BVB-Vorstand begründet wachsenden Widerstand gegen die "technisierte Büro-Umwelt":

Mangelnde Akzeptanz auch Schuld der Anbieter

18.06.1982

MÜNCHEN (ha) - Starke Sympathien verscherzen sich momentan die Unternehmen der Informations- und Kommunikationsindustrie durch ungenügende oder falsche Darstellung des Nutzens bürowirtschaftlicher Güter. Diese Ansicht vertrat der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Vertriebsunternehmen für Büroorganisation e.V. (BVB), Rudi Häussler, jetzt auf der Jahrestagung der Industriellen Interessengemeinschaft in München. Den wachsenden Widerstand gegen die "technisierte Büro-Umwelt" hätten sich nach Häusslers Worten die Anbieter somit teilweise selbst zuzuschreiben.

Wie der BVB-Vorsitzende auf seiner Eröffnungsrede weiter ausführte, werde der technisch-innovative Fortschritt bei der Entwicklung und Planung neuer Bürokommunikationssysteme von den Anbietern zu hoch bewertet. Die Industrie achte hier allzu einseitig auf die Leistung der Produkte und berücksichtige zu wenig das "emotionale und irrationale" Verhalten des Menschen am Arbeitsplatz. Mehr Effizienz im Büro , so Häussler, entstehe auch in Zukunft nur durch das Zusammenwirken von motivierteren Mitarbeitern und sinnvoll eingesetzten besseren Hilfsmitteln. Es stehe zwar eine technische, Revolution im Informations- und Kommunikationssektor bevor, nicht aber die totale Automatisierung des Büros.

Kritik übt der BVB-Chef auch an der derzeitigen Produktpolitik: Es würden heute Bürosysteme angeboten, mit Funktionen und Dimensionen, die sich immer mehr ähnelten. Die meisten Systeme unterscheiden sich somit häufig nur durch "Design-Retuschen" und geringfügige technische Varianten, die lediglich noch der Fachmann erkenne.

In diesem Zusammenhang bemängelt Häussler die momentane Einstellung der Anbieter, man könne nur noch über den Preis sprechen und über den Preis verkaufen. Unternehmen und Verkäufer, die ein falsches Preisbewußtsein schafften und den Ehrgeiz der Einkäufer in eine falsche Richtung lenkten, indem sie das Preisargument stets zuerst anführten, schaden sich nach Worten des Verbandspräsidenten nicht nur selbst, sondern der ganzen Branche. Sie würden mit ihrem Verhalten einen "unnötigen, unerbittlichen Preiskampf einleiten, der die Gewinne unvernünftig schmälert und den Unternehmen die Substanz und den Spielraum für unternehmerisches Handeln entziehe".

Ein positives Resümee zog das Verbandsteam über das letzte Geschäftsjahr. Demnach konnten die Unternehmen der Büro- und Informationstechnologie in 1981 ihr Inlandsangebot um nominal 11,3 Prozent auf 10,3 Milliarden Mark steigern. Diese Werte entsprächen auch etwa dem realen Wachstum, da sich im Gegensatz zu den vergangenen Jahren das Preisniveau in der Datentechnik langsam stabilisiert habe. Der BVB-Vorstand räumte jedoch ein, daß extrem hohe Zuwachsraten in einigen Teilmärkten das Gesamtergebnis verbesserten.

Besonders starke Einbrüche hätten in 1981 die Anbieter von Zubehör und Büroeinrichtungen zu verzeichnen gehabt, erläutert Verbandsgeschäftsführer Strehmann. Auch das Großrechnergeschäft sei zähflüssiger denn je gewesen.

Die Inlandsproduktion bei Büro- und Informationsgütern habe gegenüber dem Vorjahr um 8,6 Prozent auf 9,9 Milliarden Mark zugenommen und damit die Wachstumsrate des Vorjahres um 0,5 Prozent übertroffen.

Einen hohen Zuwachs konnten die Anbieter BVB-Angaben zufolge auch beim Export verzeichnen. So sei 1981 15,6 Prozent mehr exportiert worden als im Vorjahr, was einem Wert von 7,3 Milliarden Mark entspräche. Allerdings wurde die vorjährige Wachstumsrate (18,5 Prozent) nicht mehr erreicht.

In seinem "Bericht zur Hauptversammlung" wies der BVB darauf hin, daß sich die Informationsverarbeitende Industrie momentan in einem tiefgreifenden Umbruch befinde. Das "machtvolle Vordringen" der Nachrichtentechnik in viele Anwendungsbereiche der Bürotechnik und Informatik stelle somit in Zukunft höchste Anforderungen an das Entwicklungspotential und die strategische Flexibilität der Hersteller. Dennoch wird die Entwicklung der Branche vom BVB-Vorsitzenden Häussler durchweg optimistisch beurteilt: "Der Wachstumsschub geht weiter. Alle Anzeichen signalisieren, daß die Büro-, Informations- und Kommunikationstechnik auch 1982 wieder Ergebnisse erzielen wird, die über dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt liegen werden."