Cloudreach und Claranet auf Shopping-Tour

M&A-Welle im Markt für Managed Cloud Services

25.09.2017
Von 
Dr. Carlo Velten schreibt als Experte zu den Themen Cloud-Platforms und -Developers, Enterprise Cloud Management und Digital Business. Dr. Carlo Velten ist CEO des IT-Research- und Beratungsunternehmens Crisp Research AG. Seit über 15 Jahren berät Carlo Velten als IT-Analyst namhafte Technologieunternehmen in Marketing- und Strategiefragen.
Nach der Finanzspritze von Blackstone geht der Cloud-Native Managed Service Provider Cloudreach auf Einkaufstour.

Mittlerweile ist es nicht mehr nur die Digitalisierung, die die Nachfrage nach Infrastructure- und Platform-as-a-Service-Diensten anheizt. Auch die Verlagerung und Transformation von klassischen Enterprise-Workloads und Unternehmensprozessen auf die Cloud-Plattformen von AWS, Azure, Google und Co. treibt die Nachfrage voran. Crisp Research geht daher in aktuellen Prognosen von einem dynamischen Wachstum der Cloud-Ausgaben von derzeit 35 Milliarden Dollar auf rund 83 Milliarden in 2020 aus.

Managed Service Provider wollen sich durch Zukäufe Cloud-­­­­­­­­Skills und Marktzugang sichern.
Managed Service Provider wollen sich durch Zukäufe Cloud-­­­­­­­­Skills und Marktzugang sichern.
Foto: Ferbies - shutterstock.com

Da die "Cloud-Transition" bestehender Anwendungen sowie die Neuentwicklung von "Cloud-native Apps" und modernen Serverless-Architekturen aber ein entsprechendes Know-how und genügend Ressourcen benötigt, die derzeit in vielen Unternehmen noch fehlen, haben diejenigen IT-Dienstleister eine hohe Nachfrage zu verzeichnen, die sich exzellent mit den Public-Cloud-Plattformen auskennen.

So verzeichnen die sogenannten "Managed Public Cloud Service Provider" eine hohe Nachfrage, die sich über organisches Wachstum alleine nicht mehr decken lässt. Analog zu den IT-Abteilungen der Konzerne und Mittelständler fällt es auch den Managed Service Providern nicht leicht, an talentierte Mitarbeiter mit Cloud-Skills zu kommen. Die Akquise spezialisierter Cloud-Dienstleister und kleinerer Wettbewerber ist somit eine sinnvolle Wachstumsstrategie.

Im Public-Cloud-Markt ist bis 2020 weiter mit hohen Wachstumsraten zu rechnen.
Im Public-Cloud-Markt ist bis 2020 weiter mit hohen Wachstumsraten zu rechnen.
Foto: Crisp Research AG, 2017

Durch den Cloud-Boom, der sich bis in die Finanzbranche herumgesprochen hat, ist auch das Finanzierungsumfeld günstig. So erhalten die etablierten und smarten Managed Service Provider derzeit spielend Kapital zur Finanzierung entsprechender Akquisitionen. Die Investment-Story zielt primär auf den Zukauf von Talent und Kundenbeziehungen ab und vereinfacht in diesem Sinne auch die Due Diligence und Unternehmensbewertung. Anders verhält es sich, wenn Technologien und andere Software-basierte Assets Teil des Deals sind. Gefragt ist heute alles, was die Cloud-Transition vereinfacht und beschleunigt und den Cloud-Betrieb im Anschluss zu automatisieren hilft. Managed Cloud Provider, die hier über entsprechende Tools, Benchmarkdaten und Automatisierungs-Workflows verfügen, haben somit ein Ass im Ärmel, wenn es um Verkaufsgespräche mit Investoren und größeren Wettbewerbern geht. Als wesentliche Markttrends und Treiber lassen sich somit zusammenfassen:

  • Die Nachfrage nach Cloud-Skills wächst weiterhin dynamisch parallel zum Cloud-Markt

  • Managed Cloud Service Provider suchen händeringend nach qualifiziertem Cloud-Personal

  • Beteiligungs- und Fremdkapital steht für Akquisitionen zur Verfügung

  • Akquisitionen von Cloud-Spezialisten sind deshalb ein attraktives Element der Wachstums- und Unternehmensstrategien etablierter IT-Service Provider

Cloudreach, Claranet und Basefarm gehen einkaufen

Cloudreach zählt zu den Pionieren im Markt für Managed Cloud Services, man könnte auch sagen der "Cloud-native Service Provider". So hat die von Pontus Noren 2009 in Großbritannien gegründete Firma nie ein Rechenzentrum oder größere Server-Farmen besessen. Der Fokus liegt rein auf Transformation und Managed Services auf Basis der Public Cloud-Plattformen. Das Unternehmen hat das letzte Geschäftsjahr mit rund 60 Millionen Dollar Umsatz beendet und beschäftigt rund 250 Mitarbeiter.

Die Expertise und die Wachstumsaussichten im Cloud-Markt haben das Private Equity-Schwergewicht Blackstone zu einem Investment in Cloudreach animiert. So verfügt Cloudreach seit Februar 2017 über frisches Geld und strategischen Beistand bei Akquisitionen. Im Rahmen einer Buy-and-Build-Strategie hat Cloudreach mit ETA und Cloudamize erste, wenn auch kleinere, Akquisitionen getätigt. Weitere werden wohl folgen. Wettbewerber sollten sich aufgrund der Kapitalstärke von Blackstone und des ambitionierten Managementteams auf Seiten von Cloudreach auf jeden Fall in acht nehmen.

Wie sich Cloudreach in der DACH-Region entwickelt, hängt maßgeblich von zwei Faktoren ab: Zum einen Customer Access und Market Awareness, zum anderen Recruiting Capabilities. So ist die Bekanntheit von Cloudreach in der DACH-Region noch gering. Nur wenige CIOs und Cloud Manager haben die Briten derzeit auf der Shortlist. Zudem muss Cloudreach auch seine Service-Mannschaft in der Region stärken, um mit den lokalen Cloud-Playern mithalten zu können. Wenn Cloudreach die Vielzahl der ausgeschriebenen Job-Positionen in nächster Zeit besetzen kann, hat man zumindest gute Karten.

Mit Claranet zählt ein weiterer Managed Service Provider aus Großbritannien zu den maßgeblichen Playern im Managed Cloud-Markt. Auch wenn Claranet erst etwas später gestartet ist und zudem noch eigene Data Center und Infrastrukturen betreibt, hat man vor einigen Jahren strategisch in den Bereich Managed Public Cloud Services investiert - und entsprechend akquiriert. Erst kürzlich hat Claranet mit frischem Geld alter und neuer Investoren insgesamt drei IT- und Cloud-Spezialisten übernommen. So zählen nun Sec-1 (UK), Oxalide (Frankreich) und ITEN Solutions (Portugal) zur Claranet-Gruppe. Mit diesem Schritt hat Claranet rund 100 Millionen Euro Umsatz sowie weitere Cloud-Skills zugekauft. In Kombination mit neuen Partnerschaften, zum Beispiel mit Google (Google Cloud Platform), will Claranet das Multi-Cloud-Geschäft weiter ausbauen und vor allem Kunden mit agilen, digitalen Workloads durch einen 24/7 Managed Cloud Service unterstützen.

Mit dem Geld von Investoren kauft sich auch der skandinavische Managed Service Provider Basefarm den Kundenzugang und Marktanteile in der DACH-Region. So wurde kürzlich der Berliner Cloud- und Big Data-Spezialist Unbelievable Machine durch die Norweger übernommen. Mit einer Reihe interessanter Kunden sowie einer hohen Expertise im Bereich von Machine Learning waren die Berliner ein attraktives Ziel.

Denn eines ist klar: die Anzahl an interessanten Kandidaten ist begrenzt. Managed Service Provider mit ausgewiesener Cloud-Expertise hinsichtlich AWS, Azure, Google Cloud Platform & Co. sind selten in der DACH-Region. Hinzu kommt, dass die Bewertungen derzeit auf einem relativ hohen Niveau liegen und einige Unternehmer geführte Cloud Service Provider auch gar nicht verkaufen wollen. Warum auch, wenn der Markt gerade wächst und das Business Spass macht. Cloudreach, Claranet und Co. müssen also die Augen aufhalten und sich kreative Ansätze ausdenken, um weiter anorganisch zu wachsen.