Magnetbänder -Ja oder Nein?

24.10.1975

Sehr oft wird in vielen Rechenzentren die Frage diskutiert, ob man überhaupt Magnetbandeinheiten an das EDV-System anschließen soll oder nicht. Besonders wichtig ist dieses Problem für kleinere und mittlere EDV-Anlagen, die sich kostenmäßig etwa bis zu 60 000 DM oder etwas mehr erstrecken. Es gibt eine Reihe von Argumenten, an Hand der man den sinnvollen Einsatz von Magnetbändern überprüfen, kann.

Anläßlich der sehr hohen Übertragungsraten bei Magnetplatten, die im Bereich von ca. 800 000 Bytes pro Sekunde liegen, tun viele die Frage nach Bändern schon allein aufgrund der Übertragungsgeschwindigkeiten ab. Man vergißt hier, daß es seit längerem Bandeinheiten gibt, die eine Übertragungsgeschwindigkeit bis zu 1250 KB erreichen und daß die Geschwindigkeit bei Magnetplatten bei sequentiellen Prozessen auch durch die Umdrehungszeit mit bestimmt wird. Wenn die Zentraleinheit nicht schnell genug ist, kann mitunter eine volle Umdrehung der Platte notwendig werden, bis der nächste Satz gelesen werden kann. Somit kann es etwa möglicherweise ca. 40 msec dauern, bis ein Satz gelesen und verarbeitet ist. Bei schnellen Magnetbandeinheiten würde dies möglicherweise nur 10 msec dauern. Dies hängt hier entscheidend von den Start-Stoppzeiten ab, die bei leistungsfähigen Bändern bei ca. 2-8 msec liegen. Es bedarf also einer genauen Analyse, ob die Verwendung von Magnetplatten bei allen sequentiellen Prozessen sinnvoll sind bzw. ob sich Bänder aus der Sicht der Geschwindigkeit lohnen oder nicht.

Bei Dateien, deren Volumen nicht eindeutig bestimmbar ist und für die auch keine hinreichend genaue Schätzung des Volumens abgegeben werden kann, erweist sich die Bandverarbeitung als sehr flexibel, weil durch die Technik des Rollenwechsels ein Platzen der Dateien verhindert werden kann. Durch eine hohe Speicherdichte (6250 BPI) können die Rollen pro Datei zudem stark reduziert werden.

CPU-Auslastung

Bei größeren Systemen, die ausschließlich plattenorientiert gefahren werden, kann man feststellen, daß die CPU-Auslastung oft recht niedrig ist, weil die Magnetplatten nicht genügend Transaktionen durchlassen, um die CPU entsprechend auszulassen. Durch entsprechende Magnetbandeinheiten an einem separaten Kanal kann eine zusätzliche Ausnutzung der CPU erreicht werden, ohne daß die schnellen Platteneinheiten behindert werden. Man erreicht also insgesamt eine gleichmäßigere Auslastung von CPU und Kanälen.

Wenn man plattenorientierte Systeme auf ihre Sicherungspolitik hinsichtlich der Daten und Programme sowie Systemteile untersucht, stellt man fest, daß diese Punkte in den meisten Fällen sträflich vernachlässigt werden. Fragt man nach dem Gründen, so wird geantwortet, daß man doch nicht 2000 DM und mehr für eine Platte zur Sicherung der Dateien ausgeben kann. Dies sei viel zu teuer, außerdem brauche man dann ja vielleicht 20 Platten, und das sei nicht zu verantworten. Hier zeigen sich gravierende Nachteile, wenn keine Magnetbandeinheiten installiert sind. Die Inhalte von 20 Platten sind eben auf ca. 20-60 Bändern zu je 30 DM zu speichern, was dann nur 600 bis 1800 DM kostet. Bezieht man dann aber die Überlegungen hinsichtlich der Schutzfristen bei täglichen Verarbeitungsprozessen mit ein und unterstellt einmal eine Schutzfrist von 60 Tagen, so würde sich der gesamte Betrag um den Faktor 60 (bei 60 Arbeitstagen) vervielfachen. Vielen mag dies übertrieben erscheinen, wenn sie jedoch ihren ersten Reinfall selbst erlebt haben und mehr als 100 000 DM für eine Rekonstruktion wichtiger Dateien ausgegeben haben, werden sie anders denken.

Bei umfangreichen TP- und Datenbanksystemen kommt man kaum umhin, Bänder zu benutzen, um alle Bewegungen und Bestandsveränderungen permanent zu sichern. Hier bieten sich Bänder als ideales Medium an.

In manchen Betriebssystemen werden Bänder nur wenig aus der Sicht der Bandverwaltung unterstützt. Diesem Nachteil kann jedoch durch die Installation eines automatischen Bandverwaltungssystems abgeholfen werden, so daß hier nach der -Einführungsphase kein Aufwand mehr auftreten wird.

Anerkannterweise, haben Magnetplatten, die ständig online gehalten werden, sehr geringe Ausfallquoten. Diese sollten deutlich unter einer Stunde pro Einheit und Monat liegen. Derartige Werte lassen sich bei Bändern ebenfalls erreichen, allerdings ist der Weg dahin mühevoller.

Der Datenträgeraustausch ist eigentlich erst durch Magnetbänder wirkungsvoll möglich geworden. Datensammelsysteme geben in den meisten Fällen ein Magnetband für das EDV-System ab, ob mit oder ohne Pooler spielt hier keine Rolle. Offline-TP-Systeme bedienen sich in vielen Fälle der Magnetbänder. Es gibt also eine Vielzahl von Anwendungen für Magnetbänder, so daß man die Installation von Bändern sehr genau untersuchen sollte, ehe man sie zugunsten von Magnetplatten völlig

ablehnt.