Abschwung befürchtet

Mark Zuckerberg hat Zukunftsängste

04.07.2022
Von Redaktion Computerwoche
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat seine Beschäftigten auf "einen der schlimmsten Abschwünge, die wir in der jüngeren Geschichte erlebt haben" vorbereitet.
Mark Zuckerberg hat keine guten Nachrichten für die 78.000 Beschäftigten.
Mark Zuckerberg hat keine guten Nachrichten für die 78.000 Beschäftigten.
Foto: Frederic Legrand - COMEO - shutterstock.com

Am vergangenen Donnerstag warnte der CEO der Meta Platforms Inc. einem Bericht der New York Times (NYT) zufolge vor stärkerem Gegenwind im Kerngeschäft mit Werbung. Der US-Zeitung liegen die Kommentare Zuckerbergs in Auszügen vor. Demnach hat der Facebook-Gründer den 77.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitgeteilt, dass sie künftig ihre "Arbeiten mit weniger Ressourcen" erledigen müssten und dass ihre Leistungen intensiver als bisher bewertet würden.

Zuckerberg sagte außerdem, dass sein Unternehmensverbund, zu dem die sozialen Netzwerke Facebook, Instagram und Whatsapp gehören - weniger neue Mitarbeiter einstellen werde. In diesem Jahr sollen 6.000 bis 7.000 Software-Ingenieure angeheuert werden, das frühere Ziel lag bei etwa 10.000 neuen Talenten. In einigen Bereichen werde gar nicht mehr eingestellt, in anderen dafür etwas mehr als geplant.

Sie wollen kündigen? Nur zu!

"Ich denke, einige von Ihnen werden sich entscheiden, dass dieser Ort nichts für Sie ist. Diese Selbstselektion ist für mich in Ordnung", verkündete Zuckerberg in der Telefonkonferenz. "Realistisch betrachtet gibt es wahrscheinlich eine Reihe von Leuten im Unternehmen, die nicht hier sein sollten", sagte der Facebook-Gründer ganz unverblümt. In dieser Direktheit hatte sich Zuckerberg vorher nie geäußert, für Beobachter ein Indiz für die grundlegenden Schwierigkeiten, in denen sich das Business derzeit befinde.

Meta muss nach vielen Jahren des Erfolgs offenbar erstmals kämpfen. Die derzeitige Schwäche der Weltwirtschaft, die sich in rasant steigenden Zinsen und einer besonders hohen Inflationsrate äußert, hat unter anderem zur Folge, dass viele Unternehmen ihre Werbebudgets zusammenstreichen.

Die Schwäche im Kerngeschäft trifft das Unternehmen zur Unzeit: Zuckerberg hatte im vergangenen Jahr die Umbenennung in Meta Platforms betrieben und erklärt, der langfristige Aufbau einer immersiven Welt, des so genannten Metaverse, stehe fortan im Zentrum der strategischen Bemühungen. Dieser Umbau werde Milliardenbeträge kosten und erst in einigen Jahren größere Erträge abwerfen. (Siehe auch: Heulen und Zähneklappern bei Tech-Investoren).

Apples iOS-Politik schadet Facebook immens

Zu den Anstrengungen der Repositionierung kam ein Rückschlag im Werbegeschäft, der auf Apples Privacy-Politik zurückgeht. Apple hatte Änderungen an seinem mobilen Betriebssystem iOS vorgenommen, um die Privatsphäre der User besser zu schützen - mit der Folge, dass Facebook und Instagram nur noch eingeschränkt User-Daten abgreifen können. In der Folge musste Meta in diesem Jahr zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt einen Gewinnrückgang verzeichnen.

Im Februar stürzte die Aktie nach schwachen Quartalszahlen um 26 Prozent ab, der Börsenwert des Unternehmens brach um sage und schreibe 250 Milliarden Dollar ein. Sofort trat Zuckerberg bei den Ausgaben auf die Bremse. Beispielsweise wurden exotische Gratis-Dienstleistungen wie Wäscherei und chemische Reinigung eingeschränkt oder ganz gestrichen.

Parallel zu Zuckerbergs Warnungen bemühte sich auch Chris Cox, Metas Chief Product Officer, die Beschäftigten auf ernstere Zeiten einzuschwören. "Wir müssen in einem Umfeld langsameren Wachstums, in dem die Teams nicht mehr diesen Zustrom an neuen Engineers und Budget erwarten dürfen, fehlerfrei arbeiten", hieß es in einem Memo, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Die Unternehmensgruppe brauche optimale Teamstrukturen und müsse ihre Prioritäten klarer setzen und verfolgen. Es gelte besser zu verstehen, welche Faktoren erfolgsentscheidend sind, und die "Effizienz und Geschwindigkeit" der Entwickler zu optimieren.

Bezahlte Urlaubstage "Meta-Days" auf der Kippe

In der internen Videokonferenz am Donnerstag habe Zuckerberg frustriert gewirkt, zitiert die NYT Mitarbeitende, die dabei waren. Nachdem es ein Angestellter gewagt hatte zu fragen, ob es auch in diesem Jahr zusätzliche bezahlte Urlaubstage, die sogenannten Meta Days gäbe, habe sich Zuckerberg irritiert gegeben und schließlich gesagt, alle müssten härter arbeiten. Außerdem müsse das Management stärker durchgreifen als bisher.

Es brauche die richtigen internen Ziele und Kennzahlen zur Bewertung der Mitarbeiterleistung. Zuckerberg sagte, er erwarte eine gewisse Fluktuation unter Mitarbeitern, die diese Ziele nicht erreichen könnten. Einige würden das Unternehmen wohl auch aufgrund der verschärften Ganggart und des höheren Tempos verlassen.

Trotz all dieser Widrigkeiten werde Meta weiter viel Geld für Projekte von langfristig hoher Bedeutung ausgeben und sich nicht auf schnelle Erträge konzentrieren. Dabei verwies er auf die laufenden Bemühungen rund um den Aufbau des Metaverse mit virtuellen und Augmented-Reality-Produkten, der allerdings mehr als zehn Jahre in Anspruch nehmen werde.

Ein weiterer Investitionsschwerpunkt ist dem Memo von Cox zufolge "Reels", ein mit TikTok vergleichbares Videoprodukt, das sich auf Instagram bereits großer Beliebtheit erfreut. Ebenso werde in künstliche Intelligenz (KI) investiert, um die Attraktivität von Facebook und Instagram zu erhöhen. Und schließlich arbeitet Meta weiter daran, Geld mit Whatsapp und der Messenger-App zu verdienen und Möglichkeiten für E-Commerce-Verkäufe über diese Plattformen zu erschließen. (hv)