Weiterer Schritt in Richtung Knowledge-Management

Lotus kauft mit Onestone Notes-basierten Workflow

23.04.1999
MÜNCHEN (ue) - Lotus Development übernimmt den Workflow-Anbieter Onestone und will dessen Produkt in die Domino-Familie integrieren. Bei den spezialisierten Workflow-Herstellern dürften angesichts dieser Meldung die Alarmglocken läuten.

Die traditionelle Workflow-Branche hatte sich vom Marktführer in Sachen Groupware bislang immer mit dem Argument abgegrenzt, daß "Notes" und "Domino" nur mit erheblichem Entwicklungsaufwand um Workflow-Funktionen erweiterbar seien. Doch seit einiger Zeit verfolgen Lotus wie auch dessen Konkurrent Microsoft eine Knowledge-Management-Strategie, die den Spezialisten zunehmend zur Bedrohung wird. Erst kürzlich stellte die Gates-Company mit der Codebezeichnung "Tahoe" und "Polar" Entwicklungsprojekte vor, die erweiterte Dokumenten-Management- und Workflow-Funktionen in den Office- und Back-Office-Produkten des Hauses sowie im Betriebssystem zur Folge haben.

Während sich die Microsoft-Projekte noch bis zur Verfügbarkeit von Windows 2000 hinziehen, kann Lotus bereits jetzt mit einem konkreten Workflow-Produkt aufwarten. Bei der jetzt akquirierten Firma Onestone - zu den Übernahmekonditionen gibt es keine weiteren Angaben - handelt es sich um ein Spinoff der Universität Paderborn. Dort wurden die technischen Grundlagen für das System "Prozessware" gelegt. Die Workflow-Engine nutzt die Messaging-Mechanismen von Notes sowie dessen Datenbanken, um etwa den Aufbau einer Organisation und die Regeln für Arbeitsabläufe zu hinterlegen. Die Lösung stand in der Branche stellvertretend für eine ganz neue Produktgeneration, die auf Grundlage von Groupware wie Notes oder Exchange einen vergleichsweise günstigen Workflow-Aufsatz versprach.

In den vergangenen Jahren expandierte Onestone auch in die USA, wo die Holding des Unternehmens in Boston gegründet wurde. Welche Auswirkungen die jetzt erfolgte Übernahme durch Lotus auf Produkte haben wird, ist letztlich noch nicht geklärt. Entsprechende Ankündigungen aus Cambridge erwartet Hans-Peter Bauer, Managing Director der Lotus Professional Services in Ismaning, etwa in einem Monat. Mit Hinweis auf eine noch nicht näher spezifizierte Workflow-Komponente eines Value Added Frameworks, das im Rahmen der "Lotus 2000 Vision" vorgestellt wurde, kann sich Bauer eine entsprechende Erweiterung der Domino-Produktfamilie vorstellen.

Für Marktbeobachter und Workflow-Berater Bernhard Zöller aus Frankfurt am Main ist dieser Schritt schlüssig. Im Markt für Infrastruktur sei eine gewisse Sättigung zu beobachten, so daß sich Anbieter wie Microsoft und Lotus über Funktionserweiterungen in Richtung Lösungen orientierten. Laut Zöller müssen sich aufgrund der Onestone-Übernahme diejenigen Spezialisten warm anziehen, die bislang mit anderen Mitteln einen Ad-hoc- oder administrativen Workflow auf Basis von Notes entwickelt haben.