Mainframes müssen sein

19.06.1992

Dies vorweg: Wir schreiben nicht im Auftrag der IBM-nahen Marktforschungsfirma Gartner Group, von der die Überschrift "Mainframes müssen sein" stammen könnte. Wenn der Mainframe-Marktführer Big Blue die proprietären /370-Großrechner wie Premium-Produkte behandelt, für die eben Überpreise berechnet werden, dann ist das seine Sache. Daß sich die Kunden dagegen nur schlecht wehren können, darf mit Fug und Recht als Skandal bezeichnet werden. Mit Mainframe-Schelte hat das allerdings nichts zu tun, wie es natürlich auch falsch ist, einem Downsizing-Konzept das Wort zu reden, das PC-Brücken als vollwertigen Zahnersatz vorsieht. Großrechner wird es immer geben - und eigentlich spricht nichts dagegen, sie weiterhin Mainframes zu nennen. Es bleibt jedoch ein Ärgernis, daß /370-Systeme nur mit enormem technischen, personellen und finanziellen Aufwand ausgewechselt werden können - wenn überhaupt. "Premium-Mainframes" brauchen wir nicht.

Die Vorstellung, daß es Leute gibt, die die DV-Kosten ignorieren können, ist hier nicht von Belang - eher schon, daß das Downsizing-Terrain, was die Grenz(kosten)frage betrifft, von vermeintlich unabhängigen DV-Beratern vernebelt wird. Sonderausgaben, die mit jeder Migration verbunden sind, in einen Systemvergleich einzubeziehen, und zwar zu Lasten der zukünftigen Technik, der Downsizing-Alternative, das ist noch die harmloseste Art, Fakten zu verdrehen. Altlasten gab es beim Einstieg in die heutige Technik auch - angesichts der erkennbaren Vorzüge der angestrebten Lösung zählten sie richtigerweise nicht. Selbst wenn sich - um ein Beispiel zu nennen - die Assembler-Programmierer jeglicher Neuerung verschlossen hätten, der Siegeszug von Cobol wäre nicht verhindert worden.

Neu ist - und hier handelt es sich um Scheinheiligkeit hoch zwei -, daß von den Mainframe-Anwälten mit Thesen argumentiert wird, die der Grundidee zuwiderlaufen, Information, als Prozeß verstanden, sei die Abnahme von Unsicherheit. Also: In der Mainframe-DV haben wir alles im Griff, nur darauf kommt es an, gerade im Hinblick auf die Kosten - klar, daß die DV unter dieser Prämisse einfacher und billiger ist.

Aber was ist das für eine DV? Gewiß keine, die in die Handlung (was im Unternehmen geschieht) integriert ist. In Betrieben ohne Dynamik mag das angehen. Möglich ist auch, die ganze Chose nach draußen zu geben (Outsourcing). Steigerung: Geht es gar ganz ohne DV? Leider nimmt der unruhige Patient "Unternehmensorganisation" darauf keine Rücksicht, verlangt nach angemessener Behandlung: nach Rightsizing - mit oder ohne Mainframes. Und so kommt es, daß die Gartner-Leute ständig ihre IBM-Prognosen revidieren müssen.