Interview mit Karsten Leclerque, Analyst bei Pierre Audoin Consultants

Managed Services: Verantwortung abgeben und die Kontrolle behalten

30.03.2007
Karsten Leclerque, Analyst bei Pierre Audoin Consultants, nimmt in einem Interview Stellung zu Stand und Entwicklungen des deutschen Markts für Outsourcing und Managed Services.

Die Zeit der Outsourcing-Mega-Deals scheint vorbei. Trotzdem kaufen die Unternehmen zunehmend IT-Dienstleistungen ein. Was ist anders geworden?

Leclerque: Die Unternehmen entscheiden sich vermehrt für selektives Outsourcing – von einzelnen Infrastrukturkomponenten bis hin zu Geschäftsprozessen. Das lässt die Volumina der einzelnen Verträge sinken. Zusätzlich werden die Laufzeiten der Verträge kürzer. Das ist ein schwieriges Umfeld für klassische Outsourcing-Finanzmodelle, die das Erreichen der Profitabilitätszone teilweise erst nach Jahren vorsehen. Der Kuchen wächst nach wie vor, nur die Stücke werden kleiner.

Welche Rolle spielen Managed Services bei einer selektiven Outsourcing-Strategie?

Leclerque: Mit Managed Services oder auch Outtasking bezeichnet man klar umgrenzte Aufgabenfelder, die an einen – oft spezialisierten - Dienstleister vergeben werden. Im Gegensatz zum Outsourcing gibt es hier in der Regel keinen Übergang von Personal und Assets. Managed Services weisen in der Regel ein hohes Maß an Standardisierung auf – es handelt sich meist um Aufgaben, die sich schnell und vergleichsweise unkompliziert übergeben lassen. Oft sind es Bereiche wie etwa das Druck-Management, Client-Services, Asset-Management oder Supportdienstleistungen, die als Managed Services vergeben werden. Aber auch Remote-Management-Services wie Installation, Administration, Monitoring oder Inspection lassen sich als Managed Services einkaufen.

Was hat der Anwender davon?

Leclerque: Bei einer durchdachten Outsourcing-Strategie lassen sich mit Managed Services einzelne Aufgabenfelder auslagern, die häufig mit attraktiven Abrechnungsmodellen nach Verbrauch einhergehen. Der Anbieter der Managed Services ist in der Regel spezialisiert und kann durch Skaleneffekte und Zentralisierung bessere Preise anbieten, als dies in der eigenen IT-Abteilung möglich wäre. Denn Innovation im Outsourcing bedeutet auch, neue Geschäftsmodelle zu etablieren, die zunehmend eine Flexibilisierung von Leistung und Abrechnung ermöglichen – von „Price-per-Seat“-Modellen bis hin zu „Software as a Service“.

Wie sieht die Anbieterlandschaft im Bereich der Managed Services aus?

Leclerque: Die Anbieter von Managed Services kommen aus unterschiedlichen Bereichen. Auf der einen Seite sind es die großen Outsourcer, die ihre Leistungen zunehmend kleinteiliger und in standardisierter Form anbieten. Auf der anderen Seite sind es Anbieter, die aus dem Hardware-Wartungsgeschäft kommen und sich vermehrt in Richtung Managed Services bewegen. Und dann gibt es auch noch die Hardware-Hersteller, die Services zusammen mit den Geräten als Paketleistung anbieten.

Man sagt, dass ein selektives Outsourcing gleichsam automatisch zu einem komplizierteren Schnittstellen-Management führt. Gilt das auch für Managed Services?

Leclerque: Hier muss man genau zwischen dem selektiven Outsourcing und dem sogenannten Multi-Sourcing unterscheiden. Beim selektiven Outsourcing werden lediglich bestimmte Bereiche an Dienstleister vergeben, während die Kern-IT im eigenen Hause verbleibt. Beim Multi-Sourcing lagert ein Unternehmen weite Teile der IT aus – nur eben nicht an einen einzigen Dienstleister, sondern an mehrere. Deshalb sind die Anforderungen an das Schnittstellen-Management beim Multi-Sourcing höher, wenn beispielsweise Applikations- und Rechenzentrumsbetrieb an unterschiedliche Service-Anbieter vergeben werden.
Managed Services sind bei beiden Szenarien denkbar und in der Regel gut abzugrenzen, so dass die Schnittstellenproblematik leichter handhabbar ist.

Warum entscheiden sich Unternehmen für Managed Services?

Leclerque: Die Gründe können sehr unterschiedlich sein. Oft geht es den Anwendern darum, die eigene IT im Haus zu behalten – da geht es häufig auch um psychologische Motive – und trotzdem längerfristig die Verantwortung für einen klar umgrenzten Teilbereich an einen Service-Dienstleister abzugeben. Zudem streben die Unternehmen fast immer auch eine Kostenreduktion und eine Verbesserung der Service-Qualität an.
Die Entscheidung für Managed Services fällt auch deshalb leichter, weil das Risiko geringer ist als beim klassischen Outsourcing, weil der Auftraggeber die Kontrolle über seine IT, und auch das IT-Know-how, in der Hand behält; die Abhängigkeit vom Provider ist damit geringer als beim Outsourcing. Die Modelle funktionieren in der Regel gut – und auch ein Wechsel des Service-Dienstleisters ist leichter möglich als bei klassischen Outsourcing-Abkommen mit Mitarbeiterübergang. Und nicht zuletzt: Bei Abrechnungsmodellen nach Verbrauch erreicht der Auftraggeber eine große Flexibilität: Die Kosten lassen sich jederzeit an Veränderungen im Unternehmen anpassen – etwa bei Mitarbeiterverlagerungen, der Zusammenlegung von Zweigstellern oder Mergern.

Wie sehen Sie die Zukunft von Managed Services in Deutschland?

Leclerque: Die Unternehmen und Branchenverbände klagen seit einiger Zeit wieder über einen Skill-Mangel im IT-Bereich. Die Knappheit an qualifiziertem Personal wird sicher ein weiterer Antrieb sein, Teile der IT auszulagern. Der Outsourcing-Markt ist in den letzten Jahren gereift – auf Seiten der Kunden wie der Anbieter. Ich gehe davon aus, dass die Unternehmen in Zukunft noch mehr Dienstleistungen bei Service-Anbietern einkaufen werden. Das betrifft natürlich auch die Managed Services, die einen nennenswerten Anteil zum Wachstum des IT-Dienstleistungsmarkts beitragen werden.