Mäßige Noten für Oracles Support

29.10.2002
Von Martin Ottomeier
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Oracles Umstellung auf Internet-basierenden Support kommt bei den meisten Kunden nicht gut an. Vor allem Internationalisierung und Anonymität bei der Hilfestellung missfallen den Benutzern. Oracle rudert daher teilweise zurück.
Mit der Einführung des Internet-Supports hat sich dessen Qualität, einer Umfrage der Oracle-Benutzergruppe zufolge, verschlechtert.
Mit der Einführung des Internet-Supports hat sich dessen Qualität, einer Umfrage der Oracle-Benutzergruppe zufolge, verschlechtert.

Auf einer Skala von eins (gut) bis zehn (schlecht) bewerten die deutschen Anwender die Ergebnisse des Oracle-Supports bei der Lösung eines Problems im laufenden Betrieb lediglich mit fünf. Das hat die Deutsche Oracle Anwendergruppe (Doag) in einer Umfrage herausgefunden. Die amerikanische Oracle-Benutzergruppe kommt zu ganz anderen Ergebnissen: 91 Prozent der Anwender beurteilen die Produktservices als exzellent.

Fünf Monate verstrichen - Problem ungelöst

Lange Antwortzeiten, wenig Transparenz bei der Problemlösung, Kommunikationsprobleme - das sind die Hauptkritikpunkte der hiesigen Anwender bei der Meldung von Problemen (Technical Assistence Requests = TARs), über das Online-Support-System „Metalink“. So berichtet Markus Kistler, beim Bayerischen Landeskriminalamt für die Oracle-Datenbank zuständig, von einem Fall, in dem ein Problem seit fünf Monaten ungelöst ist. Auch Walter Hertle, Teamleiter Datenbanktechnologie bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, bevorzugt bei wichtigen Anfragen das Telefon, weil Fehlermeldungen über Metalink zu lange unbearbeitet bleiben.

Diese Erfahrungen spiegeln sich auch in der Doag-Untersuchung wider: Die Bearbeitungszeit bekommt von maximal zehn Punkten nur eine 4,2 - ein schwaches Ergebnis. Nur 18 Prozent der Befragten finden die Transparenz des Supportprozesses gut, 39 Prozent halten sie für verbesserungswürdig. Kein Wunder, dass 56 Prozent der Meinung sind, der Support habe sich in den vergangenen zwei Jahren verschlechtert.

Dafür machen die Kunden aber nicht nur die Supportmitarbeiter verantwortlich. Die Produktqualität sei zu schlecht, kritisiert Hertle und fordert Oracle auf, das zu ändern. Beispiele dafür kennt auch Karin Baur, für Oracles Unternehmenssoftware „E-Business-Suite“ bei der Sachsen LB verantwortlich: „Die Programme für die Euro-Umstellung waren nicht ausgereift.“ Sie fordert, dass das Consulting besser mit dem Support zusammenarbeiten soll, damit es sich nicht erst im laufenden Betrieb herausstellt, wenn neue Releases fehlerbehaftet sind.

Unerfahrene Support-Mitarbeiter

Doch auch die Supportmitarbeiter müssen Kritik einstecken. Durch das Online-Verfahren können erfahrene Anwender mit unerfahrenen Supportern zu tun haben und umgekehrt. Dann erfordert es einige E-Mails, bis eine gemeinsame Ebene in der Kommunikation gefunden wird. Außerdem arbeitet der Support zu häufig mit Methoden, die im heute üblichen 24-Stunden-Betrieb unpraktikabel sind, zum Beispiel das prophylaktische Einspielen von Patches oder Upgrades. „Es ist wenig hilfreich, wenn ein Patch empfohlen wird, ohne dass klar ist, dass dieser auch hilft“, ärgert sich LKA-Mann Kistler.

Dass Metalink noch nicht optimal arbeitet, hat auch Oracle gemerkt. Das Programm soll „in näherer Zukunft“ durch eine neue Version abgelöst werden, verspricht der Hersteller. Sie werde kontextgesteuerte Suchmaschinen enthalten. Außerdem will Oracle mehr Informationen über die Anwendersysteme vorhalten und im Fehlerfall durch Diagnoseprogramme beim Anwender zusätzliche Daten abrufen.

Der oft geäußerten Kritik an der Korrespondenzsprache Englisch ist der Hersteller bereits durch eine Umorganisation und die Einrichtung lokaler Supportzentren begegnet. Nun soll es nicht mehr geschehen, dass deutschsprachige Anwender englische Antworten erhalten, obwohl sie ausdrücklich die Verständigung in Deutsch wünschen. Trotzdem werden die Anwender über kurz oder lang nicht um Englischkenntnisse herumkommen: „Wir können in drei Jahren nicht mehr für alle Produkte Support in der Landessprache anbieten“, stellt Andreas Reuter, Manager Functional Support Customer Support Services bei Oracle, klar. Die Kommunikation in Englisch werde daher gefördert - oder meint er gefordert?