Customer-Touchpoint-Management

Loyale Kunden schaffen und fürs Marketing einspannen

10.03.2014
Von 


Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenzentrierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Customer Touchpoint Manager aus. 
Ob die Kunden immer wieder gerne kaufen, entscheidet sich in den "Momenten der Wahrheit" an den Touchpoints eines Unternehmens. Vor den Kunden ist immer Showtime. Doch die Rollen haben sich vertauscht. Die neuen Vermarkter sind die Konsumenten selbst. Unternehmen können nur noch dann überleben, wenn die Kunden und ihre Netzwerke sie lieben. Dazu benötigen sie ein effizientes Touchpoint-Management.

Touchpoints sind Berührungspunkte zwischen Unternehmen und Kunden. "Momente der Wahrheit" nennt man sie auch, seit Jan Carlzon, langjähriger Chef der skandinavischen Fluggesellschaft SAS und Buchautor, diesen Begriff prägte. Im Marketing-Deutsch hingegen wird Touchpoint meist mit Kontaktpunkt übersetzt. Doch dies ist ein unterkühlter, versachlichter, technokratischer Begriff. Das Wort Berührungspunkt drückt sehr viel besser aus, wie die Kundenbeziehungen in Social-Media-Zeiten neu zu gestalten sind. Denn wer heutzutage Menschen erreichen will, der muss sie "berühren" und Emotionalität zum Schwingen bringen.

Loyale Kunden schaffen und fürs Marketing einspannen
Loyale Kunden schaffen und fürs Marketing einspannen
Foto: Jakub Jirsak, Fotolia.com

Eine Berührung braucht Freiwilligkeit. Sie muss zugelassen werden. Hiermit ist eigentlich schon alles über eine gute Kundenbeziehung gesagt: bitten statt auffordern, einladen statt aufdrängen, hinhören statt zuquatschen, fragen statt sagen, hinschauen, interagieren, sich kümmern, Interesse, Respekt und Wertschätzung zeigen. Wenn schließlich dann noch ein Hauch von Magie und eine Brise Sternenstaub hinzugefügt werden, dann weckt dies heftiges Habenwollen. Es fasziniert und macht Anbieter unvergleichlich. Und viel wichtiger noch: Es macht sie "unkopierbar".

Touchpoints zwischen realer und virtueller Welt

Wie war das Leben leicht, als es nur ein paar wenige Touchpoints gab: klassische Werbung mit Anzeigen, TV- und Radiospots oder Plakaten sowie die dialogische Interaktion, sei es telefonisch, persönlich oder schriftlich waren Standard. Heute sind die Touchpoints dort, wo die Kunden ihre Zeit verbringen, nämlich im Hin und Her zwischen physischer und virtueller Welt, "social" und "mobile" vernetzt. All diese Touchpoints so virtuos zu verknüpfen, dass Transaktionen für kaufwillige Kunden immer wieder begehrenswert sind und positive Mundpropaganda bewirken, das ist heute die große Herausforderung und Kunst.

Dazu bescheren uns emsige Softwareschmieden fast täglich neue Tools, die digitale wie auch mobile Interaktionen zwischen (potenziellen) Kunden und Unternehmen möglich machen und das Internet mit dem Outernet in Echtzeit verbinden. Es gerät für Anbieter wie auch Konsumenten schon fast zu einer Sisyphusarbeit, Passendes auszuwählen und für sich zu erschließen.

So kommen selbst bei mittelgroßen Unternehmen heute schnell mehr als hundert potenzielle Touchpoints zusammen. Die Zahl an sich ist schon verwirrend genug. Viel entscheidender ist aber die Frage, auf welche Touchpoints sich das Unternehmen schließlich im Zuge eines strategischen Touchpoint-Managements konzentrieren soll, welche sich neu kombinieren lassen, welche vernachlässigt werden können, welche gestrichen werden müssen und welche womöglich noch fehlen. Wie das geht? Mit Customer- Touchpoint-Management.

Customer-Touchpoint-Management

Der Customer-Touchpoint-Management-Prozess (CTMP) besteht aus folgenden vier Schritten:

  1. In der Ist-Analyse gilt es, die kundenrelevanten Touchpoints systematisch zu erfassen sowie die jeweilige Ist-Situation der Touchpoints zu dokumentieren - und zwar aus Kundensicht.

  2. Im Zuge der Soll-Strategie wird die optimale Soll-Situation für die zu betrachtenden Touchpoints definiert, um daraufhin passende Vorgehensweisen zu suchen und zu finden.

  3. In der Phase der operativen Umsetzung geht es erst um die konkrete Planung der erforderlichen Maßnahmen, die zur Soll-Situation führen, und anschließend um deren Umsetzung.

  4. Mit dem Monitoring erfolgt schließlich das Touchpoint-spezifische Messen der Ergebnisse. Darauf aufbauend werden, wenn nötig, die kundenrelevanten Prozesse immer weiter optimiert.

Touchpoint Management Prozess
Touchpoint Management Prozess
Foto: Anne Schüller

In die einzelnen Prozessschritte werden nicht nur die Kunden, sondern auch die kundennahen Mitarbeiter intensiv eingebunden. Sogenannte Quick-wins, also schnelle Ergebnisse, sollten dabei im Vordergrund stehen. Denn die Kunden von heute warten nicht lange, bis ein Unternehmen endlich voll durchgeplant in die Gänge kommt. Bei der kleinsten Unzufriedenheit sind sie auf und davon. Und im Web erzählen sie der ganzen Welt, warum das so ist.

Ziele des Customer-Touchpoint-Managements

Die intensive Auseinandersetzung mit allen Touchpoints dient folgenden Einzelzielen:

• Aufbau von Bekanntheit und Reputation,

• Stärkung von Marke und Preisbereitschaft,

• Produkt-, Qualitäts-, Prozess- und Serviceverbesserungen,

• Neukundengewinnung und Wiederkauf,

• Koordination der Kundenbeziehungspflege,

• Aufbau einer dauerhaften Kundenloyalität,

• Positive Mundpropaganda und Weiterempfehlungen,

• Eindämmen von Kundenschwund und Negativpropaganda,

• Vorbeugen und Abschwächen von Reklamationen,

• Steigerung von Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit,

• Ressourcenoptimierung (Zeit, Manpower, Geldmittel) sowie

• Erwirtschaften eines höheren Return on Investment.

Super-Touchpoints stärken Kundenloyalität

Das Hauptanliegen ist dabei, solche Interaktionspunkte in den Vordergrund zu rücken, die ein markentypisches Erlebnis schaffen und zu einer rentablen Kaufentscheidung beitragen. Darüber hinaus sollen jene Berührungspunkte favorisiert werden, die Kundenloyalität und Empfehlungsbereitschaft am nachhaltigsten stärken. Diese werden auch als Super-Touchpoints bezeichnet. Sie werden durch Touchpoint-spezifische Kundenbefragungen ermittelt.

Bei alldem kooperiert man mit den Kunden und bindet sie aktiv in die Abläufe ein. Man macht sie also zu Mitwissern und Mitgestaltern, wo es nur geht. Dies senkt nicht nur das unternehmerische Risiko, sondern baut zusätzliche Eintrittsbarrieren für den Wettbewerb auf. Denn wenn man Menschen zeigt, dass man sich für ihre Meinung interessiert und ihnen Mitwirkungsmöglichkeiten gibt, verändert sich deren Haltung zum Unternehmen positiv.

Touchpoints - Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute Managementstrategien für unsere neue Businesswelt.
Touchpoints - Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute Managementstrategien für unsere neue Businesswelt.
Foto: Anne M. Schüller

Fazit

Insgesamt erhalten B-to-C- wie auch B-to-B-Entscheider großer und kleiner Unternehmen mit dem Customer-Touchpoint-Management ein praxisnahes, schnelles und einfaches Navigationssystem, mit dessen Hilfe die zunehmende Online-Offline-Komplexität beherrschbar wird. Durch eine kontinuierliche Arbeit an den Touchpoints werden sich alle Unternehmensbereiche stärker miteinander vernetzen und abteilungsübergreifend für die Kundeninteressen tätig sein. So können mögliche Wirkungszusammenhänge zwischen den Kanälen und Kontaktpunkten erkannt sowie auch Synergie- und Kannibalisierungseffekte aufgedeckt werden. Die ultimativen Ziele: deutlich zunehmende Kundenloyalität sowie beträchtliches Neugeschäft durch ein engagiertes Weiterempfehlen bestehender Kunden. (pg)