Privatindustrie warnt vor Verlust von 500 Millionen Pfund Steuergeldern:

London plant Halbleiter-Staatskonzern

16.06.1978

LONDON/MÜNCHEN (ee) - Mit Hilfe amerikanischer und britischer Spezialisten aus Kalifornien möchte die staatliche britische Unternehmensholding National Enterprise Board (NEB) zum größten Halbleiterproduzenten Europas werden, berichtet die Süddeutsche Zeitung aus London.

Die NEB will sich dabei nicht lange bei der 16K-Technologie aufhalten, sondern gleich mit 64K-Chips einsteigen. "Mit einer Mischung von Sprachlosigkeit und Besorgnis" haben nach Version der Süddeutschen Zeitung die privaten englischen Unternehmen auf die Absichten der potenten staatlichen Konkurrenz reagiert. Jack Ackermans, geschäftsführender Direktor der britischen Philips-Tochter, soll gewarnt haben, das Projekt werde nicht 50 Millionen Pfund, sondern 500 Millionen Pfund Steuergelder verschlingen. Die

Regierung scheint dennoch fest entschlossen, die Firmengründung in den nächsten zwei Monaten durchzuziehen. Die Kritiker kontert das NEB mit dem Hinweis auf Intel: Das US-Unternehmen wurde erst 1968 gegründet und sei heute mit 280 Millionen Dollar Umsatz Marktführer, weil der "Erfolg in diesem Sektor weitgehend von der Qualifikation der Ingenieure abhänge".