"Man kann Mitarbeiter nicht zur Integration zwingen"

11.04.2005
Mit Reinhard Clemens, Chef der EDS Deutschland GmbH, sprachen die CW-Redakteure Joachim Hackmann und Wolfgang Herrmann.

CW: CSC Ploenzke hat gerade angekündigt, die IT-Beratung vom Outsourcing-Geschäft abzuspalten. Auch EDS erwägt eine Trennung von der Beratungsparte A.T. Kearney. Wollen Sie damit ähnliche Probleme lösen wie Ihr Konkurrent?

Clemens: Die Situation bei CSC möchte ich nicht kommentieren. Bezüglich A.T. Kearney ist unser Vorstandschef Michael Jordan zu dem Schluss gekommen, dass das Unternehmen erfolgreicher agieren kann, wenn die Berater Anteile daran halten. Darum geht es in den aktuellen Überlegungen.

CW: Ziel dieser Maßnahmen ist es doch, das Beratungsgeschäft komplett von EDS abzutrennen.

Clemens: Das ist nur eine denkbare Option. Derzeit ist noch offen, ob die Berater zehn Prozent oder vielleicht einmal hundert Prozent der Anteile halten werden.

CW: Worauf führen Sie die schlechten Geschäftszahlen von A.T. Kearney seit der Übernahme durch EDS zurück?

Clemens: Der komplette Beratungsmarkt ist in den vergangenen zwei bis vier Jahren eingebrochen. A.T. Kearney blieb davon nicht verschont. In jüngster Zeit hat das Unternehmen aber erhebliche Fortschritte gemacht. Wir haben festgestellt, dass die Zusammenarbeit mit EDS funktioniert, wenn die Berater selbständig und unabhängig agieren können. Heute behandeln wir A.T. Kearney wie jede andere Unternehmensberatung auch.

CW: Die Geschäftsmodelle von A.T. Kearney und EDS passen nicht zusammen. Warum sollten sie unter einem gemeinsamen Dach geführt werden?

Clemens: Warum nicht? Andere Dienstleister sind ähnlich aufgestellt. Wir haben hart an den Integrationsproblemen gearbeitet. Die Berater können jetzt viel autonomer agieren als früher.

CW: Würde eine Trennung von Outsourcing- und Beratungsgeschäft im deutschen Markt Vorteile bringen?

Clemens: Aus rechtlicher Sicht handelt es sich ohnehin schon um getrennte Organisationen. Der grundlegende Denkfehler ist doch, dass man von Synergien zwischen dem Beratungs- und dem Outsourcing-Geschäft ausgeht.

CW: Genau dieses Argument haben doch Anbieter wie EDS immer wieder ins Feld geführt.

Clemens: Wer versucht, beide Geschäftsmodelle zu verschmelzen, zerstört Synergien.

CW: Die Idee hinter der A.T.-Kearney-Übernahme war doch, die Berater als Türöffner zu den obersten Management-Ebenen zu nutzen, um auf diese Weise große Outsourcing-Deals anzubahnen. Warum ist diese Strategie nicht aufgegangen?

Clemens: Das ist mehr als neun Jahre her. Die damals maßgeblichen Leute sind alle nicht mehr im Unternehmen. Man kann Mitarbeiter nicht zur Integration zwingen. Manche wenden sich einfach ab. Es gibt einen alten Spruch in unserer Industrie: "You can?t buy walking assets." Gerade Berater entscheiden sich häufig neu, für welches Unternehmen sie arbeiten wollen. Im Übrigen gibt es durchaus Themen, wo wir zusammenarbeiten.

CW: Welche?

Clemens: Beispielsweise im Einkaufsbereich. A.T. Kearney öffnet uns die Türen und übernimmt die Beratung. Wir machen Analysen für große Konzerne. Hier sind wir besonders erfolgreich bei Energieversorgern. Zahlreiche Dax-30-Unternehmen gehören zu unseren Kunden. Dabei prüfen wir das Einkaufsverhalten dieser Unternehmen, um etwa festzustellen, wo zu viel bezahlt wird und wie sich Prozesse optimieren lassen.

CW: In den letzten Jahren gab es eine Reihe großer Outsourcing-Abschlüsse in Deutschland. Von EDS war diesbezüglich nichts zu hören. Warum?

Clemens: Im Vergleich zu den Top-Playern weist EDS in Deutschland nur eine geringe Personalstärke auf. Allerdings haben wir unsere Wettbewerbsfähigkeit in jüngster Zeit deutlich verbessert. Wir verlieren keine Deals mehr aus Preisgründen. Zudem sehen wir es als Vorteil an, dass wir klein genug sind. Wir beschäftigen keine 30000 Mitarbeiter in Deutschland wie manche unserer Konkurrenten und haben deshalb die Möglichkeit, eine Bestshore-Strategie zu fahren. Das bedeutet, wir nutzen Ressourcen dort, wo sie am günstigsten sind. Anders kann ein Serviceanbieter heute nicht mehr konkurrenzfähig arbeiten.

CW: Erwägen Sie Übernahmen auf dem deutschen Markt, um das Outsourcing-Geschäft zu stärken?

Clemens: Es ist nicht unsere Strategie, große Personalstämme zu kaufen; wir wollen auch keine Rechenzentren erwerben. Was wir anstreben, sind Outsourcing-Partnerschaften, in denen wir die Freiheit haben, gemeinsam mit dem Kunden dessen Geschäft zu transformieren. Wir übernehmen keine Mitarbeiter des Kunden.