Lufthansa und BMW mit verschiedenen Konzepten, aber gleicher Prämisse:Vernetzung baut auf vorhandene Infrastruktur

20.11.1987

MÜNCHEN (ab) - Der Einsatz von Personal Computern in Unternehmen steigt stetig, doch die Vernetzung der Mikros gilt vielerorts noch als Pionierarbeit. Während beispielsweise die Deutsche Lufthansa bereits zum LAN-Höhenflug angesetzt hat, traut BMW einer lokalen Vernetzung noch nicht. Die Erfahrungen mit unterschiedlichen Lösungsansätzen standen jetzt im Mittelpunkt des Battelle-Jahreskongreßes in München.

"Die Informationsflut (in Verwaltung und Fabrik) wird sich innerhalb der nächsten fünf bis sieben Jahre verdoppeln", erwartet Roger Quassowski, verantwortlich für Büro- und Benutzerinformationsverarbeitung bei der Bayerischen Motorenwerke AG in München. Die Entscheidungsgremien der Unternehmen seien daher jetzt gefordert, Integrationsarbeit bei den Bereichen Produktion, Benutzer und Büro zu leisten. Dabei dürfen allerdings nach Ansicht des BMW-Managers keine Einzelschritte im Organisationsablauf ausgeschaltet werden. Vielmehr müssen die einzelnen Tätigkeiten optimiert werden. "Ganzheitliche Betrachtungsweise" steht für Quassowski hier im Vordergrund.

Der Münchner Automobilkonzern entschied sich für eine IBM-Lösung, mit deren Herzstück, einer 3090, das Bürokommunikationssystem Disoss betrieben wird. Direkt im Disoss-Verbund befinden sich 7000 "dumme" Terminals. An Rechnern der zweiten Ebene einer IBM 43XX und einer SNA-Gateway-Maschine für die DEC-Welt - hängen insgesamt 1800 über SNA zusammengeschlossene Personal Computer von Big Blue beziehungsweise Digital Equipment. Während sich die Zahl der PCs bis zu Beginn der nächsten Dekade auf 4000 bis 5000 Stück erhöhen soll, sieht Quassowski die Menge der "dummen" Terminals lediglich auf 8000 steigen. Einen Rechnerverbund in lokalen Netzen planen die Münchner Automobilbauer indes nicht: "An LANs trauen wir uns noch nicht heran". Im Augenblick laufen nur ein paar Token-Ring-Netze zur Probe - jedoch ohne Hoffnung auf Realisierung in naher Zukunft.

"Wir sind hochgradig IBM-kompatibel, aber nicht 100 Prozent, meint der DV-Verantwortliche mit Blick auf die wenigen Nicht-IBM-Anbieter, die an der PC-Ausstattung der 14 000 BMW-Angestellten beteiligt waren. Neben DEC können auch Hewlett-Packard, Apple und Commodore auf Installationen verweisen. Daß sich auch heterogene Komponenten im System halten, dürfte allerdings Quassowskis Ausführungen zufolge auf das BMW-Gebot zurückzuführen sein, die vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Außerdem verfügen die Rechner über Schnittstellen für die Disoss-Umgebung.

Mehr Mut in Sachen LAN zeigt dagegen die Deutsche Lufthansa AG, die einen Ethernet-Rechner-Verbund mit heterogenen Maschinen

realisiert hat. Punktuell sollen an den derzeit 7000 Büroarbeitsplätzen Kommunikations-Systeme eingeführt werden, die dem Benutzer über lokale Netze Zugriff auf gemeinsame Ressourcen ermöglichen. Eingesetzt werden am Standort Köln der bundesdeutschen Airline die Office-Systeme NS 8000 von Rank Xerox und die Siemens-Anlage 5800.

Die Voraussetzungen für die interne Kommunikation hatte die Lufthansa bereits zu Beginn der 80er Jahre im Rahmen eines Pilotprojekts geschaffen. In der Testphase lief das Rank-Xerox-Produkt. Neben den technischen Neuerungen habe man aber auch die Mitarbeiterstruktur untersucht, schildert Klaus Kinder, zuständig für die Abteilung Bürokommunikation. Um isolierte Bereichslösungen zu vermeiden, wurde der "Technik-Bedarf" unternehmenseinheitlich ermittelt und daraus ein Bedürfnis-Katalog der Anwender erstellt. Über die Forderung nach besserer Textgestaltung hinaus wollten die User die Papierflut eindämmen oder elektronisch ablegen können sowie auf Daten der Großrechner zugreifen.

Entsprechend dem "Prinzip der groben Flächendeckung" zielt die langfristige Planung des Unternehmens auf die Ausstattung jedes Büromitarbeiters mit einem Bildschirmgerät. Relativiert wird diese Vorgabe indes durch die Vorstellung der Lufthansa, Systeme gemeinschaftlich zu nutzen. "Dienstliches Eigentum" darf es laut Kinder nicht geben. Fünf oder sechs Nutzer sind seiner Meinung nach bei sogenannten Wenignutzern eine angemessene Zahl von Anwendern.