der Mitbestimmung bei der Budgetabstimmung oder bei der Personalentscheidung. Nur vierzig Prozent nehmen laut Studie unmittelbar auf die Markenstrategie Einfluss.

VCs: Branding ist Chefsache Im Bereich Marken-Management sehen 44 Prozent der VCs die Markenverantwortung nicht an der richtigen Stelle im Unternehmen angesiedelt, sie bewerten das Branding als "Chefsache" und nicht - wie immerhin 65 Prozent der befragten Gründer angaben - als Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Vertriebs. Einem Drittel der Risikokapitalgeber wird außerdem die Marke den Mitarbeitern nicht einheitlich kommuniziert. Die Analysten kritisieren vor allem, dass der Markenaufbau zu lange dauere. Die Startups beklagen wiederum vor allem mangelndes Budget.