Geschäftsführer erwirbt 80,2 Prozent des Stammkapitals

Management-Buy-out: Symbolics trennt sich von der US-Mutter

16.08.1991

MÜNCHEN (see) - Die deutsche Tochter der Symbolics Inc. geht mehrheitlich in den Besitz ihres Geschäftsführers über: Ingo Kriescher erwirbt 80,2 Prozent der Anteile von dem amerikanischen Kl-Spezialisten sowie die deutschen Rechte am Namen Symbolics. Das Unternehmen firmiert künftig als Symbolics Systemhaus GmbH.

Die bisherige Symbolics GmbH, Eschborn, wandelte sich mit Kriescher als Geschäftsführer vom reinen Hardwarelieferanten mit einem Umsatz von knapp 20 Millionen Mark im Geschäftsjahr 1986/87 zum KI-Dienstleister mit einem Umsatz von 13 Millionen Mark 1990/91. Der letzte Ertrag belief sich auf 38 000 Mark. Den geringsten Umsatz erzielte die Gesellschaft 1988/89 mit nur noch 10,5 Millionen Mark. Unter Kriescher hat der Consulting-Anteil am Symbolics-Geschäft beständig zugenommen; im letzten Jahr betrug er drei Millionen Mark beziehungsweise 23 Prozent. 3 7 Millionen Mark brachten Wartungs-Dienstleistungen in die Kasse, der Rest wurde mit Hardware generiert.

Auftrag der Lufthansa zur Flugplan-Optimierung

Ein Motiv für Krieschers Vorstoß könnte die wirtschaftliche Situation der Muttergesellschaft gewesen sein, die gegenwärtig so der GmbH-Chef, stark unter der Rezession in den USA leide. Nach einem Verlust von 7,3 Millionen Dollar im dritten Quartal und gesunkenen Umsätzen fürchtet er, wird ein "befriedigender" Jahresabschluß der Symbolics Inc. nicht mehr realisierbar sein. Mit seinem Auskauf koppele er sich vom US-Geschäft ab.

Der Buy-out ist laut Kriescher jedoch vor allem produktstrategisch motiviert: Während Symbolics im Heimmarkt versuche, sich mit Koprozessoren in Standard-Workstations "einzunisten", entwickele man in Deutschland KI-Tools und -Methoden für die Lösung komplexer Probleme mit objektorientierten Technologien. Das wichtigste Projekt, ein Auftrag der Lufthansa zur Flugplan-Optimierung und Planungsunterstützung - noch vorhandenes Volumen: etwa drei Millionen Mark - , läuft Kriescher zufolge allerdings im kommenden Jahr aus.

Zur weiteren Sicherung von Auftragsbestand und -eingang will sich die KI-Gesellschaft hierzulande auf "Schlüsselbranchen" konzentrieren, so die strategische Vorgabe. Als neue Betätigungsfelder nennt Kriescher Anwendungslösungen für Transport, Logistik und die Fertigungsindustrie. Zur Umsetzung der Strategie wurden mit dem Systemhaus und dem Technologievertrieb zwei Divisions geschaffen, die für Consulting und SW-Entwicklung beziehungsweise für die Vermarktung von Lösungen zuständig sind. Symbolics will vorwiegend KI-Komponenten für "Gast-Workstations" von Sun, Apple, DEC, HP und IBM bereitstellen, auch um damit der direkten Konkurrenz dieser Hochleistungs-Produkte zu entgehen, erläutert Kriescher die Positionierung des Anbieters.

Gegenwärtig existiert ein Vertriebsabkommen der Symbolics GmbH mit dem Unternehmen Lucid und Franz über deren Compiler für die objektorientierte Programmiersprache Lisp. Neben einem kürzlich geschlossenen RS/6000-VAR-Deal mit IBM, so Kriescher, wickele sein Unternehmen Lisp-Implementationen auf Sun-Workstations ab. Eine Schlüsselrolle für das Geschäft soll die objektorientierte Datenbank "Statics" als Basis für Planungs- und Terminierungslösungen spielen. Eine Unix-Version sei in Arbeit. Die Hardwarebasis des Symbolics-Kataloges stellen zur Zeit neben den Koprozessoren Workstations von Sun und Apple, DEC und HP sollen in Kürze hinzukommen.

Für 1991/92 kann Kriescher seiner eigenen Darstellung zufolge in Deutschland mit einem Umsatz von zirka 15 Millionen und einem Ertrag von rund 350 000 Mark rechnen. Erst bei einer Umsatzgröße von 50 bis 70 Millionen Mark könnte die im vergangenen Jahr ventilierte Umwandlung in eine AG wieder ein Thema werden.