Management: Interesse und Skepsis Telearbeits-Beschaeftigte sind schwieriger zu kontrollieren

18.11.1994

BONN (CW) - Telearbeit koennte sich grosser Beliebtheit erfreuen: Ueber 40 Prozent aller Beschaeftigten und Fuehrungskraefte in der Europaeischen Union sind an dieser Form der Arbeit interessiert, wie eine Untersuchung der Empirica GmbH, Bonn, zeigt. Allerdings fuerchte das Management, solche Mitarbeiter nicht kontrollieren zu koennen.

In die aktuelle Diskussion ueber die Flexibilisierung der Arbeitszeit und alternative Formen der Beschaeftigung passt die europaweit angelegte Untersuchung des auf Telearbeit spezialisierten Unternehmens aus Bonn. Laut Empirica wurden insgesamt 5300 Personen befragt, davon 2500 "Entscheidungstraeger".

Selbst wenn man beruecksichtige, dass sich nicht alle Taetigkeiten fuer Telearbeit eigneten, schaetzt die Empirica das "realistische Potential" in Europa auf gut zehn Millionen Telearbeiter. Die derzeitige Verbreitung sei allerdings hiervon noch weit entfernt. Die Untersuchung ermittelte, dass derzeit in der Alten Welt 1,25 Millionen Telearbeitsplaetze bestehen. Etwa fuenf Prozent der Unternehmen praktizierten bereits Telearbeit.

Vorreiter bei dieser Form der Arbeitsorganisation ist laut Studie Grossbritannien, wo derzeit annaehernd die Haelfte der europaeischen Telearbeiter taetig sind. An zweiter Stelle liegt Frankreich, dort arbeiten etwa 215 000 Beschaeftigte ausserhalb vom Unternehmenssitz. In Deutschland finden sich nur 150 000 elektronische Heimarbeiter.

Empirica-Berater Norbert Kordey begruendet Englands Vorreiterrolle unter anderem mit der fruehen Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes, die niedrigere Leitungskosten ermoeglicht habe. Weiterer Grund: Weil in England die wirtschaftliche Krise frueher einsetzte als in Deutschland, beschaeftige man sich schon seit einigen Jahren mit flexiblen Arbeitsformen.

Nach Ansicht der Bonner Forscher ist die starke Diskrepanz zwischen grossem Interesse und relativ geringer Verbreitung unter anderem auf die konservative Haltung der Unternehmensleitungen zurueckzufuehren. Wie die Befragung zeigte, stuften die meisten Fuehrungskraefte vor allem Taetigkeiten wie Texterfassung, Programmieren und Uebersetzen als fuer Telearbeit geeignet ein. Englische Chefs sollen dagegen eher dafuer aufgeschlossen sein, Telearbeit auf weitere Einsatzgebiete auszuweiten. Dazu gehoeren Vertrieb, Marketing, Rechnungswesen, Forschung und Beratung.

Schwierigkeiten sehen die Befragten vor allem im organisatorischen Bereich. Auch sei es kompliziert, die Kommunikation zwischen Telearbeitern und den anderen Beschaeftigten aufrechtzuerhalten. Widerstand von gewerkschaftlicher Seite oder juristische Probleme wurden dagegen selten als problematisch genannt.