Spezifikationen werden voraussichtlich offengelegt

Lotus will Notes-Replikation als Web-Standard etablieren

26.04.1996

Mit Replikation bezeichnet die Branche den Vorgang, bei dem Datenbankeintraege oder Dokumente auf externen Rechnern via Netz auf den jeweils neuesten Stand gebracht werden. Lotus ist nicht das einzige Unternehmen, das an dieser Technik arbeitet. Aber die Notes-Eignerin macht sich bereits seit Jahren Gedanken darueber, wie sich auf einem mobilen Rechner gespeicherte Dokumente staendig aktuell halten lassen. Deshalb gilt die Notes-Replikation mittlerweile als ausgereift.

Besondere Dringlichkeit gewinnt das Thema Replikation im Hinblick auf die Publishing-Moeglichkeiten des Internet. Wie Ozzie, President der zu Lotus gehoerenden Iris Associates Inc., bestaetigt, will Lotus seine Replikationsfunktion auch fuer Nicht-Notes- Dokumente verwendbar machen. In bezug auf das Internet koenne das bedeuten: Alle in der World-Wide-Web-Sprache Hypertext Markup Language (HTML) verfassten Dokumente lassen sich ueber die von Notes entliehene Funktion miteinander abgleichen - solange die jeweiligen Web-Server deren Spezifikationen folgen.

Ozzie laesst keinen Zweifel daran, dass Lotus seine Replikationstechnik als De-facto-Norm akzeptiert sehen moechte, um einen "Standardkrieg" zu vermeiden. Fuer die juengste Notes-Version 4.0 hat die IBM-Tochter diese Funktion zusaetzlich verfeinert. So verdeutlicht jetzt ein spezieller Identifikationsmechanismus, welcher Teil eines Dokuments seit dem letzten Abgleich eine Aenderung erfahren hat, so dass der Anwender nicht mehr jedes Dokument vollstaendig replizieren muss.

Wie Ozzie weiter erlaeutert, denkt Lotus darueber nach, in puncto Replikationsstandard mit dem World-Wide-Web-Konsortium des Massachusetts Institute of Technology (MIT), den franzoesichen Inria-Forschungszentren und der Internet Engineering Task Force (IETF) zusammenzuarbeiten. Auf diese Weise will der Software- Anbieter versuchen, die Spezifikationen der Notes-eigenen Update- Funktionalitaet als eine Erweiterung des Quasi-Standards HTML zu etablieren.

Obschon Lotus neuerdings von weltweit 15 Millionen Notes- Arbeitsplaetzen spricht, vertraut die IBM-Tochter offenbar nicht darauf, dass sich ihre Replikationstechnik allein mit Hilfe von Marktdominanz durchsetzen laesst. Schliesslich hat Microsoft mit seinem kuerzlich freigegebenen Messaging-System "Exchange" eine annaehernd vergleichbare Funktionalitaet anzubieten. Ob die Bill- Gates-Company gegebenenfalls einem von Notes entwickelten Standard zustimmen wuerde, bleibt bislang offen. Der Softwaregigant reagierte interessiert, gab aber zu Protokoll, von einem auf die Replikationsspezifikationen bezogenen Kooperationsangebot der Lotus Development Corp. nichts zu wissen. Er selbst werde die Funktionsweise der - in die Mail-Funktion eingebetteten - Exchange-Replikation jedenfalls offenlegen.