LOW-COST-DRUCKER Farbdrucker: Jetzt auf den fahrenden Zug aufspringen

09.07.1993

Der Trend geht zum Farbdrucker. Nachdem die Massenmaerkte fuer den Buero- und Heimbereich mit Farbmonitoren und farbverarbeitender Software ausgestattet sind, sind viele Anwender mit Schwarzweiss- Druckern nicht mehr zufrieden. Neben der qualitativ unbefriedigenden Farbausgabe mit Nadeldruckern bieten vor allem Tintenstrahl-Drucker mit Bubble-jet-Technologie eine kostenguenstige und hochwertige Moeglichkeit zum Vierfarbdruck.

Von Peter Wolf*

Computeranwender, die zum ersten Mal ein farbiges Dokument ueber einen Farbdrucker ausgeben, gleichen Kindern, denen man den Bleistift durch einen Satz Buntstifte ersetzt: Sie bekommen leuchtende Augen. Lange Zeit erschien es unmoeglich, Dokumente mit Farbelementen wie Bilder, Grafiken, Logos oder Text ohne grossen zeitlichen und finanziellen Aufwand auszudrucken. Mit der Entwicklung preiswerter Farbdrucker, was sowohl Anschaffung als auch die Verbrauchsmaterialien betrifft, wird der WYSIWYG-Anspruch (What you see, is what you get) der Computersysteme auch im Farbbereich Realitaet. Der Kreis schliesst sich.

Die Entwicklung hin zur Farbe begann etwa Mitte der achtziger Jahre. Damals dominierten noch monochrome und schwarzweisse Monitore, und Farbbildschirme waren unnoetiger Luxus. Heute sind praktisch alle Systeme mit Farbbildschirmen ausgestattet, Schwarzweiss-Geraete kaum mehr erhaeltlich. Dieser Trend ging einher mit den Entwicklungen im Softwarebereich. Vor allem mit der Verbreitung der grafischen Benutzeroberflaeche Windows als Quasistandard hat sich die Farbe im Rechner etabliert: Alle Programme unter diesem Betriebssystem arbeiten mit farbigen Darstellungen. Insbesondere Grafik- und Praesentationsprogramme bieten dem Anwender nahezu unbegrenzte Moeglichkeiten der Farbgestaltung.

Aber fuer den Grossteil der Anwender bleibt bislang das farbenfrohe Arbeiten auf den Bildschirm begrenzt: Preiswerte und schnelle Ausdrucke in befriedigender Qualitaet sind nur schwarzweiss oder in Graustufen moeglich. Professionelle Anwender wie grafische Betriebe oder Werbeagenturen uebergehen deshalb den PC-Drucker. Die Ausgabe der am Computer bearbeiteten Dokumente erfolgt ueber den Belichter. Das Ergebnis ist kein Ausdruck auf Papier, sondern vier Filme in den Farben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz, die, anschliessend montiert, die Druckvorlage fuer den Massendruck bilden. Farbdrucker im High-end-Bereich dienen hier der Kontrolle vor der teuren und zeitintensiven Belichtung beziehungsweise dem ersten Andruck. Diese Geraete arbeiten entweder nach dem Thermotransfer-Verfahren oder mit der Lasertechnik und kosten zwischen 12 000 und 150 000 Mark.

Solche Spezialdrucker sind fuer den Privatbereich und die Buerokommunikation untauglich. Hier kommen die beiden genannten Druckverfahren wegen der hohen Anschaffungs- und der Betriebskosten - ein Ausdruck mit einem Thermosublimations-Drucker kostet etwa zehn Mark - nicht in Frage. Die Psychologie der Anwender im Massenmarkt laesst sich etwa mit: "Es waere schoen mit Farbe - muss aber nicht sein" umschreiben. Dementsprechend liegt die Obergrenze fuer einen Farbdrucker in diesem Marktsegment bei zirka 2000 bis 3000 Mark. Dafuer sind die Anforderungen an Qualitaet und Geschwindigkeit niedriger. Deshalb kommen hier Nadel- und Tintenstrahl-Drucker zum Zuge.

Gemischte Farben

statt Graustufen

Die Farbdrucker arbeiten grundsaetzlich wie ihre monochromen Kollegen. Aber statt Graustufen muessen beim Farbdruck verschieden intensive und unterschiedlich gemischte Farben auf das Papier gebracht werden. Damit wird der Druckvorgang um einiges komplizierter. Wie beim Bildschirm mischt auch der Drucker die gewuenschten Farben aus drei Grundfarben, allerdings nach einem anderen Verfahren. Die additive Farbmischung bei Monitoren basiert auf den selbstleuchtenden Farben Rot, Gruen und Blau. Aus diesen drei Komponenten laesst sich, je nach Anteil, jede beliebige Farbe mischen. Die Grundfarben ergeben zu gleichen Teilen zusammen Weiss, ohne jede Farbe bleibt der Bildschirm schwarz.

Die Drucktechnik basiert auf der subtraktiven Farbmischung fuer reflektierende Objekte wie etwa einem Blatt Papier. Hier kommen die Komplementaerfarben zu Rot, Gruen und Blau zum Einsatz: Cyan, Magenta und Gelb (Yellow). Auch aus ihnen lassen sich alle uebrigen Farben mischen. Ohne Farbe bleibt das Papier weiss, alle Farben zu gleichen Teilen zusammen ergeben Schwarz. Allerdings nur theoretisch. In der Praxis erscheint dieses Uebereinander eher als eine dunkelgruene Sosse, weshalb die Hersteller zusaetzlich Schwarz einsetzen. Die Schwierigkeit beim Farbdruck liegt in der Umsetzung der Farbanteile in Druckfarbe. Dies geschieht ueber die Rasterung, das heisst, Farbpunkte werden in unterschiedlicher Groesse und Dichte gedruckt, so dass fuer das menschliche Auge aus der Entfernung der Punktesalat zu bestimmten Farbmischungen und Farbintensitaeten verlaeuft.

Bei der Farbseparation zerlegt die Software die Vorlage in ihre Bestandteile Cyan, Magenta, Yellow und Schwarz (CMYK; K ist die Abkuerzung fuer Schwarz), bestimmt deren Anteil an jeder Stelle des Bildes und setzt die Farbanteile in Rasterpunkte um.

Windows foerdert

Farbdruckereinsatz

Beim Druckvorgang weist die Treibersoftware dann die Druckkoepfe fuer jede Farbe an, den entsprechenden Anteil an Rasterpunkten zu drucken. Deshalb sind die Druckertreiber im Farbdruck von entscheidender Bedeutung. Kleinste Ungenauigkeiten fuehren hier zu Veraenderungen des Zusammenspiels der Farben und ergeben ein unstimmiges Bild. Daher ist die Verbreitung von Windows eine der Voraussetzungen fuer die steigende Nachfrage nach Farbdruckern, denn die mitgelieferten Druckertreiber erlauben den reibungslosen Betrieb mit den meisten Modellen.

Die mechanisch arbeitenden Nadeldrucker verwenden fuer den Farbdruck mehrfarbige Farbbaender. Grundsaetzlich handelt es sich dabei um monochrome Modelle, fuer die optional ein Farb-Kit erhaeltlich ist. Diese Farbdrucker sind bereits seit einigen Jahren im Einsatz. Fuer einen durchschlagenden Erfolg waren bislang fehlende Software, die geringe Qualitaet der Ausdrucke, die Druckgeschwindigkeit, aber auch die Laermentwicklung der Nadler verantwortlich. Insbesondere mit gleichmaessigen Farbflaechen und Farbverlaeufen haben die Nadeldrucker grosse Probleme. Dem stehen guenstige Anschaffungspreise und niedrige Betriebskosten gegenueber. Neun-Nadel-Einstiegsmodelle sind bereits fuer unter 500 Mark zu haben. Ueber den Preis hofft denn auch James Bentham, Vetriebsleiter der Citizen GmbH, den Tintenstrahl-Druckern Paroli bieten zu koennen: "Im Heimbereich ist oftmals der Preis entscheidend und nicht die hundertprozentige Qualitaet des Ausdrucks. Gerade im Farbbereich liegen damit die Chancen der Nadeldrucker-Hersteller, sich gegen die

Tintenstrahl-Konkurrenz durchzusetzen." Der Druckerhersteller verkauft in Deutschland inzwischen mehr Farbmodelle des 24- Nadelmodells "Swift 240" als Schwarzweiss-Geraete. Daneben sind Panasonic, Nec und Star die bedeutendsten Anbieter im unteren Preissegment fuer Farbnadel-Drucker.

Tintenstrahler

seit Herbst 1991

Mit Hilfe der Tintenstrahl-Technologie kann der Anwender seit Herbst 1991 seine Dokumente farbig ausdrucken. Damals brachten die beiden Hersteller Hewlett-Packard und Canon zeitgleich die ersten Vierfarb-Tintenstrahl-Drucker auf den Markt. Das bedeutete einen Qualitaetssprung in der farbigen Druckausgabe, denn die Tintenstrahler erreichen eine Aufloesung von 300 Punkten pro Zoll und sind den Nadeldruckern in puncto Farbintensitaet und Flaechenausfuellung weit ueberlegen.

Die Tintenstrahl-Drucker spritzen die Farbe auf das Papier und gehoeren damit zur Klasse der nichtmechanischen und deshalb fast geraeuschlos arbeitenden Drucker.

Um die Tinte auf das Papier zu schleudern, gibt es zwei unterschiedliche Verfahren. Bei der 1977 von Canon in Japan entwickelten Bubble-jet-Technologie wird die Tinte in einer Duese erhitzt, bis sie verdampft und durch den entstehenden Ueberdruck ein Tropfen aus dem Druckkopf spritzt. Bei der Piezo-Technik sind es die gleichnamigen Kristalle, die den Druck zum Herauspressen eines Farbtropfens erzeugen. Die Piezo-Technik erfordert grundsaetzlich einen hoeheren Konstruktionsaufwand als bei den

Bubble-jet-Druckkoepfen.

Bislang ist noch kein Farbdrucker auf dem Markt, der mit diesem Verfahren arbeitet. Einzig der Druckerhersteller Epson setzt auf die Methode und hat noch fuer dieses Jahr einen Farbdrucker mit Piezo-Technik angekuendigt.

Derweil beherrschen die

Bubble-jet-Drucker von Canon und Hewlett-Packard den Markt der Farbdrucker. Sie bringen die Druckfarben zeilenweise in einem Arbeitsgang auf das Papier. Hier entscheidet die Mechanik einer praezisen Papierfuehrung ueber die Qualitaet der Farbwiedergabe: Ueberlappungen oder Luecken sind typische Qualitaetsmaengel. Die Drucker haben entweder separate Tintenvorratsbehaelter fuer die Druckfarben (Canon), oder Druckkopf und Farbbehaelter sind eine Einheit, die komplett ausgetauscht wird (HP). Durch die Verwendung der schwarzen Farbe eignen sich die Geraete auch fuer den reinen Textdruck. Lediglich beim Einstiegsmodell von Hewlett-Packard muss der Anwender vor dem Druck zwischen der Dreifarb- und der schwarzen Tintenkartusche waehlen.

Aufgrund der niedrigen Preise - im Strassenverkauf liegen die beiden Farbdrucker der "Deskjet"-Serie mit zirka 1000 beziehungsweise 1500 Mark weit unter den Angeboten des Mitbewerbers Canon, dessen Einstiegsmodell selbst als Discount- Offerte soviel kostet wie die beiden HP-Drucker zusammen - besitzt der amerikanische Druckerhersteller eine fast marktbeherrschende Position: "Der Grossteil der Kunden fuer Farbdrucker kauft bei uns Geraete von HP", erlaeutert Margot Liemair, Geschaeftsbereichsleiterin beim Buerozentrum Schulz in Muenchen die Marktsituation. Die Nachfrage steigt staendig. Letztes Jahr konnte das Unternehmen ueber 100 000 Farb-Tintenstrahler absetzen. Aber die Mitbewerber werden den neuen Markt nicht kampflos raeumen. Canon kuendigt zur Systems bereits neue Produkte im Farbbereich an. Und auch die anderen Druckerhersteller muessen spaetestens jetzt versuchen, auf den schon fahrenden Zug aufzuspringen.

*Peter Wolf ist freier Fachjournalist in Muenchen.

Sensibles Farbspiel

Diese Bitmap-Grafik aus einem Bubble-jet-Farbdrucker zeigt dessen Offsetqualitaet (2400 dpi). Die Billardszene enthaelt 32-Bit-Daten im Bitmap-Format.

Quelle: Canon

Aus Jules Stauber; Die Welt ist rund