Lotus will OLE Custom Controls im Internet anbieten Zerteilt in OLE-Komponenten soll Smartsuite Kunden locken

03.11.1995

SAN MATEO (IDG) - Mit einer neuen Strategie will IBM ueber die Softwaretochter Lotus Development das Microsoft-Monopol im Desktop-Anwendungsmarkt ankratzen. Lotus wird im naechsten Jahr einzelne Elemente des Buerosoftware-Pakets Smartsuite als OLE Custom Controls (OCX) anbieten. Die Komponenten sollen ueber die Groupware Notes und das Internet zur Verfuegung gestellt werden.

Auf der naechsten Hausmesse "Lotussphere", die Anfang 1996 in Orlando, Florida, stattfindet, erwarten Insider die offizielle Ankuendigung: Kunden sollen sich kuenftig die einzelnen Smartsuite- Komponenten aus dem World Wide Web holen und zu einem individuellen Buero-Arbeitsplatz zusammenfuegen koennen. Als Verteilungsnetz duerfte Lotus neben dem Internet auch die eigene Groupware Notes nutzen - das zumindest verlautet aus unternehmensinternen Kreisen.

Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in den flexibleren Gestaltungsmoeglichkeiten der Software sowie im Preis. Neben dieser Geschaeftsstrategie wird die IBM-Tochter aber auch weiterhin einen monolithischen Satz von Smartsuite-Anwendungen vermarkten.

Mit ihrem neuen Distributions- und Verkaufsmodell will Lotus offensichtlich das Quasi-Monopol von Microsoft unterminieren. "Der Ansatz ist radikal, er weicht deutlich von dem ab, was Microsoft und Novell tun", urteilt ein Analyst. "Weil Lotus Microsoft nach den bisherigen Marktbedingungen nicht gefaehrden kann, versuchen sie nun, die Spielregeln zu aendern."

Offenbar herrscht zur Zeit Unsicherheit darueber, wie sich der Markt fuer Buero-Suites entwickeln wird. Eine Reihe von Anwendern ist mit den Suites in ihrer bisherigen Form voellig zufrieden. Die Pakete, so argumentieren sie, bergen saemtliche benoetigten Funktionen, und das oft kritisierte Performance-Problem reduziert sich in dem Masse, wie die PCs leistungsstaerker werden. Novell sieht es aehnlich, jedenfalls wird sich der Netzspezialist vorerst nicht im Komponentengeschaeft engagieren. Dort geht man den Weg, Perfect Office eng mit dem LAN-Betriebssystem Netware zu integrieren.

Andere Hersteller setzen dagegen ihre Hoffnung auf die Entwicklung von OLE-Komponenten, den sogenannten Custom Controls. Sie sehen in den grossen Anwendungspaketen komplexe Ressourcenfresser, deren ausufernde Funktionalitaet nur zu einem Bruchteil genutzt wird und beim Anwender eher Verwirrung als Nutzen stiftet.