Londoner Softwarehaus wird für Knowledge-Management ausgezeichnet

Londoner Softwarehaus wird für Knowledge-Management ausgezeichnet Quidnunc: Permanentes Lernen hält Mitarbeiter auf Trab

19.03.1999
Von Ursula Coester* Die englische Zeitschrift "Information Strategy" zeichnet jedes Jahr Unternehmen aus, die Knowledge-Management (KM) bereits praktizieren. Diesmal gehörte das Londoner Softwarehaus Quidnunc zu den Preisträgern.

Quidnunc war nach Meinung der Juroren ein Beispiel dafür, daß der außergewöhnliche Erfolg eines Unternehmens immer auch von der Firmenkultur abhängt. Geschäftsführer Laurence Holt hat es nicht nur geschafft, innerhalb weniger Jahre sein kleines Softwarehaus zu einem anerkannten Beratungsanbieter auszubauen, er hat auch erreicht, daß seine 110 Mitarbeiter das Wissens-Management ernst nehmen. Für ihn ist dies ein echter Wettbewerbsvorteil, denn: "Fachwissen von gestern ist heute nicht mehr viel wert, ständige Weiterbildung der Mitarbeiter ist in unserer Branche ein Muß." Deshalb zähle bei Quidnunc nicht so sehr die Berufserfahrung des Bewerbers, als seine Intelligenz.

Eingestellt werden nur Kandidaten, die in unser Team passen, so Holt. Das sei von großer Bedeutung, denn es werde eine Kultur gelebt, in der es für jeden Mitarbeiter selbstverständlich ist, sein Wissen auszutauschen. So garantiert das Unternehmen, daß neue Mitarbeiter - egal ob Hochschulabsolvent oder Projektleiter - effektiv eingearbeitet werden, damit sie schnell profitabel arbeiten und trotzdem die hohen Vorgaben in bezug auf gleichbleibende Qualität erfüllen können. Um den Austausch von Wissen zwischen den Mitarbeitern zu intensivieren, geht Holt sogar noch einen Schritt weiter.

Die Software-Entwickler werden nicht zu Experten für einen Bereich ausgebildet, sie sind angehalten, alle im Unternehmen vorhandenen Tools und Technologien zu erlernen und anzuwenden. Das fördert den offenen Umgang zwischen den Mitarbeitern. Der für KM zuständige Manager Martin Cheesbrough weiß, daß die KM-Implementierung nicht immer so reibungslos verläuft: "Fairerweise muß ich zugeben, daß wir günstige Startbedingungen hatten." Die Firma begann mit zehn Mitarbeitern, so daß es selbstverständlich war, "daß sich jeder mit jedem über seine Projekte unterhalten hat". Diese Kultur wurde einfach beibehalten. Nur können die Mitarbeiter mittlerweile ihr Wissen nicht mehr flächendeckend mündlich austauschen, die Kommunikation muß mit Hilfe von speziell auf Quidnunc-Bedürfnisse zugeschnittene Frameworks erfolgen.

Unter dem Gesichtspunkt der Rentabilität wurden für die jeweiligen Hierarchieebenen Zeitvorgaben für die KM-Beschäftigung aufgestellt. Je höher der Mitarbeiter in der Hierarchie steht, desto mehr muß er für das Wissens-Management tun.

Die Wertschöpfung, die durch Knowledge-Management im Unternehmen entsteht, wird mittels einer Tabelle dokumentiert, die 23 verschiedene Meßgrößen enthält. Dazu zählen unter anderem die vierteljährlich überprüfte Kundenzufriedenheit sowie die Kontrolle, ob die - in einem internen Qualitäts-Audit - festgelegten Standards eingehalten wurden. Außerdem wird einmal pro Quartal die Weiterentwicklung und die Schulung der einzelnen Mitarbeiter dokumentiert und auch, ob sie im vorgegebenen Zeitplan befördert werden konnten.

Monatlich bewertet das Londoner Softwarehaus die Innovationsrate und die Lernkurve. Dabei messen sie, in wie vielen Projekten neue Technologien verwendet wurden und wie oft Wiederholungsfehler aufgetreten sind. Grundsätzlich findet nach Beendigung eines jeden Projektes eine Besprechung statt. Dabei geht es in erster Linie darum, was die anderen Mitarbeiter aus dem Projekt lernen können.

Im vergangenen Jahr nur zwei Kündigungen

Die meisten dieser Meßwerte für Knowledge-Management sind ein fester Bestandteil der halbjährlichen Mitarbeitergespräche. Dadurch wird der Wissensaustausch in die tägliche Arbeit integriert. "Wir wissen", so Cheesbrough," daß wir viel von unseren Mitarbeitern verlangen.

Auf der anderen Seite bieten wir ausgezeichnete Karrierechancen und einen sicheren Arbeitsplatz, denn mittlerweile gewinnen wir zwei von drei Wettbewerbspräsentationen." Die Mitarbeiter scheinen die Unternehmenskultur zu schätzen, denn in den letzten zwölf Monaten gab es nur zwei Kündigungen.

Quidnunc...

...ist ein Softwarehaus mit Hauptsitz in London, das Unternehmen bei der Implementierung von Knowledge-Management berät und dazu maßgeschneiderte Lösungen entwickelt. Heute beschäftigen die Engländer 110 Mitarbeiter in Niederlassungen auf drei Kontinenten. Damit die Zusammenarbeit auch international funktioniert, mußten die Rahmenbedingungen für das Knowledge-Management angepaßt werden. Neben dem Geschäftsführer Laurence Holt ist auch Martin Cheesbrough für das KM verantwortlich. Er initiiert neue Projekte und kümmert sich um deren Bewertung.

*Ursula Coester ist freie Journalistin in Neuss.