Big Blue macht Ernst mit der Ausweitung des OEM-Geschäfts

Mainframe-Rivale Hitachi vertreibt IBM-PCs in Japan

10.01.1992

TOKIO (CW) - Ab Frühjahr dieses Jahres wird die Hitachi Ltd. neben ihren eigenen PCs auch PS/55 Notebooks von IBM unter eigenem Label in Japan vertreiben. Die in Nippon hergestellten Maschinen arbeiten unter dem speziell für diesen Markt entwickelten DOS/V als Betriebssystem.

Berichten zufolge hat sich Hitachi in dem OEM-Abkommen verpflichtet, mindestens 2000 IBM-Notebooks pro Monat abzunehmen - ein Volumen, das Mother Blue 30 Millionen Dollar zusätzlichen Umsatz im Jahr bringen kann. Die IBM Japan entwickelte den Kleinstrechner - einem Bericht des "Wall Street Journals" zufolge - zusammen mit dem japanischen Kopiererhersteller Ricoh Co., dem sie die Maschine ebenfalls auf OEM-Basis verkauft, wenn auch - wie ein Vertreter der IBM Japan betonte - in weitaus geringerem Umfang.

Das Abkommen ist für beide Konzerne bedeutend. Die IBM konnte nämlich den von ihr kreierten PC-Standard in Japan nicht im gleichen Maße durchsetzen wie in den anderen großen Märkten: Bisher arbeiten 60 Prozent der in Japan verkauften Mikros mit dem nicht DOS-kompatiblen NEC-Betriebssystem. Die blauen Rechner bringen es dagegen lediglich auf einen Marktanteil von sieben Prozent. Deshalb hatte Big Blue sich bereits Anfang des Jahres mit 22 japanischen Gesellschaften, die der von IBM angeführte Open Architecture Developers Group (OADG) beitraten, auf den DOS-Abkömmling DOS/V als Standard geeinigt. Unter dem "Japan-Betriebssystem" soll sowohl Software für normale IBM-kompatible Rechner als auch Anwendungsprogramme in japanischer Sprache laufen. Analysten zufolge könnte das Abkommen Big Blues PC-Marktanteil in Japan drastisch in die Höhe treiben.

"Wir erkennen das Betriebssystem der OADG als überlegen an", erklärte ein Hitachi-Sprecher gegenüber dem englischen Wirtschaftsblatt "Financial Times". Das Unternehmen, das selbst Mitglied der

Entwicklergruppe ist, hat dem Sprecher zufolge vor allem aus Kostengründen den IBM-Notebooks den Vorzug vor einer OADG-basierten Eigenentwicklung gegeben. "Wir wollen unsere Notebook-Serie ausbauen, verfügen aber nicht über genügend Ressourcen", bedauerte der Hitachi-Sprecher. Allein der Kauf der IBM-Systeme könnte die monatlichen PC-Verkäufe des Konzerns in Höhe von 14 000 Stück um 15 Prozent steigern - wenn die zusätzlichen Rechner abgesetzt werden.

Der Deal mit Hitachi - einem der stärksten IBM-Konkurrenten im Mainframebereich - zeigt, wie ernst es den Armonkern mit der bereits im vergangenen Jahr angekündigten Ausweitung ihres OEM-Geschäftes ist und wie wenig Rücksicht auf die Interessen der anderen blauen "Lines of Business" seit der im Dezember angekündigten Umstrukturierung genommen wird.