Netzwerk-Outsourcing: Anwender im Spagat zwischen Kostenreduktion und Kontrolle

"Man muss ganz genau wissen, was man aus der Hand gibt"

05.03.1993

Fuer Rolf Bastian, Manager Marketing Communication der BT Telecom (Deutschland) GmbH, gibt es prinzipiell drei Kundengruppen, die fuer das Netzwerk-Outsourcing in Frage kommen: Anwender, die kurzfristig Kosten reduzieren, Komplexitaet managen oder Wachstum steuern wollen. Der britische Carrier, der aggressiv wie derzeit wohl kein anderer Anbieter den europaeischen Markt mit Netzdiensten angeht, will Bastian zufolge alle drei Kategorien von Usern bedienen. Eine Senkung der Kosten stehe dabei, wie der Outsourcing-Spezialist einraeumt, prinzipiell im Vordergrund, man muesse jedoch unterscheiden zwischen Unternehmen, die lediglich ein "Modul fuer Einsparungen suchen", und Firmen, die eine strategische Partnerschaft eingehen wollen.

In allen Faellen stehe allerdings die Grundsatzfrage im Mittelpunkt, ob der autonome Betrieb eigener Strukturen noch Sinn macht. Jeder, der dies bejahe, habe sich, wie der deutsche BT- Repraesentant betont, mit den Konsequenzen einer nicht mehr zeitgemaessen DV-Politik auseinanderzusetzen: Die Anwender muessen rund um die Uhr sowohl die Hard- als auch die Software und letztlich das Personal zum Management der Netze selbst bereithalten. Dabei wird von den Autonomieverfechtern, so Bastians Warnung, leicht uebersehen, dass dann noch immer nicht die oft entscheidende Frage geklaert ist, "wie man das Problem loest, wenn Freitag abends um 23.00 Uhr eine Verbindung zur Tochtergesellschaft in Hongkong nicht zustande kommt".

Mehr oder weniger ins gleiche Horn stoesst Hartmut Kling, Unternehmensberater fuer integrierte Netze und VANs, wenn er feststellt, dass "die Serviceorganisationen in den Unternehmen mit den immer komplexer werdenden Netz-Management-Systemen ueberfordert sind". Derzeit koenne er, wie der Consultant aus seiner taeglichen Praxis zu berichten weiss, so gut wie keine Anfrage in puncto Networking verzeichnen, die nicht zumindest "im Ansatz auch mit dem Outsourcing-Aspekt liebaeugelt". Geht es dann jedoch ans Eingemachte, schrecken viele Anwender noch aus Angst vor der eigenen Courage zurueck und erwaegen, so Kling, allenfalls "Gaensefuesschenschritte". Sie suchten lediglich nach einem Dienstleister, der den Betrieb ihres Netzes, also die klassische Carrier-Funktion uebernimmt.

Nicht in kleinen Schritten, sondern entschlossen und relativ schnell nach dem Inkrafttreten der Postreform I hat sich die Hamburger Hoyer GmbH bereits Anfang 1990 auf die Suche nach einem privaten Anbieter gemacht. Eine mehr als zehnjaehrige Abhaengigkeit von den Hfd- beziehungsweise X.25-Leitungen der Telekom hat nach Angaben von Eckhard Ahrens, Bereichsleiter Org./DV und Prokurist der internationalen Fachspedition, in bezug auf die Zusammenarbeit mit dem Postunternehmen einen rundweg negativen Eindruck hinterlassen: "Zu teuer, zu geringe Leitungsgeschwindigkeiten und ein schlechter Service", kritisiert Ahrens knapp die Telekom.

Heute verbinden die Spediteure ihre zehn Niederlassungen in den alten Bundeslaendern ueber ein X.25-Netz der Info AG, ihre Standorte in Ostdeutschland und im westlichen Europa via Satellit (Teleport Europe) sowie zwei Dependancen in USA ueber den Frankfurter Knoten des US-Carriers Sprint mit dem Hamburger Mutterhaus. Mit der jetzt gefundenen Loesung sei das Unternehmen, wie Ahrens erklaert, "grundsaetzlich zufrieden".

Dass dies im Prinzip noch recht wenig mit Outsourcing - zumindest im klassischen Sinne - zu tun hat, gibt der IT-Verantwortliche unumwunden zu, denn man nutze keinerlei Mehrwertdienste oder fahre "Applikationen auf den Netzrechnern der Info AG". Gleichwohl gehe die Administration des Hamburger Dienstleisters ueber der "Bereitstellung der nackten Leitung hinaus". So unterhalte man sich beispielsweise ueber das Netzkonzept oder Moeglichkeiten der Fehlerbehebung und wolle da auch "vernuenftige Antworten bekommen".

Vernuenftige Antworten und Loesungen scheint offenkundig die Telekom ihrer Kundschaft - zumindest in der Vergangenheit - nicht praesentiert zu haben, denn wo immer in der bundesdeutschen Networking-Szene das Thema Netzwerk-Outsourcing oder Facilities Management aktuell war, stolperte man bei der Ursachenforschung buchstaeblich ueber Defizite und Versaeumnisse des Bonner Carriers. So auch bei der Deutschen Bau- und Bodenbank in Mainz, deren Rechenzentrum als eine Art Servicecenter bundesweit angeschlossene Grossunternehmen der Immobilienbranche betreut und dessen Direktor Bernd Neumann die Gruende fuer den Wechsel zur Info AG eindeutig zu beschreiben weiss: "Wir wollten ein vollredundantes Backbone-Netz mit 2x64-Kbit/s-Leitungen an moeglichst vielen Standorten zu einem vernuenftigen Preis."

Dies waere, so Neumann, angesichts der Komplexitaet der vorhandenen DV-Struktur - immerhin haben die Mainzer rund 12 000 angeschlossene Endgeraete, davon allein 8500 PCs sowie 1000 LANs zu betreuen - durch die Anmietung von Leitungen nach Bedarf in eigener Regie "nicht zu einem vernuenftigen Preis zu bewerkstelligen gewesen". Hinzu kommen, wie der RZ-Leiter betont, wichtige Features des privaten Anbieters wie ein zentraler User- Service vor Ort und vor allem eine garantierte Verfuegbarkeit mit entsprechenden Ausfallgebuehren bei Nichterfuellung.

Netz-Sharing hiess also sehr schnell die Devise bei den Mainzern, weil ihrer Ansicht nach neben den Faktoren Service und Verfuegbarkeit letztlich nur bei einem privaten Betreiber auch eine guenstige Kalkulation moeglich war, da dort auch andere Kunden die gleiche Strecken mitbenuetzen. Dies alles liess sich, so Neumanns Rueckschau, "mit der Telekom nicht realisieren". Fuer deren Datendirektverbindungen sei bereits bei 97 Prozent Verfuegbarkeit das Ende der Fahnenstange erreicht gewesen und selbst dieser Wert wurde "lediglich zugesagt, aber nicht garantiert". Auf die Frage, warum den Bonnern bislang so manches Geschaeft durch die Lappen ging, glaubt Neumann eine von vielen moeglichen Antworten zu wissen: "Selbst das, was die Telekom zu realisieren verspricht, liegt unter dem, was andere garantieren."

Stimmen wie diese sind bei frustrierten Anwendern an der Tagesordnung - auch solche, die generell ueber ihr Leid mit den traditionellen PTTs klagen, beispielsweise ein verantwortlicher Mitarbeiter in der DV-Abteilung eines schwaebischen Messgeraeteherstellers, der zwar seinen Namen nicht genannt wissen will, die Probleme jedoch freimuetig anspricht.

Sein Unternehmen habe sich, so der IT-Experte, bei der Anbindung der einzelnen Geschaeftsstellen und Tochterunternehmen in Deutschland und Europa lange Zeit mit den jeweils nationalen Netzbetreibern herumgeschlagen und dabei feststellen muessen, "dass uns auf Dauer die Kosten davongelaufen waeren".

Dies betraf vor allem die Schwierigkeit, die verschiedenen PTTs in puncto Uebertragungsgeschwindigkeit und Protokollvielfalt unter einen Hut zu bringen. Den europaweiten Netzbetrieb zu koordinieren, haette man, wie der Schwabe bilanziert, nicht "ohne einen groesseren Mitarbeiterstab auf die Reihe bekommen". Die fuer sie guenstigste Loesung haben die Messgeraetebauer nun in den Global Network Services (GNS) des Carriers BT gefunden, der mit einem X.25- Kernnetz fuer die Verbindung der einzelnen Unternehmensbereiche sorgt. In dem Vertrag mit den Briten konnten, wie sich der DV- Verantwortliche fuers erste zufrieden zeigt, die Essentials erfuellt werden: "Wir wollten ein funktionierendes Netz als Transportmedium und in zweiter Linie einen Ansprechpartner fuer den Fall, dass wir weitere Dienstleistungen benoetigen."

Wie sehr offensichtlich die Telekom mit ihrem Tariftableau den Grossanwendern, die Mietleitungen nach Bedarf ordern, das Geld im wahrsten Sinne des Wortes aus der Tasche zieht, machen zwei weitere Beispiele deutlich. So bezahlt der Hamburger Versicherer Deutscher Ring nach Angaben von Andreas Ongaro, Gruppenleiter Systemtechnik Netzwerke, seit dem Wechsel von der Telekom zum Frankfurter Newcomer Inas bei der Verbindung seiner Filialdirektionen pro Jahr im Vergleich rund 40 Prozent weniger an Leitungskosten wie bei den frueheren Datex-P-Verbindungen. Noch konkreter wird Dieter Weber, Bereichsleiter DV beim Gerling- Konzern: Als Meganet-Gesellschafter wird dort

mehr als die Haelfte des Datenvolumens ueber das Netz der eigenen Outsourcing-Tochter transportiert und dabei Weber zufolge mindestens eine halbe Million Mark an Leitungsgebuehren pro Jahr gespart.

So nachvollziehbar auch in diesem Punkt die Flucht vieler Anwender in die Arme der privaten und preiswerteren Telekom- Konkurrenz ist, so diffus gestaltet sich die Motivsuche, wenn es darum geht, den Outsourcing-Begriff weiter zu spannen beziehungsweise woertlich zu nehmen. Wer - zumindest in der Bundesrepublik - von Netzwerk-Outsourcing spricht, sieht sich sehr schnell mit der Realitaet konfrontiert und die heisst: Das externe Management interner Strukturen sowie kritischer Netzapplikationen ist meist tabu.

Bei der Frage nach dem Warum weiss auch Berater Kling keinen Rat und setzt von seiner Warte aus auf das Prinzip Hoffnung. Der reine Wechsel des Datentransporteurs habe zwar noch nicht viel mit Outsourcing zu tun, "sei aber ein erster Schritt in diese Richtung". Er jedenfalls sehe "einen Trend zum weitergehenden Outsourcing", dies sei jedoch ein Unterfangen, bei dem sich "vorwiegend die deutschen Unternehmen noch aeusserst schwer tun".

Weitaus pessimistischer beurteilt Gerhard Sundt von der Gartner Group Deutschland die weitere Entwicklung des Netzwerk- Outsourcing-Marktes. Er sieht darin einen eher "kurzfristigen Trend", weil das Outsourcing-Thema dadurch gekennzeichnet sei, dass die "einzelnen Dienstleister selbst nicht profitabel arbeiten". Diese wuerden, so der Marktforscher, in der Regel von den dahinter stehenden PTTs subventioniert, mit dem Ziel, "die Endanwender langfristig an ihr eigenes Dienstleistungsangebot zu binden". Die "Attraktion" solcher Services werde jedoch spaetestens dann wieder abnehmen, wenn im Zuge der Liberalisierung bei den TK-Diensten das Interesse der PTTs, ihre Outsourcing-Toechter weiterhin durchzufuettern, wieder abnehme und die Preise entsprechend anstiegen.

Unabhaengig davon geht es jedoch bei der Outsourcing-Debatte auch fuer den Gartner-Group-Experten um mehr als einen blossen Carrier- Wechsel. Die meisten Anbieter ruehren, so seine Analyse, unter der Rubrik "Managed Network Services" die Werbetrommel fuer die Bereitstellung eines kompletten Dienstleistungsangebotes, das fuer den Anwender letztlich aber Risiken berge. Grund: Man koenne Netze "immer weniger isoliert von den eigentlichen Applikationen managen". Konsequenz ist daher Sundt zufolge in vielen Outsourcing-Szenarien eine Situation, in der der Dienstleister fuer die Administration des ausgelagerten Netzes, der Anwender hingegen fuer das Management der Applikationen zustaendig sei.

Analysiert man die im taeglichen Netzbetrieb auftretenden Stoerfaelle, lassen sich diese, so Sundt, in der Regel "gar nicht eindeutig zuordnen". Eine entscheidende Frage ist deshalb seiner Meinung nach, "welche organisatorischen Begleitmassnahmen seitens der Anwender eingeleitet worden sind". Diese Schnittstelle wiederum sei jedoch "in den meisten Outsourcing-Projekten nicht sauber definiert".

Fuer viele Anwender ist jedoch die Auslagerung kritischer Applikationen keine Angelegenheit von Schnittstellen, sondern eine prinzipielle Frage der Hoheit uebers eigene Netz. So weiss zwar der Mainzer RZ-Leiter Neumann die Vorteile zweier synchronisierter User-Helpdesks - sowohl in der eigenen DV-Organisation als auch beim Dienstleister Info AG - zu schaetzen, er stellt andererseits jedoch unmissverstaendlich klar, dass "jeder fuer seinen Bereich verantwortlich ist." Auch scheinbar routinemaessige Administrationsaufgaben wie die Anschluesse vor Ort oder die Generierung von Steuereinheiten behalte man sich vor.

Bei der Dynamik, die man innerhalb der eigenen DV-Struktur gegenwaertig verzeichne - jedes Jahr kommen allein 2000 bis 3000 neue PCs hinzu - gehen die Mainzer bei ihren Planungen nicht davon aus, dass, wie Neumann geringschaetzig formuliert, eine weitergehende Auslagerung des Netzbetriebes "von Erfolg gekroent sein wuerde". Hinzu komme, so Neumanns Begruendung, dass man nicht glaube, dadurch "den Kunden einen besseren Service bieten zu koennen".

Schuetzenhilfe erhaelt der RZ-Leiter von Ongaro, der fuer seinen Verantwortungsbereich beim Deutschen Ring ebenfalls eine eindeutige Devise ausgibt: "Wir wollen das Management nicht aus den Haenden geben, sondern vielmehr das Netz, ueber das unser Netz laeuft, transparenter gestalten." Konkret bedeutet das, dass die Hamburger derzeit an einer Software fuer die Anbindung der konzerneigenen SNA-Netview-Umgebung an die X.25-Knotenrechner von Inas stricken. Ziel ist dabei laut Ongaro, Alarmmeldungen aus dem Inas-Netz in Netview zu routen und so auf dem eigenen User- Helpdesk sofort zu sehen, "da klemmt ein Netzrechner und deshalb ist unsere Geschaeftsstelle kaputt".

Das indes nicht nur "Kompetenzstreitigkeiten" die Anwender in puncto Netzwerk-Outsourcing zurueckhaltend agieren lassen, macht Wilfried Porr, zustaendig fuer den Bereich Systemplanung bei der Continentale Krankenversicherung in Dortmund, deutlich. Das in der Ruhrmetropole angesiedelte RZ steuert sowohl ein Verwaltungsnetz mit 64 Kbit/s-Leitungen zu neun Niederlassungen der Versicherungsgruppe als auch ein Vertriebsnetz auf X.25-Basis zu rund 60 Aussenstellen. Die 64-Kbit/s-Leitungen sind dabei Porr zufolge "aus historischen Gruenden bis auf wenige Ausnahmen ueber Meganet geschaltet".

Was der IT-Experte mit historisch meint, wird sehr schnell klar, wenn er auf die "Gruenderzeit" der privaten Dienstleister kurz nach der Postreform I zu sprechen kommt, wo ein Carrier wie Meganet "um rund 50 Prozent billiger war als die Telekom". Rueckblickend stellt sich die Situation fuer Porr jedoch alles andere als euphorisch dar. Meganet habe zwar ein eigenes Kontrollzentrum, in der taeglichen Praxis sehe das aber so aus, "dass fast alle Fehler von uns erkannt werden". Daran aenderten auch, so Porr fast verbittert, "noch so gut ausformulierte Vertragsklauseln nichts".

Hinzu kommt, dass mittlerweile auch der private Dienstleister kraeftig an der Preisschraube gedreht hat, so dass man angesichts der Tarifreform der Telekom sowie deren Angebot im Zusammenhang mit den Monopol-Uebertragungswegen "zusammen mit Meganet ueberlegen muss, ob sich an der Kostenstruktur noch etwas aendern laesst". Fragt man den enttaeuschten Anwender zu seiner Meinung in puncto Netzwerk-Outsourcing, ist die Antwort eindeutig: "Wir sind eigentlich nicht zufrieden, mehr kann und will ich nicht dazu sagen."

Eine Lanze gerade auch fuer die privaten Anbieter versucht indes Horst Schaefers, Leiter des Bereiches Kommunikationstechnik bei der WestLB in Duesseldorf, zu brechen. Worum es bei den deutschen Anwendern meistens geht, naemlich das reine Netz outzusourcen, sei "nichts anderes als das, was man bei der Post schon immer hatte", gibt der streitbare Kommunikationsexperte der Grossbank zu Protokoll und setzt noch einen drauf, wenn er die Telekom als den "groessten Zwangs-Outsourcer der Vergangenheit" bezeichnet. Die WestLB nutze, so Schaefers Auskunft, als Gesellschafter von Meganet - wo immer moeglich - Kapazitaeten des "eigenen Carriers", etwa in Form eines bundesweiten X.25-Netzes, und stehe vielmehr vor dem Problem, "dass wir Beduerfnisse haben, die Meganet noch gar nicht bedienen kann".

Die unter Anwendern verbreitete Meinung, sie wuerden bei privaten Anbietern etwas aus der Hand geben, haelt Schaefers fuer "totalen Bloedsinn". Heutzutage biete der Markt im Vergleich zu frueher mit verteilten Management-Systemen erheblich bessere Loesungen, die sich "so auf ein Netz legen lassen, dass der jeweilige Anwender sie steuern kann". Wenn man dies durch entsprechende Verschluesselungen absichere, sei der Anwender "nicht schlechter dran als frueher bei der Telekom".

Stichwort Datensicherheit: So heiss, wie diese Frage beispielsweise in US-amerikanischen Outsourcing-Vertraegen gehandelt wird, scheinen die deutschen Anwender das Thema nicht zu kochen - jedenfalls herrscht dort noch fast grenzenloses Vertrauen in die Integritaet der Dienstleister vor. "Wir haben die Problematik definiert und im Vertrag eingegrenzt", heisst es lapidar beim Deutschen Ring. IT-Experte Ongaro ist, wie er sich erinnert, mit dem fertigen Vertragsentwurf zur eigenen Revisionsabteilung marschiert - frei nach dem Motto: "Das ist jetzt eure Sache". Rein technisch ausschliessen koenne man den Missbrauch von Daten Ongaro zufolge "sowieso nie".

Fast noch vertrauensvoller handelte man bei besagtem schwaebischen Messgeraetehersteller, wo, so der der Redaktion bekannte DV- Verantwortliche, man zwar an Sicherheitsaspekte gedacht habe, aber nicht in der Form, "dass wir unserem Vertragspartner hier kein Vertrauen entgegen bringen wuerden". Darueber hinaus sehen die Schwaben bereits in der Natur ihres paketvermittelnden X.25-Netzes ein ausreichendes Mass an Sicherheit.

Aehnlich hilflos, weil bislang ohne ausreichenden Erfahrungswerte, stehen die Anwender auch dem Thema Ausfallsicherheit gegenueber, wo sich die privaten Anbieter derzeit mit immer hoeheren Werten zu ueberbieten versuchen. Selbst BT-Sprecher Bastian muss hier einraeumen, dass das Marketing-Vorgehen, lediglich eine Zahl in den Raum zu stellen und sie nicht transparent zu machen, "wenig Sinn macht". Genauso entschieden weist Bastian jedoch auch Mutmassungen zurueck, einige Wettbewerber wuerden vertraglich vereinbarte Konventionalstrafen von vornherein einkalkulieren. Sein Argument: "Die Anwender wollen nicht zusaetzliches Geld kassieren, sondern moeglichst viel an Sicherheit bekommen."

Weitaus heftiger als Bastian stellt Gartner-Group-Experte Sundt das Feilschen um Prozentzahlen hinter dem Komma bei der Verfuegbarkeit in Frage. Dies sei zwar "eine typische Vertragsklausel", gleichzeitig jedoch eine Ziffer ohne Aussagekraft. Schon die Schaltung einer Backup-Leitung mit geringerer Uebertragungsgeschwindigkeit koenne aus der Perspektive des Anwenders bereits einen Netzausfall bedeuten. Hier werden, so sein Vorwurf, "zu viele Hintertuerchen offen gelassen, die zur Frustration der Anwender fuehren".

Was es heisst, sich mit einem Outsourcer einzulassen, weiss zumindest Versicherungsmann Porr. Er hat seine Erfahrungen gemacht und feststellen muessen, "dass es sich nicht immer so darstellt, wie es in den Hochglanzbroschueren beschrieben wird". Man kann sich seiner Auffassung nach gerade bei solchen Ausfallzeiten "wunderschoen und grenzenlos streiten", was jedoch nichts daran aendere, dass auch eine weit ueber 90prozentige Verfuegbarkeit bedeutet, "dass das Netz an mindestens zwei Tagen im Jahr steht."

Bleibt zum Schluss die Frage, was die nun drei Jahre anhaltende Outsourcing-Diskussion im Networking-Bereich allen Beteiligten gebracht hat. Nicht allzu viel, wenn es nach Schaefers geht. "Da wurde wieder etwas viel Wind um etwas gemacht, das gar nicht so aufregend ist", glaubt der TK-Experte und attestiert jedem, der glaubt, etwa wie beim Outsourcen ganzer Rechenzentren Personal einsparen zu koennen, auf dem Holzweg zu sein. Solange man Strategie, Planung und das Wissen ueber das Netz nicht aus der Hand gibt, behaelt man "auch die personalintensiven Bereiche".

"Man muss ganz genau wissen, was man aus der Hand gibt", sekundiert Schaefers Kollege Ongaro vom Deutschen Ring, waehrend sich BT-Marketier Bastian vor allem eine "Versachlichung der Diskussion" wuenscht. Es solle endlich Klarheit darueber bestehen, dass es um nichts anderes geht, als "Leistungen am Markt einzukaufen, wobei es Loesungen ganz unterschiedlicher Groessenordnung gibt".

Sachlich wie gewuenscht - obwohl unter Umstaenden Betroffener - sieht indes Hubert Abels, Gruppenleiter EDV bei der BP Chemicals GmbH in Duesseldorf, der Zukunft entgegen. Sein Unternehmen, die Chemie-Division des britischen Oelmultis BP, hat einen Vertrag mit BT sowohl bezueglich des X.25-Netzes GNS als auch mit der Outsourcing-Tochter Syncordia abgeschlossen und nutzt je nach erforderlicher Bandbreite das Dienstleistungsportfolio.

Was da auf ihn zukommen koennte, weiss der Kommunikationsspezialist abzuschaetzen. Jedenfalls haette er "Verstaendnis dafuer", wenn der Dienstleister auf sein Unternehmen zukaeme und sagen wuerde, "ich habe bereits die Hoheit ueber die Leitungen, lass mich nun auch das andere machen" - etwa die Remote-Steuerung der LANs. Traete dies ein, muesste man es, so Abels pragmatischer Ansatz, "schon aus wirtschaftlichen Gruenden ueberdenken, auch wenn dabei mein Job ueber die Wupper gehen wuerde".

Gerhard Holzwart