Wider die E-Mail-Flut

Manager im Würgegriff des Blackberry

04.12.2008
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Ständige Erreichbarkeit ein Muss

Die hohe Servicebereitschaft gegenüber den Kunden zwingt viele in eine Rolle, in der sie ständig erreichbar sein müssen. "Rufbereitschaften, die sich über 24 Stunden erstrecken und eine Sieben-Tage-Woche beinhalten, sind für die Betroffenen eine Katastrophe", mahnt Gerlmaier. Der ständige Stress führt dazu, dass eine aktive Freizeitgestaltung kaum noch möglich ist. Die dringend notwendigen Regenerationsphasen entfallen, soziale Kontakte nehmen ab, denn schließlich bringt niemand Verständnis dafür auf, wenn im Kino das Telefon läutet und ein Kunde über einen Systemabsturz jammert.

Wer so arbeitet, zahlt einen hohen gesundheitlichen Preis. Unter Tinnitus zum Beispiel leiden rund 20 Prozent der IT-Mitarbeiter, während in der Gesamtbevölkerung weniger als fünf Prozent davon betroffen sind. "Manche kippen einfach um; viele berichten uns, dass Drehschwindel und damit einhergehende Orientierungslosigkeit sie dermaßen beeinträchtigen, dass sie mehrere Monate nicht arbeiten können", berichtet Gerlmaier von ihren Interviews in Großunternehmen und mittelständischen IT-Firmen.

Der Fluch der Flexibilität

Obwohl Topmanager sich gegen Besucher und Anrufer besser abschotten können, kämpfen auch sie mit überbordenden Anforderungen und 24-Stunden-Arbeitstagen an 360 Tagen im Jahr. Ruth Stock-Homburg, Professorin für Betriebswirtschaft an der Technischen Universität Darmstadt, befragte Manager und Managerinnen in herausgehobenen Führungspositionen, wie es bei ihnen mit der Ausgewogenheit von Berufs- und Privatleben steht. Auffallend war, dass der häufigste Stressfaktor die ständige Erreichbarkeit beispielsweise über E-Mail oder Mobiltelefon ist. Was anfangs mehr Flexibilität bedeutete, entwickelt sich mittlerweile zum Fluch.