Mailaender Messe: High-Performance Computing und Networking (HPCN) Europaeische Union stark auf Industrieprojekte konzentriert

16.06.1995

Enttaeuschend sind die aktuellen EU-Investitionen von etwa 100 Millionen Ecu, die in die High-Performance-Rechner- und Netzentwicklung einfliessen sollen. Uwe Harms* berichtet von einigen dennoch verheissungsvollen Initiativen und Forschungsprojekten, die auf der High-Performance-Messe in Mailand zu sehen waren; sie koennten Amerika zeigen, dass auch in Europa kraeftig auf dem Feld der "Hochleistungsrechnerei" gearbeitet wird.

Schon seit einigen Jahren haben europaeische Industrie-Initiativen und der Report der Kommission der Europaeischen Union (CEC) von Carlo Rubbia vorgeschlagen, ein Programm fuer High-Performance Computing und Networking (HPCN) ins Leben zu rufen, das den amerikanischen HPCC-Aktivitaeten (High-Performance Computing and Communications) vergleichbar ist. Im Mai 1993, auf der europaeischen Messe fuer High-Performance und Networking, der "HPCN Europe", erklaerte Horst Forster vom Generaldirektoriat III (DGIII), dass die Europaeische Union die Bedeutung von HPCN fuer Industrie und Forschung erkannt habe und ein entsprechendes Programm mit etwa 120 bis 140 Millionen ECU (MECU) im Fruehjahr 1994 starten werde. Ein knappes Jahr spaeter kuendigte Professor Mike Reeve vom DGIII an, die Union werden HPCN mit etwa 100 Millionen Ecu foerdern. Zusaetzliche Mittel wuerden von den einzelnen Laendern, Regionen und der Industrie erwartet. Auf der diesjaehrigen HPCN Europe 95, die vom 3. bis 5. Mai diesmal in Mailand stattfand, enttaeuschte Thierry Van der Pyl vom DGIII der CEC in seinem Keynote-Vortrag die Erwartungen der Europaeer allerdings. Er betonte darin, dass die Forschungs- und Entwicklungspolitik der EU die nationalen Strategien nicht ersetzen koenne.

Kein Geld fuer High Performance Computing

Beim vierten Rahmenprogramm von 1995 bis 1998 sind 1911 plus 21 Millionen Ecu fuer die Informationstechnologie vorgesehen, das sind rund 16 Prozent des Gesamtprogramms. Die Bereiche Advanced Communications Technology werden mit 630, Telematikanwendungen mit 843 Millionen Ecu gefoerdert. Fuer HPCN bleiben dann nur noch 61 Millionen Ecu pro Jahr uebrig: immerhin 13 Prozent des Forschungsprogramms "Esprit". Verglichen mit den Anstrengungen in den USA, wo dafuer mehr als 1000 Millionen Dollar bereitstehen, ein geradezu laeppischer Betrag. Zwar erklaerte Paul Messina vom California Institute of Technology, dass man eigentlich nur 500 Millionen rechnen duerfe: Aus dem HPCC-Programm der US-Regierung muessten naemlich die Teile abgezogen werden, die nicht direkt in das Programm gehoeren. Aber auch im Vergleich mit dieser reduzierten Summe zeigt sich, dass das Thema HPCN in Europa nicht so hoch gehandelt wird wie in den Vereinigten Staaten. Hier engagiert sich kein Praesident und ruft zu gemeinsamen Anstrengungen auf. Auch Thierry Van der Pyl verwies ausdruecklich auf die HPCN-Programme der einzelnen Mitgliedslaender oder Regionen, sie seien gefordert. Er beklagte, dass in Europa eine Koordinationsstelle fuer die Forschungspolitik und Strategien einzelner Laender und deren flankierende Massnahmen fehle.

In Europa ist es offenbar schwierig, nationale Grenzen und Institutionen zu ueberwinden. Schon beim Verknuepfen der einzelnen Forschungsnetze ergeben sich fast unueberwindliche Schwierigkeiten mit den nationalen Post- beziehungsweise Telekom-Verwaltungen.

Ein Ueberblick ueber Initiativen und Projekte

Neben dem bisher herausragenden Bereich der technisch- wissenschaftlichen Anwendungen und Simulationen sieht er neue und wichtige Felder fuer HPCN. So Embedded Systems wie das autonome Fahrzeug und Online-Transaktionsverarbeitung, Datenbanken sowie Entscheidungs-Unterstuetzungssysteme.

Waehrend der HPCN 95 trafen sich in Mailand die Mitglieder verschiedener europaeischer Initiativen und Projekte. Sie gaben einen Ueberblick ueber die bisherigen Aktivitaeten und Ergebnisse.

Die Ei3, die europaeische HPCN-Industrie-Initiative, hatte der EU- Kommission im Juli 1992 ihren Bericht zur Zukunft von High- Performance Computing in Europa mit der Forderung uebergeben, 250 Millionen Ecu jaehrlich ueber einen Zeitraum von zehn Jahren zu investieren. Seit dieser Zeit herrschte Ruhe bei Ei3. In Mailand wurde nun ueber die Zukunft dieser Initiative nachgedacht. Die Teilnehmer waren sich einig, dass die Arbeit von Ei3 auch heute noch sinnvoll ist. Da bei Foerderprogrammen ueblicherweise nur kurze Zeitspannen betrachtet werden, will die Ei3 eine Liste von Prioritaeten zusammenstellen, die laufend fortgeschrieben wird. Langfristige Aufgaben und Trends lassen sich so klarer beschreiben und behandeln. Dazu sollen jetzt regelmaessig Berichte publiziert werden. Auch diese Gruppe bezieht wie schon 1992 neben der numerischen Simulation mit Hoechstleistungsrechnern Embedded Systems, Bildverarbeitung, Bild- und Mustererkennung, auch Anwendungen im Finanzbereich in HPCN ein, so etwa kommerzielle Systeme und parallele Datenbanken. Weiterhin will die Gruppe den Zugang zu diesen Technologien vereinfachen. Heute werden vom Entwicklungsingenieur Kenntnisse in seinem Fachgebiet sowie in der Physik, Mathematik und Informatik, speziell ueber Rechnerarchitekturen, gefordert. Damit waechst die Scheu vor dem Einsatz von HPCN-Technologien.

Der Ei3 gehoeren derzeit etwa 80 Institutionen an, beispielsweise AEG Telekom, Konstanz, Signaal BV, Hengelo, Intel, Hitec SA, Athen, Daimler-Benz Forschung, IBM Deutschland, Parsytec, FEL-TNO, Den Haag, Cap Gemini und British Aerospace. Die Mitgliedschaft ist kostenlos.

Die derzeit bekanntesten europaeischen Projekte im High- Performance-Computing-Bereich mit breiter industrieller Beteiligung sind "Europort" I und II, Initiativen im Rahmen des Esprit-Programms. Relevante Programmpakete sollen auf Parallelrechner portiert werden. Die diesbezueglichen Erfahrungen koennen dann in weitere Projekte einfliessen und die Akzeptanz dieser Rechnergattung insgesamt erhoehen. Europort wurde im Januar 1994 mit einer Laufzeit von zwei Jahren gestartet. Zunaechst waren etwa 16 Millionen Ecu an Foerdermitteln vorgesehen, die aber inzwischen auf etwa 20 Millionen Ecu gewachsen sind, da neue Anwendungen integriert wurden.

In Europort I werden industriell wichtige Programmpakete aus der Stroemungsdynamik (CEL3GR, CFDS-Flow, NSMB, N3S, Phoenics, Polyflow und Star-CD) sowie der Material- und Strukturdynamik (Forge3, LS- Dyna3D, MSC/Nastran, PAM-Crash, Permas und Samcef) effizient und moeglichst portabel auf Parallelrechner uebertragen. Beispielsweise werden Nastran oder Permas zur Festigkeitsberechnung insbesondere in der Automobil- sowie der Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzt.

Parallelberechnung im Workstation-Cluster

PAM-Crash dient zur numerischen Simulation eines Automobilunfalls. Die Programmpakete sind sehr umfangreich und enthalten oft mehr als eine Million Fortran-Zeilen. Als Zielplattformen wurden Parallelrechner mit verteiltem Speicher und Workstation-Cluster ausgewaehlt - also nicht die herkoemmlichen Vektorparallelrechner. Die modifizierten Programme benutzen die Standard-Message-Passing- Schnittstellen wie PVM oder Parmacs. Da die Kommunikationsbibliotheken auch auf den Vektorparallelrechnern vorhanden sind, lassen sich die Programme mit geringen Leistungseinbussen auch auf diesen Systemen abarbeiten. Die einzelnen Programmpakete wurden von unterschiedlichen Konsortien umgestellt; die Projektleitung liegt bei der Gesellschaft fuer Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) in St. Augustin. Die parallelen Programme werden dann mit realistischen Datensaetzen aus der Industrie durchgerechnet und die Rechenzeit mit den sequentiellen Versionen verglichen.

Ein Ziel wurde zur Halbzeit schon erreicht: Existierende Programme lassen sich auf Parallelrechner portieren. Obwohl die Zahl der Prozessoren bei den Parallelrechnern noch gering war (nur bis zu 16), lassen sich schon Trends erkennen. Natuerlich muessen die Programme nach der reinen Umstellungsphase jetzt noch optimiert werden.

Fuer die obigen Programmpakete wurden erste, sehr ermutigende Benchmark-Ergebnisse vorgestellt. Etwa die gleichen Verhaeltnisse ergaben sich bei der Berechnung des Luftstroms in der Fahrgastzelle eines PKW.

Parallelrechner koennen kostenguenstiger sein

Beim deutschen Finite-Elemente-Paket Permas erzielten die Portierer einen Faktor von 4,8 beim Uebergang von einem auf sechs Prozessoren des IBM SP2 mit "duennen" Knoten. Bei Nastran von McNeal-Schwendler ergab sich der Beschleunigungsfaktor 6 beim Uebergang auf acht Prozessoren des IBM SP1 fuer den iterativen Loeser. Etwa 90 Prozent der Verweilzeit wird im parallelisierten Bereich verbracht. Bei PAM-Crash erreichte ein Vier-Prozessor-IBM- SP2 (34 140 Sekunden) etwa die Leistung eines Prozessors einer Cray Y-MP (32 800 Sekunden).

Schon diese ersten Zahlen beweisen, dass auch Parallelrechner eine kosteneffektive Loesung bieten koennen. Mit aussagekraeftigeren Ergebnissen wird noch im Laufe dieses Jahres gerechnet.

An den Projekten beteiligen sich fast 50 Partner. Einige Industrieunternehmen seien hier genannt: Aerospatial, BMW, CASA, Debis Systemhaus, Ford, Genias, ICI Chemicals & Polymers, Intel, Intes, MacNeal Schwendler, Mercedes Benz, Pallas, Parsys, Rolls- Royce und Saab.

Europort II laeuft bereits 26 Monate und wurde ebenfalls im Januar 1994 begonnen. Das Projekt wird von Smith System Engineering in Grossbritannien betreut, ist breiter angelegt als Europort I und umfasst die folgenden Anwendungsbereiche:

-Computational Chemistry (Molecular Modelling, Quantenchemie),

-Exploration (Oelreservoir-Engineering),

-Computational Elektromagnetik,

-Strahlentherapie (3D-Darstellung des Menschen),

-Erdbeobachtung (Satellitenradardaten, Synthetic-Apertur-Radar)

-Medikamentenentwicklung

(Drug-Design)

-Protein-Datenbank-Bearbeitung,

-Visualisierung sowie

-kommerzielle Datenverarbeitung (Adabas-Datenbank).

Etwa 44 namhafte Partner aus dem akademischen Bereich, der Grossforschung und der Industrie beteiligen sich an diesem Projekt. Ein Auszug aus der Industrieliste liest sich wie ein Who's who in Europa: Bayer, British Aerospace, Merck, ICI, ICL, Philips, Parsytec, Software AG, Statoil und Unilever. Auch hier werden die ausgewaehlten Programme in der Industrie und Forschung sehr intensiv genutzt. Dazu gehoeren Renner in der Chemie wie Gamess, Gromos, MNDO und Turbomole. Am Ende der Portierungsphase stehen wieder Praxis-Benchmarks.

Das Programm MNDO beispielsweise, eine Ab-initio-Rechnung aus der Computational Chemistry, erzielte auf einer 16-Prozessor-Cray-C90 eine Leistung von mehr als elf Gigaflops und war damit das schnellste Produktionsprogramm. Es ist daher hochvektorisiert und moderat parallelisiert. Die parallele Version bei der Berechnung vom Fulleren C60, dem sogenannten Soccerball, erzielte auf einem IBM SP2 mit "dicken" Knoten eine sehr gute Beschleunigung, und zwar bei einem 8-Prozessor-System 7.2 und bei 16 Prozessoren 12.3 gegenueber einem Knoten. Die Rechenzeit von 137 Sekunden auf 16 Knoten laesst sich durch Einsatz von optimierten Blas-Routinen (Basic Linear Algebra Subroutines) auf 71 Sekunden reduzieren. Leider fehlt hier der Vergleich zu den traditionellen parallelen Vektorrechnern. Auch aus den anderen Anwendungsbereichen wurden Leistungssteigerungen und Rechenzeiten auf diversen Parallelrechnern diskutiert.

Insgesamt zeigte das grosse Interesse an beiden Europort- Praesentationen, dass hier die Europaeische Union interessante und anwendungsbezogene Projekte foerdert. Erst wenn die wichtigen, industrierelevanten Programmpakete auf Parallelrechnern effektiv und schnell bearbeitet werden, kann sich diese Technologie durchsetzen.

Wenn dann auch noch das Preis-Leistungs-Verhaeltnis besser ist, steht einem Siegeszug der Parallelrechner nichts mehr im Wege. Bemerkenswert ist es, dass amerikanische Softwarehaeuser ihre Produkte in Europa portieren lassen, wo sie doch sonst den Quellcode nur aeusserst ungern aus den Haenden geben. Auch in den USA ueberraschte diese Tatsache. Vielleicht besitzt Europa hier eine Chance im Hochtechnologiefeld High-Performance Computing auf dem Softwaresektor mitzuspielen - dann haetten sich auch die Vorstellungen der CEC erfuellt.

Das Esprit-Projekt "Caesar" (Cluster von rechenintensiven Anwendungen fuer den ingenieursmaessigen Entwurf und die Simulation auf skalierbaren parallelen Architekturen) erfordert etwa 33 Mannmonate und wird in den naechsten 18 Monaten mit 4,1 Millionen Ecu gefoerdert. Unter Fuehrung von British Aerospace sind 13 europaeische Partner auf dem Gebiet Luftfahrt, Schiffbau und Chemical Engineering taetig. Auch andere industrielle Bereiche, die die Simulation beim Entwurf und bei den Produktionszyklen nutzen, koennen davon profitieren. Inzwischen fliessen in die numerische Simulation die Aspekte weiterer Fachdisziplinen ein, um einen multidisziplinaeren, optimalen Entwurf zu erstellen

(in der Luftfahrt wird beispielsweise die Umstroemung eines Fluegels optimiert). Diese Ergebnisse koennen aber die Strukturoptimierung behindern, das heisst gleiche Festigkeit bei geringerem Gewicht. So sind beide Aspekte zu integrieren, um die bestmoegliche Gesamtloesung zu finden. Die Ergebnisse aus dem Projekt Caesar sollen es der Industrie auch gestatten, preiswerte Computerressourcen zu nutzen, die man in Parallelrechnern und Workstation-Clustern sieht. Um den Zugang zu den Rechnern zu verbessern, wird ein PSUE (Parallel Simulation User Environment) entwickelt. Damit lassen sich komplexe geometrische Modelle und unstrukturierte Gitter fuer die nachfolgenden ingenieurmaessigen Analysen entwickeln, so beispielsweise fuer Stroemungsdynamik oder Elektromagnetik. Darueber hinaus kann auch der Produktionsprozess mittels Entscheidungs-Unterstuetzungs-Systemen untersucht und optimiert werden. PSUE laesst sich auf einer Vielzahl von Workstations einsetzen.

Das Projekt Caesar erlaubt es also, vom multidimensionalen Entwurfsprozess bis hin zur Fertigung und der virtuellen Fabrik den gesamten Entwicklungs- und Produktionsprozess zu optimieren und zeitlich zu verkuerzen. Die EU foerdert hier die Wettbewerbsfaehigkeit der europaeischen Grossindustrie durch den Einsatz moderner HPCN-Technologien.

Parallel Computing Initiative (PCI)

Um auch im Sueden Europas, sprich Italien und Spanien, das High- Performance Computing in der Industrie und bei kommerziellen Anwendungen (Banken, Versicherungen) zu foerdern, startete die EU am Ende des dritten Rahmenprogramms die Initiative PCI, die auch in das vierte Programm erweitert wurde. Wie immer bei diesen Projekten soll der Einsatz von Parallelrechnern vorangetrieben werden, und zwar auch durch die Zusammenarbeit von Softwarehaeusern, Forschungszentren und Hochschulen, die im HPC taetig sind, und der Industrie. Durch Einsatz dieser Technologie laesst sich ja die Wettbewerbsfaehigkeit der Industrie verbessern.

PCI wird mit etwa sechs Millionen Ecu gefoerdert, die einzelnen Teile werden zu 50 Prozent oder die Zusatzkosten zu 100 Prozent finanziert. Die Initiative besteht aus zwei Teilen: "Capri" (Calcolo ad Alte PRestazioni per le Imprese) und "Pacos" (Parallel Computing for Spain).

In Italien hat "Enea", die Agentur fuer neue Technologien, Energie und Umwelt, die Fuehrerschaft bei Capri uebernommen. Von 104 Vorschlaegen wurden 22 von der CEC ausgewaehlt. 13 Projekte werden jeweils im Mittel mit 0,35 Millionen Ecu ueber einen Zeitraum von 18 Monaten, die neun Loesbarkeitsstudien mit 0,03 Millionen Ecu fuer sechs Monate unterstuetzt. Die Themenbereiche: Bildverarbeitung bezogen auf Qualitaetsuntersuchungen in verschiedenen industriellen Bereichen, Strukturanalyse, neuronale Netze und Stroemungsdynamik. Als Rechnerplattformen werden Workstation-Cluster oder echte Parallelrechner wie Cray T3D, IBM-SP, Quadrics (eine italienische Entwicklung von Enea) und Meiko eingesetzt. Als Software-Umgebung wurde PVM ausgesucht.

Pacos wird von Cepba (Centro Europeo de Parallelismo de Barcelone) betreut. Jedes Projektteam besteht aus einem Industriepartner und Forschungs- sowie Hochschuleinrichtungen. Neben der ueblichen numerischen Simulation werden in PCI noch andere Aspekte stark beruecksichtigt. Einmal sollen Anwendungen entwickelt werden, die sich mit dem Daten- und Informations-Management, der komplexen Datenanalyse fuer die Entscheidungsunterstuetzung, der Online- Darstellung von Daten aus verteilten Datenbanken, der Bildverarbeitung und benutzerfreundlichen Mensch-Maschine- Schnittstellen befassen.

Das Networking nicht vergessen

Daneben werden HPC-Systeme in Produkten oder Geraeten (Embedded Systems) betrachtet, fuer die Online-Regelung, Signalverarbeitung, Merkmalerkennung und auch Bildverarbeitung. Auf Grund des guten Erfolgs wurde PCI inzwischen auf alle europaeischen Staaten erweitert.

Nach den vielen "Simulationen" darf das Networking nicht vergessen werden. E=MC2 wird teilweise durch die TENIBC-Initiative

(Trans European Network - Inter Broadband Communication) der EU gefoerdert. Mit Hilfe innovativer Netzwerktechnologien wie ATM (Asynchronous Transfer Mode) sollen die HPC-Zentren miteinander verbunden werden. Damit lassen sich die Rechner optimaler auslasten. Zunaechst wurde in einer Verifikationsphase gezeigt, dass Anwendungen fuer verteilte HPC-Zentren bereitstanden, die mit herkoemmlicher Technologie verbunden wurden. In der zweiten Phase wurden das europaeische ATM-Pilotprojekt genutzt und Hoechstgeschwindigkeits-Verbindungen hergestellt. Die Basis von ATM Pilot war die ATM-Verbindung von London, Paris und Koeln. An diese ATM-Switches haengten sich in Deutschland die GMD (Gesellschaft fuer Mathematik und Datenverarbeitung), das RUS (Rechenzentrum der Uni) und IPVR (Institut fuer parallele und verteilte Hoechstleistungsrechner, Uni) in Stuttgart, in Grossbritannien Leeds, Manchester, Belfast, Mittelsborough und Didcot, in Frankreich beispielsweise Erfacs und Meteo-France in Toulouse. Parallele Programme wurden mit Hilfe von PVM auf die Rechner, Supercomputer oder Workstation-Cluster, verteilt. So entstand dann ein europaeischer Metacomputer.

Ein europaeisches Gigabit Integrated Network

Die Erfahrungen in der taeglichen Arbeit waren aber noch nicht so gut: So ist es fast unmoeglich, tagsueber interaktiv auf den entfernten Rechnern zu arbeiten. Mit derzeitigen Netzwerktechnologien koennen diese Rechner noch nicht als Metacomputer zusammengefasst werden. Erst ATM-Netzwerke ermoeglichen eine derartige Sicht- und Arbeitsweise. Weiterhin wurden die Moeglichkeiten des Remote Job Submission mittels NFS und anderer Systeme ausgetestet.

In "Pagein", das auch auf dem Technology Demonstrators Display bei der HPCN ausstellte, haben sich fast alle Forschungseinrichtungen Europas auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt, einige Industrieunternehmen und Universitaeten zusammengeschlossen. Unter Anwendungsaspekten werden Rechner unterschiedlicher Architekturen, Simulationen in der Stroemungsdynamik, Visualisierung und kooperative Arbeitsumgebungen mit Video- und Sprachuebertragung kombiniert. In Echtzeit kann der Entwicklungsingenieur aus dem Stroemungsbereich die im Rechner simulierte Stroemung um einen Gegenstand betrachten.

Die Kommission der Europaeischen Union konzentriert sich inzwischen sehr stark auf industriell orientierte Projekte, die spaeter direkt in die Entwicklung oder in Produkte einfliessen koennen. So werden traditionelle Programmpakete auf parallele Plattformen portiert und lassen sich dann direkt von der Industrie nutzen. Das typische Beispiel ist Nastran. Sicher bietet der Markt qualitativ bessere und modernere Systeme, in der Automobil- sowie Luft- und Raumfahrtindustrie ist das Paket jedoch ein Muss. Auf anderen Gebieten waere ein Neuanfang sinnvoll: die Erfahrungen aus alten Paketen in ein neu konzipiertes einfliessen zu lassen und dieses optimal auf Parallelrechner-Strukturen zuzuschneiden.

Die Konferenz und Ausstellung HPCN Europe 1995 bot wie schon 1994 ein Forum, um aktuelle Ergebnisse europaeischer Forschungsprojekte zu praesentieren und zu demonstrieren. So wird auch Amerika gezeigt, dass auf dem Feld des HPCN hier kraeftig gearbeitet und entwickelt wird.

*Uwe Harms ist Berater fuer Supercomputing in Muenchen.