Die Goldgräberstimmung ist vorbei

Low-end-PCs sollen Compaq aus der Produktmisere helfen

14.02.1992

MÜNCHEN (bk) - Der Compaq Computer Corp., PC-Highflyer der vergangenen Jahre, sind die Flügel gestutzt worden. Die US-Company, seit letztem Oktober unter Leitung des Deutschen Eckhard Pfeiffer, erlebte 1991 ihr bislang schlechtestes Geschäftsjahr. Der Umsatz sank um neun Prozent von 3,6 auf 3,3 Milliarden Dollar, der Gewinn fiel gar um 71 Prozent von 455 auf 131 Millionen Dollar.

Zum erstmaligen Umsatzrückgang in der Geschichte des Unternehmens erklärte Compaq-President Pfeiffer, der nunmehr seit 100 Tagen im Amt ist: "Zwar haben die Absatzzahlen leicht zugelegt, doch konnte sich dies aufgrund des Preiskrieges in den USA nicht positiv auf die Einnahmen niederschlagen." Zu schaffen gemacht habe Compaq - wie nahezu der gesamten Computerbranche - zudem die anhaltende Rezession vor allem in den USA. Noch schlimmer indes wäre es für die Texaner gekommen, hätte nicht das ebenfalls unter Wachstumsschwäche leidende Europa-Geschäft trotz eines Umsatzrückganges von 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr noch 1,73 Milliarden Dollar und damit 53 Prozent zu den Gesamteinnahmen beigesteuert. Die deutsche GmbH mit Sitz in München wiederum trug zum Europa-Umsatz, 1991 rund 524 Millionen Mark bei nach 492 Millionen Mark im Vorjahr.

Zur Jahresmitte die ersten Low-end-PCs

Der "erhebliche Rückschlag" bei den Erträgen, so Pfeiffer weiter, sei vor allem das Resultat der im dritten Quartal beschlossenen und im vierten Abschnitt eingeleiteten umfangreichen Umstrukturierungsmaßnahmen. Diese sind mittlerweile abgeschlossen und hatten neben der Aufteilung Compaqs in eine PC- und eine Systems-Division auch die Straffung der Kostenstruktur zur Folge. Die neue Unternehmensgliederung, betonte Pfeiffer, sei überfällig gewesen. "Wir sind in das Systemgeschäft hineingerutscht, ohne die organisatorischen Voraussetzungen dafür zu haben." Mit der System-Division habe man nun neben der Organisation auch die notwendigen Ressourcen und die spezifische Strategie, um in diesem Geschäft mithalten zu können.

Mit der PC-Division verfolgt Compaq das Ziel, künftig auch im preisaggressiven PC-Wettbewerb mitspielen zu können. Die Texaner, die sich in der Vergangenheit ganz den qualitativ hochwertigen, aber teuren PCs im High-end-Sektor verschrieben hatten, liebäugeln nun mit preisgünstigen Low-end-Rechnern - Einstiegsmodelle, die Compaq nicht nur im Desktop-, sondern auch im wachstumsträchtigen Notebook-Markt zu neuem Aufschwung verhelfen sollen. Zur Jahresrate ist die Auslieferung der ersten preisgünstigen Compaq-PCs verfügbar sein.

Die seit Bekanntwerden dieser Pläne in der Branche anhaltenmder Spekulationen, dieser Schritt könnte sich auf Qualität und Innovation des PC-Herstellers auswirken und ihn zu einem feinen Clone-Anbieter machen, trat Pfeiffer vehement entgegen: "Die preisgünstigen Modelle werden dem Compaq-Image entsprechen, das heißt, bei der Qualität wird es keine Abstriche geben." Außerdem entwickle und vermerkte Compaq auch weiterhin Hochleistungsprodukte. Durch die Einstiegs-PCs aber gewinne die Produktpalette an Attraktivität, und man könne fortan die einzelnen Rechner gezielter plazieren.

In Sachen - Vertriebsstrategie strebt das Compaq-Management ebenfalls Veränderungen an. Habe es in den 80er Jahren ausgereicht, nur über den Fachhändler an die Kunden heranzutreten, so Pfeiffer, werde man in den 90er Jahren den direkteren Kontakt zum Enduser suchen. Zwar ist der Einstieg in den Direktvertrieb für den Compaq-Chef nach wie vor kein Thema auch wenn er dies im vergangenen Jahr zumindest noch für Europa in Aussicht gestellt hatte.

Dafür aber planen die Mannen rund um Pfeiffer, zusätzliche Vertriebskanäle unter anderem in Form von Distributoren und Systemintegratoren zu erschließen. In Europa würden sich zudem schon in naher Zukunft die in den USA bereits üblichen Superstores ausdehnen. Auch dieses Absatzkanals will sich Compaq zukünftig stärker bedienen.

Beim Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr gab sich Pfeiffer bedeckt. Zwar betonte er, alle Weichen gestellt zu haben, damit, sein Unternehmen im harten PC-Geschäft mitspielen könne, doch stelle er sich auf ein neuerlich schwieriges Jahr ein. "Ein Ende der weltweit schwierigen Marktbedingungen ist nicht in Sicht. Zudem tobt der Preiskrieg in den USA mit unverminderter Härte weiter." Dennoch sei er optimistisch, das Jahr 1992 wieder mit einer Umsatzverbesserung abschließen zu können.