Mendix World 2020

"Low Code is now really eating the world"

07.09.2020
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Der 2018 von Siemens gekaufte Low-Code-Spezialist Mendix erweitert sein Lösungsspektrum und rückt näher an seinen Mutterkonzern.
CEO Derek Roos stellte auf der Mendix World zahlreiche Initiativen vor, um das Wachstum der Low-Code-Plattform voranzutreiben.
CEO Derek Roos stellte auf der Mendix World zahlreiche Initiativen vor, um das Wachstum der Low-Code-Plattform voranzutreiben.

Unter dem Motto "Don't write code, write the future" fand Anfang September die rein virtuelle Mendix World statt. Fleißig programmiert hatte dagegen in den letzten Monaten Gastgeber Mendix selbst: Die Version 9 ihrer Low-Code-Plattform erhielt etliche neue Features, wie einen erweiterten Datenvirtualisierungsdienst, Konnektoren, Edge-Lösungen oder Tools zur Automatisierung.

Der Aufwand scheint sich zu lohnen, denn laut CEO Derek Roos wächst die Mendix-Community auch während der Coronakrise kontinuierlich weiter. "Low Code is now really eating the world", proklamiert Roos und verweist darauf, dass inzwischen mehr als 200.000 Entwickler - und damit doppelt so viele wie vor einem Jahr - Mendix nutzen. Allein in den letzten neun Monaten seien 120.000 neue Anwendungen auf der Mendix-Plattform erstellt worden und inzwischen griffen jede Woche zehn Millionen Anwender auf die Plattform zu.

Mendix World 2020: All-in-One-Low-Code-Plattform

Die IT-Abteilungen der Unternehmen seien zunehmend gezwungen, steigende Erwartungen an die Software zu erfüllen und immer neue Funktionen zu realisieren - und das alles unter hohem Budget-Druck, erklärt der Mendix-Chef das hohe Kundeninteresse. "Low Code ist der Weg, die bestehenden Barrieren zu überwinden und es jeder Organisation zu ermöglichen, schnell und unkompliziert Weltklasse-Produkte und -Erfahrungen zu kreieren."

Um Organisationen weiter bei diesem Unterfangen zu unterstützen, präsentierten die Niederländer das neue Major Release Mendix 9. Dem Unternehmen zufolge handelt es sich dabei um die erste "All-in-One"-Low-Code-Plattform. Sie reiche über die traditionellen Grenzen der Softwareentwicklung hinaus und adressiere Themen wie Datenintegration, Workflow, Cloud, KI und neue Formen der Interaktion.

Mendix 9: Datenintegration für alle

Eine Schlüsselkomponente von Mendix 9 ist der Mendix Data Hub, für den die Niederländer nun zusätzliche Funktionen ankündigten. Der Data Hub ist ein fest integrierter Datenvirtualisierungsdienst, über den sich der Low-Code-Zugriff auf Datenressourcen durch einfaches Drag & Drop umsetzen lässt - unabhängig davon, wo die Daten liegen und wie sie strukturiert sind. "Aktuell sind wertvolle Datenressourcen oft über das ganze Unternehmen verstreut und die Personen, die sie nutzen müssen - Experten verschiedener Geschäftsbereiche und Entwickler - wissen manchmal nicht einmal, dass sie existieren oder wo sie zu finden sind", erläutert Mendix-CEO Roos, "Der Data Hub ist der Schlüssel, der diese Daten-Goldmine öffnet."

Die erweiterte Version des Data Hubs soll im nächsten Monat verfügbar sein und folgende Komponenten enthalten:

  • Der Data Hub Catalog ist ein offenes, standardbasiertes Repository für Metadaten, das es allen Benutzern ermöglicht, Datenressourcen zu entdecken und zu untersuchen.

  • Data Hub Konnektoren, um den Data Hub - und damit auch den Katalog - zu befüllen und damit den Entwicklern zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich zu den Daten aus beliebigen Mendix-Anwendungen stellt Mendix als erste Konnektoren einen oData-Konnektor, einen SAP-Konnektor und Konnektoren zu Siemens Teamcenter und Mindsphere bereit.

  • External Entities stellen den Entwicklern Daten aus entfernten Systemen lokal zur Verfügung, damit sie diese schnell und nahtlos per Drag & Drop in ihre Low-Code-Anwendungen ziehen können.

Mendix for Industrial Edge

Neu in Mendix 9 ist außerdem Mendix for Industrial Edge, um die Low-Code-Entwicklung mit dem Shopfloor - hier Siemens-Simatic-Systemen - zu verbinden. Mendix for Industrial Edge soll es Betreibern von Produktionsanlagen ermöglichen, kundenspezifische Anwendungen auf der Mendix Low-Code-Plattform zu erstellen, die dann lokal als Edge Apps zur Datenerfassung laufen. Diese haben in nahezu Echtzeit Zugang zu Insights aus dem Produktionsumfeld und lassen sich in der Darstellung an verschiedene Endanwender anpassen.

Ziel ist es dem Anbieter zufolge, die Komplexität bei der Entwicklung von IIoT-Anwendungen zu reduzieren und die Abhängigkeit von IT-Fachkräften zu reduzieren. So verspricht Mendix, dass mit der Lösung auch Business Developer, Domain-Spezialisten und Mitarbeiter im Anlagenbetrieb ohne Programmierkenntnisse Apps für Siemens Industrial Edge erstellen können. Auf der anderen Seite hätten damit aber auch Softwareentwickler ohne OT-Kenntnisse über neue OPC-UA- oder REST-Schnittstellen Zugang zu Maschinendaten und -zuständen auf dem Shopfloor, die dann über den Data Hub direkt in Business-Anwendungen verwendet werden können.

Intelligent Automation

Ein weiterer Schlüsselbereich, der durch Mendix 9 unterstützt wird, ist die einfache Erstellung von "Intelligent-Automation"-Lösungen. Mit dieser Funktion und den zugehörigen Starter-Templates sollen Entwickler aller Fachrichtungen in der Lage sein, Arbeitsabläufe zu digitalisieren und damit zeitintensive papierbasierte Prozesse und Standalone Tools zu eliminieren. Darüber hinaus können sie laut Mendix jede beliebige Funktion der Mendix-Plattform in diese Lösungen integrieren, etwa KI-basierte Dienste, ansprechende Nutzeroberflächen und Daten aus beliebigen Unternehmensquellen. Die Lösungen seien somit nicht nur digitale Versionen von Legacy-Prozessen, führt Mendix-CEO Roos aus, sondern würden zu intelligenten und skalierbaren Lösungen, die für eine Vielzahl von Anwendungsfällen und Endnutzern optimiert sind.

Industry Solutions

Zusammen mit Mendix 9 kündigte die Siemens-Tochter außerdem Industry Solutions an. Dabei handelt es sich um vorkonfigurierte Branchenlösungen, die sich laut Mendix in Funktion und Look & Feel an die eigenen Bedürfnisse anpassen lassen. "Die Notwendigkeit, neue Features einzusetzen, ist zu groß, als dass Unternehmen jede digitale Lösung von Grund auf neu entwickeln können", begründet Roos das Engagement seiner Company in diesem Bereich. Indem sie digitale Komponenten aus dem Mendix-Ökosystem zu Lösungen zusammenfügen, könnten Unternehmen ein neues Niveau an Agilität erreichen.

Mit seinen Industry Solutions will Mendix Unternehmen einen schnelleren Einstieg in die Low-Code-Welt ermöglichen. Als erstes soll der Außendienst davon profitieren.
Mit seinen Industry Solutions will Mendix Unternehmen einen schnelleren Einstieg in die Low-Code-Welt ermöglichen. Als erstes soll der Außendienst davon profitieren.

Die erste Lösung, die von Mendix auf den Markt gebracht wird, konzentriert sich auf das Field Service Management und soll den verantwortlichen Teams mehr Transparenz verschaffen, um daraus entsprechende Handlungen abzuleiten. Die Lösung ist laut Mendix so vorkonfiguriert, dass eine Verbindung zu gängigen Datenquellen wie Siemens Teamcenter und SAP hergestellt werden kann, und die relevanten Datenansichten und Prozesse sofort einsatzbereit sind. Außerdem seien Entwickler in der Lage, die Lösung nahtlos zu erweitern, indem sie eine Verbindung zu KI/ML-Diensten herstellen, um die Maschinenverfügbarkeit und Effizienz der Außendienstteams zu optimieren.

Weitere Lösungen sind für verschiedene Branchen und Anwendungsfälle vorgesehen, darunter ein adaptives Versicherungsportal und eine Lösung für CAD/CAM-Analysen.

Mendix Ökosystem: Für Entwickler und Startups

Die Siemens-Tochter will den Kunden jedoch nicht nur allein vorgefertigte Lösungen oder Komponenten zur Verfügung stellen, sondern plant, die Mendix-Plattform in ein umfangreiches Ökosystem mit zahlreichen Vertriebs- und Technologiepartnern zu verwandeln. Eine Maßnahme dazu ist das neue Marketplace Vendor Program, das sich an Softwarefirmen richtet, die mit ihren Lösungen und Produkten für die Mendix-Community Geld verdienen wollen. Die Niederländer versprechen ihnen mit dem für Anfang 2021 geplanten Mendix Marketplace (ehemals Mendix AppStore) umfassende Backend-Funktionen zum Anbieten und Verkauf ihrer Lösungen, einschließlich Messung, Rechnungsstellung und technische Zertifizierung.

In die gleiche Richtung zielt auch die Ankündigung der Niederländer, ein Startup Accelerator Program aufzulegen. Das Programm unterstützt gezielt Startups im ersten Jahr, die ihr Produkt auf Mendix entwickeln und ihre Lösung möglicherweise über den Mendix-Marktplatz anbieten wollen, mit kostenlosen Lizenzen, Training und Support.