Ursachen im außertechnischen Umfeld

Management schuld an Problemen mit LTU-Buchungssystem

04.04.1997

Die Schwierigkeiten, die beim Düsseldorfer Reiseveranstalter mit der Einführung des Systems entstanden, haben nur am Rande mit dem eigentlichen IT-Projekt zu tun. Umstrukturierungen innerhalb des Konzerns, zu wenige und noch dazu falsch konzipierte Schulungsmaßnahmen bei den Expedienten (Reiseverkehrskaufleuten) - nur zehn Prozent der Anwender wurden in das System eingewiesen, der neue Ansatz der Systems wurde ungenügend kommuniziert -, Kataloge mit falsch gedruckten Buchungsnummern und andere Pannen führten dazu, daß die LTU ab November 1996 zunächst in einen katastrophalen Buchungsrückstand geriet.

Das von der LTU installierte System basiert in seiner ursprünglichen Konzeption auf einer von der Sema Group für die belgische Sabena entwickelten Lösung. Seit Oktober 1994 werkelten zwischen 80 und 150 Leute an dem Projekt, das am 12. Juli 1996 intern und am 19. November 1996 extern freigegeben wurde. Herbert Reckmann, Direktor EDV bei der LTU, legt großen Wert auf die Feststellung, daß bei Provit die Endtermine und das Budget - rund 45 Millionen Mark für die Software-Entwicklung - eingehalten wurden.

Bei der Programmierung arbeitete die LTU mit einem Softwarehaus aus Riga zusammen. Da die Programmierer aus dem Baltikum des Deutschen mächtig waren, wurden sie frühzeitig auch mit in Design und Konzeption eingebunden.

Kein Ausfall seit der Freigabe

Nur in der Anfangsphase habe es kleinere Probleme gegeben, so Reckmann: "Inzwischen reißen sich unsere Leute um die Männer aus Riga." Er weist in diesem Zusammenhang Vorwürfe zurück, das Outsourcing habe durch die komplizierte Kommunikation zu einem immensen Projekt-Overhead geführt.

Das Sabena-System wurde von seinem ursprünglich dialogorientierten Ansatz unter VMS zunächst unter IMS und DB/2 auf einem IBM-Großrechner portiert und im Bankhaus West LB probeweise installiert. Nachdem sich rasch herausstellte, daß diese Portierung weder von den Antwortzeiten her noch in bezug auf künftige Erweiterungen flexibel genug war, wurde dann ein komplett neuer Ansatz gewählt. Das Konzept arbeitet laut Reckmann "praktisch stücklistenorientiert. Dadurch können wir kleinste Deckungsbeiträge realisieren." Bei der Hardware fiel die Entscheidung für Tandem, da sich weder die IBM noch DEC imstande sahen, ein Komplettangebot für Hardware und Software-Umsetzung vorzulegen.

Die 20 bis 30 Millionen Zeilen Cobol wurden in einem weiteren Schritt mit einer Client-seitigen GUI unter Windows versehen (siehe CW Focus Nr. 5 vom 20. September 1996, Seite 28: "In fünf Schritten..."). Die Hauptmaske wurde dabei so gestaltet, daß in möglichst wenigen Schritten und Transaktionen eine Buchung möglich ist. Dabei wurden die Gewohnheiten der Anwender zuwenig beachtet, die aus ihrer bisherigen Tätigkeit mit dem dialogorientierten "Start"-System ein schrittweises Vorgehen gewöhnt waren.

Aufgrund der Tatsache, daß Provit seit seiner Freigabe ohne Ausfall läuft, hat die EDV-Seite laut Reckmann seit November in dem Projekt keine ungelösten Aufgaben mehr vor sich. Es seien nur noch marginale Änderungen am System vorgenommen worden. Die Hardware wurde aufgestockt (auf Tandems "Himalaya K20000" mit 16 CPUs), nach einer Analyse der häufigsten Eingabefehler seitens der Anwender in den Reisebüros wurden zudem in einigen Masken Default-Werte vorgegeben.