Lufthansa Systems nimmt Kampf auf

28.06.2005
Der IT-Dienstleister will mit einer eigenen Plattform gegen die Global-Distribution-Systems-(GDS-)Anbieter antreten. Die Konzernmutter Lufthansa plant dagegen, mit dem Konkurrenten Amadeus zusammenzuarbeiten.

Lufthansa Systems versucht mit der neuen technischen Plattform "Future Airline Core Environment" (Face) sein angestammtes Terrain als Airline-IT-Dienstleister zu verteidigen. Die Lufthansa-Tochter war von den Reservierungssystem-Betreibern in den zurückliegenden Monaten zunehmend an die Wand gespielt worden. So hat nach Informationen der computerwoche die Star Alliance, der auch die Lufthansa angehört, dem spanischen GDS-Provider Amadeus den Auftrag zum Aufbau einer gemeinsamen IT-Plattform erteilt. Ziel des Großprojekts ist es, die zentralen Kernfunktionen wie Reservierung und Ticketing der 16 Star-Alliance-Fluglinien über eine gemeinsame Hard-und Softwareplattform zu betreiben. Eine offizielle Bestätigung des Deals steht bislang jedoch noch aus.

Wolfgang Gohde, CEO von Lufthansa Systems, will diese Entscheidung, die einen herben Rückschlag für das eigene Geschäft bedeuten würde, nicht kommentieren. "Bis die Tinte unter den Verträgen nicht trocken ist, bleibt die Entscheidung offen", hofft der Chef des IT-Dienstleisters.

Airlines erhöhen Druck auf GDS-Provider

"Die Position der Lufthansa mag seltsam erscheinen", räumt Gohde ein. "Sie ist jedoch eindeutig auf Wettbewerb ausgerichtet." So beabsichtige die Konzernmutter mit ihrer Strategie, den Wettbewerb im Markt zu fördern und damit die Kosten weiter zu drücken. Viele Airlines ständen derzeit vor einschneidenden Veränderungen. Das geringere Flugaufkommen seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sowie die anhaltend hohen Ölpreise setzten den Unternehmen stark zu. Daher seien die Fluglinien nicht mehr bereit, die hohen Gebühren der GDS-Anbieter zu bezahlen. Pro Ticket müssten die Airlines laut Angaben des Branchenverbandes IATA durchschnittlich zwölf Dollar an Amadeus, Sabre, Galileo und andere abführen.

Gohde rechnet damit, dass der Druck auf die GDS-Anbieter wachsen wird und diese ihre Marktdominanz verlieren werden. So forderten jüngst Vertreter der Star Alliance deutliche Preissenkungen von Amadeus & Co. Holger Taubmann, Chef der deutschen Amadeus-Tochter, bestätigte, dass die Geschäfte schwieriger würden. Der GDS-Markt werde voraussichtlich langfristig stagnieren oder sogar zurückgehen. Als Ausgleich wollen die Anbieter ihr Online-Geschäft forcieren und zunehmend IT-Dienstleistungen für die Airlines anbieten.

Diesen Angriff will Lufthansa Systems mit Face abwehren. Rund 40 Millionen Euro hat der Dienstleister in die Entwicklung des Systems gesteckt. Face decke alle Kernprozesse von Fluglinien ab, wirbt Gohde. Er hebt vor allem die Unabhängigkeit des Systems von den GDS-Plattformen hervor. Airlines seien mit Face nicht mehr an das Angebot eines einzelnen Providers wie beispielsweise Amadeus gebunden, sondern könnten unterschiedliche Distributionswege wählen, wie beispielsweise die Angebote verschiedener GDS-Anbieter oder Online-Vertriebsmöglichkeiten.

Garuda Indonesia will IT-Systeme auf Face migrieren

Ferner lasse sich Face aufgrund der modularen Struktur an die Bedürfnisse verschiedener Fluglinien anpassen - von der Billig-Airline bis hin zum global operierenden Flugkonzern. Aufgrund dieser Vorteile könnten die Anwender Kosten einsparen, verspricht Gohde. In welcher Höhe, sagt der CEO jedoch nicht. Auch Preisspannen will Gohde nicht nennen. Schließlich wolle man dem Wettbewerb keine Angriffspunkte bieten.

Noch fehlt dem Lufthansa-Systems-Mann die breite Unterstützung für seine Plattform. Zum Start kann er mit Garuda Indonesia lediglich eine Fluglinie als Face-Kunden präsentieren. Im Rahmen eines Joint Ventures planten die Indonesier, ihre IT-Systeme ab 2007 auf der neuen Plattform laufen zu lassen. Es gebe jedoch viel versprechende Verhandlungen in den USA und Europa, beteuert der Lufthansa-Systems-Leiter. Auch mit Star-Alliance-Mitgliedern sei man im Gespräch.

Entscheidung pro Amadeus drückt Umsatz der IT-Tochter

Eine Entscheidung der Lufthansa pro Amadeus will der CEO nicht als Rückschlag für sein Unternehmen werten. "Sicher wird dies Einfluss auf den Umsatz haben", räumt er ein, "aber nur kurzfristig." Die konkreten Effekte seien schwer abzuschätzen. Lufthansa Systems sei durchaus in der Lage, wegfallendes Geschäft mit der Mutter durch neue Märkte auszugleichen. Außerdem betreue der Serviceanbieter nach wie vor die Kernsysteme des deutschen Kranichs. Zudem sei nicht davon auszugehen, dass es einem Dienstleister allein gelingen werde, alle 16 Star-Alliance-Mitglieder auf eine gemeinsame IT-Plattform zu hieven, stichelt Gohde in Richtung der neuen Konkurrenz. Dazu seien die Systeme zu komplex und die für diese Aufgabe zur Verfügung stehende Zeit zu kurz.