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Marconi-Kronprinz dankt ab

09.07.2001

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im Anschluss an die schockierende Gewinnwarnung von Marconi in der vergangenen Woche hat John Mayo, designierter Nachfolger von Firmenchef George Simpson, nun seinen Rücktritt eingereicht. Der 45-jährige stellvertretende CEO (Chief Executive Officer) hätte am 18. Juli das Ruder bei dem britischen Mischkonzern übernehmen sollen. Informierten Kreise zufolge hatten Marconi-Aktionäre, darunter Hauptanteilseigner Lord Weinstock, für ein Ausscheiden von Mayo plädiert, nachdem das Unternehmen für das laufende Geschäftsjahr, das im März 2002 endet, eine Halbierung des operativen Gewinns und einen Umsatzeinbruch um 15 Prozent angekündigt hatte. Im Vorjahr hatte Marconi auf Basis von umgerechnet 11,6 Milliarden Euro einen operativen Gewinn von 1,35 Milliarden Euro ausgewiesen. Der Konzern meldete in der vergangenen Woche zudem den Abbau von weiteren 4000 Stellen. Erst vor drei

Monaten hatte Marconi die Entlassung von 3000 Mitarbeitern bekannt gegeben.

CEO George Simpson, der eigentlich den aus dem Amt scheidenden Roger Hurn als Chairman ersetzen sollte, wird ebenso wie Hurn nun in seiner bisherigen Funktion bei Marconi bleiben. Der neue alte Chef erklärte gegenüber der britischen Zeitung "Sunday Business", es gehe jetzt darum, den Wert des Unternehmens für die Aktionäre wiederherzustellen. Eine Fusion rücke in die Nähe des Möglichen: "Es gibt im Augenblick keine Gespräche mit Konkurrenzunternehmen. Aber wenn ich mir den Aktienkurs anschaue, weiß ich, dass wir verletzbar sind." Als Interessenten an der Firma, die aus den drei Hauptsparten Marconi Communications (Glasfaser- und Breitbandtechnik, UMTS), Marconi Systems (Mobilkommunikation) sowie Marconi Capital (Investment) besteht, werden vor allem Alcatel und Cisco gehandelt. Einige Analysten halten es angesichts der schlechten Entwicklung des IT-Sektors jedoch für unwahrscheinlich, dass diese Kandidaten überhaupt in der Lage sind, ein Gebot

abzugeben.

Die Anleger reagierten gemischt auf die Nachrichten: Der Marconi-Kurs bewegte sich am heutigen Montagvormittag zwischen 103,25 und 109,75 Pence je Aktie. Gegen 13.00 Uhr wurde das Wertpapier bei 109,50 Pence gehandelt und liegt damit um 4,78 Prozent über dem amtlichen Schlusskurs vom vergangenen Freitag.