Umfrage bei 320 Apple-orientierten US-

Mac-Anwender klagen über Windows und schwachen Support

25.01.1991

FRAMINGHAM (IDG) - Die breite Masse der Macintosh-Anwender sind mit der Apple-Maschine zufrieden. Nach einer Umfrage unter US-Anwendern wächst aber allmählich der Unmut über die schwachen Support-Leistungen der Apple Corp. und über mangelnde Vernetzungsfähigkeit der Rechner.

Darüber hinaus beklagen sich die Mac-Anwender darüber, daß seit der Einführung von Windows 3.0 immer mehr Mac-typische Anwendungen auch auf PCs angeboten werden. Und schließlich könnten Budgetkürzungen wegen der angespannten Wirtschaftslage die Anschaffung von Macs behindern.

Mit der PC-Benutzeroberfläche Windows 3.0, die das Macintosh-User-Interface imitiert, habe der Mac, so die Anwender, sein wichtigstes Alleinstellungsmerkmal verloren, und Apple habe es versäumt, mit neuen technischen Innovationen auf Windows zu antworten. Wichtigstes Argument für Windows ist nach der Meinung vieler US-DV-Leiter, die bisher auf den Mac setzten, die Multitasking-Fähigkeit von Windows. Im Bereich Vernetzungsfähigkeit hatte sich die Mehrzahl der 320 vom US-Magazin "Computerworld" Befragten mehr von Apple erwartet.

Eine weitere Klage vieler Anwender: Sind Apple-Systeme einmal im Unternehmen installiert, wird von Apple in Sachen Support und Service kaum etwas geleistet.

In diesen Schwachpunkten sehen die Anwender auch den Hauptgrund dafür, daß Third-Party-Anbieter immer weniger Mac-Produkte herstellen. Besonders die Softwarehäuser entwickeln jetzt ihre Applikationen zuerst für Windows, bevor sie sich um die Mac-Version kümmern. Das war früher anders: Gerade der technische Vorsprung bei den jeweils neuesten Applikationssoftware-Produkten unter der grafischen Benutzeroberfläche war für viele Mac-Anwender einer der Hauptgründe, sich für den Apple-Rechner zu entscheiden.

Trotz dieser Probleme halten die meisten Befragten weiterhin Apple die Stange: 84 Prozent meinten, sie werden weiterhin Macintosh-Rechner kaufen, auch wenn 386er und 486er PCs und Windows-Applikationen immer billiger werden sollten.

DV-Leiter kaufen selten "Billig-Macs"

Immerhin haben etwa 14 Prozent nach der Einführung von Windows 3.0 das Interesse am Apple-Rechner verloren und auf DOS-Systeme umgestellt. Interessant ist hier auch der Umstand, daß die Einführung der beiden "Billig-Macs" Classic und LC keinen Einfluß auf die Entscheidungen der US-DV-Leiter hat. 85 Prozent der Befragten erklärten, die Billig-Macs spielen in ihren Anschaffungsplänen keine Rolle.

Zum größten Feind für Apple droht zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber nicht Windows 3.0 zu werden, sondern die schlechte Wirtschaftslage in den Vereinigten Staaten und der damit verbundene Zwang zu Einsparungen. Aufgrund von Budgetkürzungen können 65 Prozent der Befragten in den nächsten zwölf Monaten keine weiteren Macs kaufen.

Ein weiteres Ergebnis der "Computerworld"-Umfrage ist, daß die Mehrzahl der Macintosh-Rechner in Unternehmen immer noch in den "klassischen" Mac-Anwendungsfeldern eingesetzt wird: 60 Prozent setzen ihn im Desktop-Publishing-Bereich ein, 46 Prozent für Grafiklösungen.

Saurer Apfel für die Macintosh-Szene

Nun scheint einzutreffen, was viele Mac-Enthusiasten befürchtet hatten: Seit der Einführung von Windows 3.0 konzentrieren sich die Softwarehersteller auf die Microsoftumgebung. Entwicklungen für den Macintosh werden ins zweite Glied geschoben. Für manchen Mac-Anwender ist das ein schwerer Schlag, hatte er doch mit dem einstigen Avantgarde-PC auch die Befriedigung erworben, immer als erster die anwenderfreundlichste Software zu bekommen. Die Antworten Apples auf Windows kamen zu spät. Mit den Billig-Macs Classic und LC sollen zwar neue Anwenderkreise erschlossen werden, dafür warten die alten Mac-Anwender immer noch auf die neueste Betriebssystemversion und andere Verbesserungen.

Trotz dieser Verspätungen scheint Apple aber auf dem richtigen Weg zu sein. Die Macintosh- Welt öffnet sich immer mehr den verbreiteten PC-Standards, mit A/UX wird eine Unix-Variante für Top-end-Macs geboten, unter der sowohl Unix-Software als auch Mac-Programme laufen. In Sachen Netzwerkanbindung tut sich ebenfalls etwas. Laptops von Drittherstellern sollen demnächst kommen. Auch in Sachen Preispolitik haben sich die Kalifornier dem Markt angepaßt - die Preisunterschiede zwischen PCs und Macs aller Leistungsklassen sind nur noch gering. Was aber bisher fehlt, ist eine Strategie, die den Macintosh aus seiner Nischenexistenz als Electronic-Publishing-Maschine herausheben könnte und eine Perspektive, die in die PC-Zukunft - Stichwort "Multimedia" - weist. Alle diese Verspätungen und Versäumnisse könnten sich jetzt in Verbindung mit Budgetkürzungen bei den Anwendern kritisch für Apple auswirken.

zek