Management-Cockpits: Steuerungsdaten für Überflieger

03.08.2005
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Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.

Um mehr Prozess- und Unternehmenskennzahlen in den Griff zu bekommen, steigt bei Unternehmen auch das Interesse an Balanced Scorecards (BSC). Dieser Management-Ansatz, der nicht nur im BI-Umfeld, sondern mittlerweile von Firmen wie Eon Kernkraft auch zur Prozessanalyse genutzt wird, stellt indes hohe Anforderungen. Eine BSC sollte daher fweder systemgetrieben sein noch ohne vorige Machbarkeitsanalyse eingeführt werden. Vor einigen Jahren hatte man sich auch beim TÜV Rheinland an der BSC versucht, musste aber damals zurückstecken, weil keine dazugehörige Strategie formuliert und unternehmensweit bekannt gemacht worden war. Dies sei jetzt geschehen, und damit eine zentrale Voraussetzung für die Einführung erfüllt. Allerdings sei es in einem Dienstleistungsunternehmen wie dem TÜV schwierig, neben finanziellen Kennzahlen, die sich vergleichsweise einfach aus dem ERP-System extrahieren ließen, auch eine Prozessperspektive im Cockpit abzubilden, da die Produktionsabläufe so unterschiedlich seien.

Das Problem mit den Kennzahlen ist allerdings weniger, sie zu finden. Fachabteilungen und Unternehmen mit starker Prozessausrichtung wie Chiphersteller, Fertiger oder Autohersteller überwachen und verwenden diese Daten seit Jahren. Der Sprengstoff liegt in der Auswahl der Messgrößen für das Cockpit und ihre Bewertung. Weil es verschiedene Adressaten für ein Cockpit gibt, die unterschiedliche Anforderungen stellen, ist die Auswahl der darzustellenden Kennzahlen und ihres Detaillierungsgrades oft langwierig und macht die Mithilfe von Unternehmensberatungen nötig, empfiehlt Barc-Analyst Keller. Typischerweise kämen am Ende zwischen acht und zwölf Messgrößen heraus.

Um Konflikte und endlose Kennzahlendebatten zu vermeiden, empfiehlt Manager Helbig Workshops, in denen man die geplante Lösung erläutert und sich auf die Parameter einigt. Die Güte der Kennzahlen müsse zudem stets für die Benutzer nachvollziehbar bleiben, allein schon um die von Kritikern unterstellten Manipulationsmöglichkeiten bei der Datenaufbereitung auszuschließen. Wichtig sei es ferner, dass durch ein Cockpit oder eine BSC keine Mehrarbeit für die Mitarbeiter entsteht, indem sie zusätzliche Zahlen erfassen müssen: "Das führt nur dazu, dass diese Leute das Projekt blockieren." Auch gibt es Stimmen, die den Sinn von Cockpits grundsätzlich in Frage stellen: "Manager wollen eigentlich kein stringentes Tracking, bei dem ihnen ständig die Zahlen vor die Nase gehalten werden. Andere wollen, dass genau die Informationen im Cockpit dargestellt werden, die sie brauchen, um das zu tun, was sie wollen", lästert ein Anwender, der nicht genannt werden möchte. Für Deloitte-Berater Nonnenmacher fehlt zudem in der Diskussion um Cockpits die Frage danach, was Menschen mit den Daten eigentlich machen sollen. Dashboards könnten keine Unternehmenskultur ersetzen, sondern seien in erster Linie wichtige Vehikel, die Innovationen begleiten. "Keiner führt ein Unternehmen nur auf der Basis eines Dashboards."