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Marathon-Hauptversammlung von T-Online

29.04.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Bei der Marathon-Hauptversammlung von T-Online haben Kleinaktionäre auch am zweiten Tag die Wiedereingliederung des Internet-Anbieters in den Telekom-Konzern scharf kritisiert. Erläuterungen von T-Online-Chef Rainer Beaujean zu der Verschmelzung wurden am Freitag in Hannover von erbosten Zwischenrufen begleitet. Aufsichtsratschef Kai-Uwe Ricke ließ einen Kleinaktionär, der sich weigerte, das Rednerpult zu verlassen, von Polizisten aus dem Saal abführen. Zudem entzog er mehreren wütenden Aktionären das Wort.

Bis zum Freitagnachmittag gab es noch keine Abstimmung über die umstrittene Verschmelzung, bei der Kleinaktionäre vor allem das zu niedrige Umtauschverhältnis beklagen. Sie fühlen sich deswegen über den Tisch gezogen und sprachen von einem "Börsenskandal". Die Deutsche Telekom hält mehr als 90 Prozent der T-Online-Aktien, für eine Verschmelzung ist eine Drei-Viertel-Mehrheit notwendig. Die Telekom will T-Online vollständig erwerben und mit ihrer Festnetzsparte T-Com fusionieren.

Die voraussichtlich letzte Hauptversammlung von T-Online war am Donnerstagabend nach elf Stunden Dauer unterbrochen worden. In der TUI-Arena in Hannover, dem Ort des Treffens, waren am Freitag noch rund 100 Aktionäre versammelt.

Der T-Online-Aufsichtsratsvorsitzende Ricke, zugleich Telekomchef, begrenzte am Mittag die Redezeit auf jeweils zehn Minuten. Zuvor hatte ein Aktionär dem Vorstand mehr als eine Stunde lang zahlreiche Fragen zum Verschmelzungsvertrag gestellt. Nachdem der Mann seine Rede nach einer entsprechenden Aufforderung Rickes nicht beendete, entzog ihm dieser das Wort und schaltete das Mikrofon ab. Der Aktionär sprach jedoch weiter und weigerte sich, das Rednerpult zu verlassen. Daraufhin ließ Ricke ihn von zwei Polizisten aus dem Saal abführen. Später begrenzte Ricke die Redezeit auf fünf Minuten.

Im Zuge der Fusion sollen die T-Online-Aktionäre für einen Anteilsschein 0,52 T-Aktien erhalten. Dies entspricht einem Wert von rund acht Euro. Vor fünf Jahren beim Börsengang hatte das T-Online-Papier 27 Euro gekostet. T-Online-Chef Beaujean hatte das Umtauschverhältnis als "angemessen" bezeichnet. Dies hätten auch Wirtschaftsprüfer bestätigt. Für die Telekom bedeute die Wiedereingliederung von T-Online eine "deutliche Wertschöpfung".

Aktionärsvereinigungen hatten bereits angekündigt, gegen die Verschmelzung zu stimmen und Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten. Außerdem behielten sie sich vor, gegen die Wiedereingliederung in den kommenden vier Wochen mit einer so genannten Anfechtungsklage gerichtlich vorzugehen. Verschiedene Aktionäre haben bereits den dafür notwendigen Widerspruch zu Protokoll geben. Geplant sind zudem Spruchstellenverfahren zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses. Von möglichen Klagen ist das Wirksamwerden der Verschmelzung und die Rücknahme von T-Online vom Kurszettel abhängig. (dpa/tc)