Mobile Devices/Smartcards und -labels

Logistik und Fertigung trauen schlauen Briefmarken allerhand zu

08.09.2000
Der Einsatzbereich von Smartcards und -labels, die nach induktiven Verfahren arbeiten, wird immer breiter: von der fingernagelkleinen Slimcard in Handys über intelligente Skipässe, Ident-Systeme in Logistik und Fertigung bis hin zu elektronischen Tracking- oder Zugangskontrollsystemen. Cornelia Mrosk* berichtet über neue Entwicklungen.

Smartcards sind meist kreditkartengroße Karten mit integriertem Microprozessor, die hundertmal mehr Informationen aufnehmen, speichern und übertragen können als Karten mit Magnetstreifen. In der unteren Preisklasse dürften sich aller Voraussicht nach künftig Smartlabels, eine Art schlaue Briefmarken, etablieren. Im Vergleich zu Barcodeaufklebern sind sie unempfindlich gegen Verunreinigungen und können auch noch gelesen werden, wenn sie geknickt oder angerissen sind.

Immer dann, wenn das Handling die Kosten von mobilen Datenspeichern übersteigt, macht es Sinn, Einmal-Datenspeicher zu verwenden und diese am jeweiligen Produkt zu belassen. Besonders die Logistik, die Paketverfolgung oder die Zuordnung von Fluggepäck sind lohnende Einsatzgebiete.

Beide Systeme basieren auf Transponder-Technologie oder auch Radio-Frequenz-Identifikation (RFID), einer Technik zur automatischen Identifikation und Datenerfassung. RFID-Systeme bestehen aus zwei Komponenten: einer Lese-Schreib-Einheit und einer elektronischen Marke - dem Transponder. Im Gegensatz zu Barcodes oder Magnetstreifen stellen Transponder über Funk die Verbindung zwischen sich und dem Leser her, wobei der Leser nicht einmal den optischen Kontakt zum Transponder benötigt. Der Leser sendet elektromagnetische Impulse über seine Antenne aus. Der Transponder empfängt diese Impulse und sendet seine gespeicherten Informationen als Antwort zum Leser zurück. Der Transponder selbst ist passiv und ohne eigene Stromversorgung. Seine Energie erhält er aus den Impulsen des Lesers. So lässt sich dieser in das Produkt integrieren und verträgt daher auch widrige Umgebungsbedingungen wie Nässe, Verschmutzung oder mechanische Einflüsse. Auch die Leserichtung spielt keine Rolle. Transponder-Systeme verfügen über eine hohe Lesesicherheit, erlauben eine schnellere Datenerfassung und sparen Arbeits- und Papieraufwand. Dadurch ist der Transponder völlig wartungsfrei.

Schon seit einigen Jahren sind Moby-Identifikationssysteme von Siemens auf dem Markt. Derartige elektronische Identifikationssysteme sind weit verbreitet und stellen zum Beispiel in Montagelinien eine direkte Verbindung zwischen dem Werkstück und der Steuerung des jeweiligen Arbeitsplatzes her. Dazu werden in der Regel mobile Datenspeicher an die jeweiligen Werkstückträger montiert, die gleichzeitig Transporteinheit und Montageort sind. Mit Schreib-Lese-Geräten werden die Informationen induktiv im mobilen Datenspeicher bearbeitet. Sie sind an überlagerte Steuerungen angeschlossen.

Der große Vorteil der batterielosen mobilen Datenspeicher besteht in ihrer Wiederverwendbarkeit in geschlossenen Kreisläufen. Sie können typischerweise bis zu 500000-mal beschrieben und beliebig oft gelesen werden. Ziele im Materialfluss lassen sich ergebnisbedingt verändern, Produktinformationen und Produktstatus am Produkt speichern. So ist es möglich, Montagelinien flexibel zu steuern, aber auch Kommissionierlager und die Warendistribution einfach und effektiv zu automatisieren. Ein weiterer Vorteil ist die auf jedem mobilen Datenspeicher speicherbare Datenmenge von bis zu 750 Bytes. Diese reicht aus, um eine Ware zu identifizieren und auch zu spezifizieren. So agieren diese Datenspeicher als elektronische Warenbegleitscheine.

Bi-Statix nennt sich ein System der Worldwide Smartcard Solutions Division (WSSD) von Motorola, das die kostengünstige Produktion von schlauen "Briefmarken" (Smartlabels) ermöglicht. Dieses System basiert ebenfalls auf RFID-Technologie und verwendet eine leitende, nichtmetallische Tinte, mit der Antennen auf Materialien, einschließlich Papier, gedruckt werden können. Die in den Smartlabels enthaltenen Informationen können über eine drahtlose Schnittstelle mit Hilfe eines kapazitiven Verfahrens sowohl gelesen als auch bearbeitet werden. Die Bi-Statix-Technologie dürfte daher in Zukunft entscheidende Vorteile bei der Nachverfolgung sowie der Verteilung von Milliarden von Objekten bringen, beispielsweise bei der Gepäckabfertigung oder beim Post- und Paketversand. Auch in Bezug auf die Alltagstauglichkeit soll das System nach Angaben von Motorola hohen Anforderungen genügen: Die Etiketten könnten auch dann noch gelesen werden, wenn sie gefaltet, zerknittert oder sogar zerrissen werden. Sie passten sich jeder beliebigen, bieg- oder dehnbaren Oberfläche an, wodurch Etiketten aller Formen und Größen verwendet werden könnten.

Die neue Technologie eignet sich offenbar auch zur Ergänzung bestehender Anwendungen zum Beispiel der Strichkodierung, denn die Etiketten seien selbst dann noch zu entziffern, wenn sie nicht direkt zugänglich sind oder durch Feuchtigkeit, Schmutz, Staub oder Farbe beeinträchtigt wurden.

Im Rahmen des Surface-2000-Pilotprojekts verwendet die US-Post Bi-Statix zur Automatisierung der Datenerfassung bei der Be- und Entladung von Postfahrzeugen mit Postcontainern. Ziel ist die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Post und die Verbesserung ihres Kundenservices. Die US-Post ergänzt auf diese Weise ihr Strichcode-System und kann so die Verfolgung und Lokalisierung von Postsendungen verbessern.

Profitieren werden von derartigen Zukunftstechnologien auch Fluggesellschaften, die weltweit jährlich mehr als drei Milliarden Gepäckstücke bewegen. Etwa 40 Prozent der Gepäckstücke müssen derzeit von Hand weitergeleitet werden. Darüber hinaus macht die normale Handhabung viele der Strichkodierungen unlesbar, und zwei Prozent der Gepäckstücke, das sind immerhin zirka 60 Millionen Koffer, gehen pro Jahr verloren. Die Kosten für Wiederbeschaffung oder Ersatz betragen pro Jahr etwa zwölf Milliarden US-Dollar. Hier schlummert ein immenses Einsparpotenzial. Darüber hinaus sind Warensicherungssysteme, fälschungssichere Dokumente sowie Zutrittskontrollsysteme potenzielle Anwendungsbereiche.

*Cornelia Mrosk ist freie Journalistin in Karlsruhe.