IBM 38-Philosophie und Anwenderinteresse:

"Man müßte wieder bei Null anfangen"

23.11.1979

MÜNCHEN (CW) - "Wollte man die Möglichkeiten des Datenbank-Computers IBM /38 voll nutzen, so müßte man bei der Programmierung praktisch wieder von Null beginnen." So äußerte sich Wilhelm Kässmann, EDV-Leiter der Johann Rokkinger OHG, München, bei seinen Überlegungen zu den Vorteilen des "universellen Datenverarbeitungssystems" der IBM, das der Hersteller selbst auch mit dem Namen "Der Datenbank-Computer" belegt. Dennoch hält Kässmann es für wahrscheinlich, daß seine Geschäftsleitung wieder bei lBM unter Vertrag geht.

Die IBM Deutschland GmbH, Zweig Basis-Datenverarbeitung in Stuttgart baut ihre Philosophie für die /38 vor allem auf zwei Argumenten auf: Als besonders stellt sie in ihren Informationsbroschüren die einfache Handhabung am Sachbearbeiter- und Programmiererplatz heraus, ermöglicht durch die "maschinenintegrierten Funktionen", das zweite Bein stellt der Terminus Datenbank-Computer dar, was Dr. Paulus Burkert als Pressesprecher vor allem mit der Technik der relationalen Datenbank und den vom Design her angelegten Mikroprogrammen zur zeitsparenden Abwicklung von datenbanktypischen Transaktionen erklärt.

Für die befragten Anwender allerdings nimmt die Einfachheit des Dialogverkehrs schon eine bedeutende Stellung bei ihrer Entscheidung zwischen den alternativen Herstellern ein. Das Daten-bank-Konzept jedoch voll auszunutzen trauen sie sich erst nach und nach zu. Im Vordergrund steht bei ihnen, daß die bisher genutzte IBM 3/12 aus den Nähten platzt. Sie sei für den Dialogverkehr kaum geeignet, eine Erfahrung, die Dieter Weißhaupt, Geschäftsführer der Osnadat GmbH, Osnabrück, gemacht hat, weil die zu bewältigende Datenmenge sich vor einem dreiviertel Jahr schlagartig um 100 Prozent erhöht habe oder, wie Kässmann es ausdruckt, gut für Batch-Verarbeitung ist, sich aber beim Anschluß der ersten Bildschirme als ungeeignet herausstellte.

Eckard Haas, EDV-Leiter der Optimol Olwerke, München, die just im Unterschreiben des Vertrages begriffen ist, sieht den Hauptvorteil des Datenbank-Universalrechners darin, die bisher rund 500 Programme im Verhältnis eins zu eins übernehmen zu können. Das Dialogsystem bei neun Sichtgeräten, von denen sieben in den Fachabteilungen stehen, eines in der Programmierung und eines der Geschäftsführung zur Verfügung gestellt werden soll, würde die Lieferfristen des Unternehmens verkürzen und eine Optimierung der Produktion gestatten. "Die Unzahl von Dateien, die sich in den zehn Jahren EDV angesammelt haben", so Haas, "könnte auf ein überschaubares Maß reduziert werden." Bei dem Informationssystem für die Geschäftsleitung rechnet Haas mit Antwortzeiten von einer Minute, für den Sachbearbeiter soll die Antwort im Sekundenbereich erfolgen. Die Software werde vom Mainframer bezogen. "Für IBM /38 haben wir uns entschieden, weil ein Datenbank-System für den Kunden, der nicht EDV-mündig ist, doch eine gewisse black box darstellt. "Der erfahrene Kunde" - und Optimol arbeitete schon immer mit IBM - "weiß, daß sie bei IBM schon im Einsatz ist." Und somit habe man keinen Grund, den Hersteller zu wechseln.