Ablösung der BS/2000-Welt

Mainframe-Migration spart 72 Prozent der Betriebskosten

07.09.2009
Von Martin Ortgies

Umfangreiche Anwendungs-Migration

Die Anwendungs-Migration von "Natural-BS2000" nach "Natural-Unix" unter Solaris realisierten die Projektverantwortlichen, indem sie alle plattformabhängigen Code-Abschnitte anpassten. Als gravierende Effizienzsteigerung Die Einführung eines Kernbibliotheken-Konzeptes für die Wartung, Pflege und Weiterentwicklung der Natural-Anwendungen erwies sich als signifikante Effizienzsteigerung. Hierbei konnten ursprünglich 248 Natural-Bibliotheken mit zirka 100.000 Modulen auf 27 mit etwa 43.000 Modulen reduziert werden.

Ein Schritt mit großer Nachwirkung war die Ablösung der bisher verwendeten Entwicklungsumgebung. Auf dem Mainframe wurde "Predict Case" mit rund 60.000 Objekten eingesetzt. Da Predict Case unter Unix nicht lauffähig ist, wurde die Entwicklungsumgebung in einem Parallelprojekt komplett durch "InnoWake Natclipse" ersetzt und alle Entwicklungsdaten migriert. Ziel war, eine grundlegend modernisierte, vereinfachte und vereinheitlichte Umgebung (Natural und Java) zu realisieren.

Zur neuen Entwicklungsumgebung gehört zum einen ein Eclipse-Plugin, um Naturalprogramme zu editieren. Teil der Umgebung ist zudem eine Versionierung aller Objekte mit Subversion (SVN) sowie ein Life-Cycle-Manager, der Objekte von der Entwicklungs- in die Produktionsumgebung transportiert und installiert. Der Life-Cycle-Manager ermöglicht eine automatische Parallelversorgung der BS2000- und der Unix-Plattform, so dass die Code-Konsistenz jederzeit sichergestellt ist. Im Projekt stellte dies einen erheblichen Vorteil dar.

Die Ablösung vom Mainframe

Pro:

  • Jährliche Einsparungen in Höhe von 1,8 Mio. Euro

  • Performance-Verbesserungen um den Faktor 2 bis 3

  • Deutliche Erhöhung der Ausfallsicherheit (Restart vs. 2. Server)

  • Stabilerer und transparenterer Betrieb durch UC4-Batch-Steuerung

  • Moderneres System mit leistungsfähigeren Komponenten und geringerem Ressourcenbedarf

Contra:

  • kleinerer Nachbesserungsbedarf bei der Oberfläche LogWeb-Unix

  • Lange Projektlaufzeit parallel zum laufenden Betrieb

Aufwand: Umstellung der Batch-Steuerung

Mit erhöhtem Aufwand verbunden war auch die Umstellung der Batch-Steuerung. Unter BS2000 waren ca. 1.500 Batch-Jobs für ungefähr 300 Batchprogramme im Einsatz. Hier wurde noch unter BS2000 die Batch-Steuerung von Entire Natural Operation auf "UC4" (Job Scheduling und Workload-Automatisierung )umgestellt, da UC4 sowohl unter BS2000 als auch unter Unix universell einsetzbar ist. Im zweiten Schritt mussten die BS2000-Jobs schließlich manuell durch Unix-Shell-Skripte ersetzt werden.

Ein größeres Volumenproblem stellte die Ablösung des alten Massendruckverfahren BS2000-Druck durch das Standard-Textverarbeitungssystem "M/Text" dar, denn das unter BS2000 eingesetzte Druckverfahren war nicht auf Unix übertragbar und entsprach auch nicht mehr dem Stand der Technik. Hier musste der Druck aller Schreiben umgestellt werden. Außerdem mussten insgesamt rund 20 Millionen archivierte Korrespondenzschreiben in eine Archiv-Anwendung unter Unix übertragen werden. Die Migration selbst war zwar relativ einfach realisierbar. Die Batch-Verarbeitungslaufzeit für den Export der Briefe dauerte allerdings ein halbes Jahr.

Schließlich wurde die alte Oberfläche der "Log-TE"-Terminalemulation durch die Web-Anwendung "LogWeb-Unix" abgelöst. Dies geschah zunächst unter BS2000, dann unter Unix. Hierbei gab es allerdings teilweise Akzeptanzprobleme bei den Anwendern. Das zeichenorientierte Unix bietet nicht die gleiche Funktionalität wie BS2000. So gingen einige Komfortmerkmale verloren. Hier erging in der Folge bereits der Auftrag, die Web-Anwendung im Anschluss an die Migration nachzubessern.