PC-Integration

Lösungen mit Handy und PDA im Kommen

14.02.1997

Seit der Comdex 96 ist der PDA-Markt kräftig in Bewegung: Alle Hersteller von Organizern und etliche neue Firmen (zum Beispiel Corel und LG-Electronics) haben angekündigt, in Kürze kleinere, offenere und leistungsfähigere Mikrorechnergenerationen auf den Markt zu bringen. Die ersten Ergebnisse sind bereits bei Hitachi, Psion, Hewlett-Packard, Nokia, Toshiba, Sharp, US Robotics, Casio, Compaq, NEC, Philips und Pilot zu bewundern. Die neuen Serienmodelle verfügen zum Teil über PC-Card-Schnittstellen, können sich automatisch mit PCs synchronisieren, besitzen Docking-Stationen und Multimedia-Ausstattung (Mikrofon und Lautsprecher) und sind für die elektronische Kommunikation einsetzbar.

Besonders viel Aufsehen machten PDAs, die mit Windows CE, der neuen 32-Bit-Windows-Version für Kleinstrechner versehen sind. Zusammen mit Miniversionen von Word und Excel, E-Mail-Programm, Internet-Browser, Terminplaner und Adreßverwaltung läßt sich mit ihnen fast genausogut arbeiten wie am Windows-Arbeitsplatz. Dank ihrer Win- dows-Kompatibilität können sie zusätzlich auf ein großes Reservoir an Software zugreifen.

Die Vielzahl verschiedener Bauformen zeigt, daß es bislang keine offizielle Definitionen oder Standards für PDAs gibt. Lediglich deren Schnittstellen (RS232, PC-Card, Irda etc.) sind durch allgemeingültige Normen festgelegt. Aber auch hier gibt es proprietäre Lösungen, wie Psion mit seinem Minicard-Slot beweist. Solche Lösungen binden den Kunden an einen Hersteller und beschränken die Peripherieauswahl beträchtlich. Den Slogan "Intel inside" sucht man auf den neuen PDAs vergeblich. Statt dessen arbeiten im Inneren der Mips R4000 (Windows-CE-Notepads), ein ESR P16 (Sharp), der NEC V30H (Psion) oder andere Prozessoren, die zum Teil aus eigener Fertigung stammen. Jeder Hersteller kocht hier sein eigenes Süppchen.

Auch bezüglich Ergonomie und mobiler Anwendungsmöglichkeiten unterscheiden sich die Geräte. Die Baugröße variiert zwischen Brieftaschenformat ("Siena" von Psion oder "Pilot 5000" von US-Robotics) und den Ausmaßen eines dicken Taschenbuchs (Hewlett-Packards "Omnigo 700 LX"). Die leichtesten Modelle wiegen knapp 200 Gramm, während die gewichtigsten Vertreter etwa 800 Gramm auf die Waage bringen.

Damit lassen sie sich zwar wesentlich leichter transportieren als Notebooks und passen in jede Mantel- oder Hosentasche, die Bedienung der Winzlinge ist jedoch Gewohnheitssache. Die kleinen, aber vollständigen Tastaturen sind kaum für seitenlange Texteingaben zu gebrauchen. Längere Notizen, ein Fax oder ein kurzer Geschäftsbrief lassen sich mit ein wenig Übung allerdings auch mit der Minitastatur bewältigen.

Mobilität bei maximalem Anwendungsspektrum

Für bequeme Mausbedienung und Handschrifterkennung sorgt bei einigen Geräten ein Stift, der zusätzlich zur Tastatur verwendet werden kann ("Sharp ZR 580G"). Besonders wenn mehrere Elemente einer Tabelle ausgewählt werden sollen, beim schnellen Zeilenwechsel oder dem Bildlauf, ist die Bedienung mittels Stift und druckempfindlichem Bildschirm wesentlich einfacher und schneller.

Ein wesentlicher Faktor für Mobilität ist die Betriebszeit des Akkus. Hier sind die Kleinstrechner den Notebooks um Längen voraus, denn die monochromen Minidisplays mit einer Diagonalen von nur etwa sieben bis 13 Zentimetern benötigen wesentlich weniger Energie als die TFT-Displays ihrer großen Brüder. Eine Akkuladung reicht für 15 bis 18 Stunden Dauerbetriebszeit. Nokia gibt für seinen "Communicator 9000" sogar eine Betriebszeit von 190 Stunden an (ohne Datenübertragung). Mit Batterien statt Akkus arbeiten weniger sparsame Modelle etwa 40 bis 70 Stunden.

Die neue PDA-Generation zielt knapp am Einsatzbereich eines Notebooks vorbei. Immerhin werden mobile Rechner nur selten für aufwendige Präsentationen, Multimedia-Applikationen oder stundenlange Texteingaben eingesetzt. Vielmehr ist die Kundenbetreuung im Außendienst der klassische Anwendungsbereich. Ansonsten werden die Geräte in gehobenen Stellungen als Terminplaner und mobile Datenbank benutzt. Diesen Aspekten genügen aber auch die neuen PDAs. Selbst das mobile Büro mit GSM-Datenübertragung, Faxempfang, E-Mail und Internet-Anschluß ist nicht mehr nur eine Domäne mobiler Pentium-Rechner.

Fast alle PDA-Hersteller haben ihre Geräte mit einem Anschluß für ein externes Modem, ein PC-Card-Modem oder ein GSM-Datentelefon ausgestattet. Hewlett-Packard und Nokia präsentierten auf der diesjährigen Comdex sogar zwei PDAs mit integriertem beziehungsweise kombiniertem Handy, Freisprechtelefon und Anrufbeantworter. Daß bei den ersten Modellen dieser hochintegrierten Universalgeräte, die übrigens nicht auf Windows CE basieren, Anfangsprobleme auftreten würden, war abzusehen.

Das Omnigo 700 LX von Hewlett-Packard läßt sich an die beiden Nokia-Telefone 2110 oder PT11 andocken. Ersteres bietet den Datenzugang zum GSM-Netz (D1 und D2), letzteres arbeitet im DCS 1800 (E-Plus-Netz), kooperiert jedoch nur in den neuesten Versionen mit dem Omnigo. Besitzer älterer Geräte müssen deshalb zunächst die Firmware austauschen. HP-PDA und Nokia-Telefon lassen sich in einer Einheit betreiben oder bei Bedarf trennen. Nur in zwei Teilen ist das Kombi in den Manteltaschen unterzubringen. Kommt dann ein Fax an, muß man das Gerät zunächst zusammenstecken und die Empfangsbereitschaft aktivieren.

In Nokias Produkt ist das Handy gleich integriert. Trotzdem ist der Communicator 9000 erstaunlich klein und leicht. Faxe, SMS-Botschaften und Anrufe speichert er automatisch im Hintergrund in der Kontaktdatenbank; sie können dann bei Bedarf abgerufen werden. In zwei von drei Fällen funktioniert das recht gut. Auf Empfangsstörungen in Auto, Bus und Bahn reagieren die Geräte so sensibel wie "normale" Handys.

Außer der Faxsoftware und einem Anrufbeantworter finden sich auch DFÜ-Programm, Mail-Client, SMS-Tool, WWW-Browser und Compuserve-Software auf den Geräten von HP und Nokia. Doch deren Nutzen bleibt auf eine durch den Mobilfunk festgelegte Datenrate von 9600 bps beschränkt. Die geringe Geschwindigkeit wird zusätzlich durch unvermeidliche Störungen im Funkbetrieb auf etwa die Hälfte reduziert. Allerdings arbeitet ein Notebook im GSM-Betrieb nicht schneller, da es mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.

Während des Datenempfangs sind alle Funktionen des Rechners blockiert. Eine gerade begonnene Arbeit muß unterbrochen werden, was bei häufigen Anrufen sehr lästig ist. Nokias PDA ist hingegen Multitasking-fähig (Betriebssystem GEOS) und bietet echten Hintergrundbetrieb. Eine begonnene Arbeit läßt sich ungestört fortsetzen, wenn auch mit stark gebremster Dateneingabe.

Die Übertragung von Mail-News, SMS-Botschaften oder die Terminalverbindung per Telnet (zum Beispiel zu einem Unix-Rechner) funktioniert bei Nokia und HP gleichermaßen gut, da immer nur geringe Informationsmengen transportiert werden. Wenn der Omnigo angesammelte SMS-Botschaften vom Handy lädt, kann es allerdings passieren, daß ankommende Nachrichten vernichtet werden. Auch liefert HP nur einen cc:Mail-Client, der lediglich mit speziellen Servern (cc:Mail Post Offices) kommuniziert. Da es sich beim Omnigo um einen DOS-5.0-Rechner handelt, läßt sich aber jederzeit eine universellere E-Mail-Software laden. WWW-Browser überfordern die PDAs allerdings vollständig: Deren minutenlange Übertragungszeiten sind für professionelle Belange unannehmbar. Falls eine Internet-Seite im HTML-Format Tabellen enthält, zerpflückt der Communicator diese bis zur Unkenntlichkeit. Da er Frames, Java Scripts und SSL nicht kennt, kann er viele Seiten überhaupt nicht darstellen.

Wenn auch nicht alle Aspekte der kommunikativen Elemente optimal arbeiten, so sind die Ergebnisse des ersten Anlaufs doch beeindruckend. Immerhin liefert die neue PDA-Generation auf kleinstem Raum hohe Skalierbarkeit (PC-Card-Slots, DOS- und Windows-Systeme, Speicherausbau etc.) sowie relativ zuverlässige Fax-, Telnet-, E-Mail- und SMS-Kommunikation. In einer Zeit wachsender Anforderungen an die Mobilität wird die Minilösung aus Handy und PDA mit Sicherheit Furore machen: Gibt es denn bei einem Preis zwischen 1500 und 2000 Mark eine gleichwertige Alternative.

Austausch

Mit der Wartungsfreundlichkeit sieht es bei PDAs schlecht aus. Scharniere, Mechanik, Minischalter und Tastatur sind empfindlich und die Elektronik hochintegriert. Hier verweigert jede Werkstatt den Support. Eine Do-it-yourself-Reparatur ist allein wegen des hohen Miniaturisierungsgrads nicht möglich. Die herstellerabhängigen Spezialbauteile sind außerdem kaum zu besorgen. Ob sich die Reparatur beim Hersteller lohnt, bleibt fraglich. Lediglich eine ausreichende Garantie, eventuell mit optionaler Verlängerung, bietet hier Sicherheit und die Möglichkeit eines Austauschs.

Datenabgleich

Da PDAs kaum Möglichkeiten für die Hardwarekonfiguration offenlassen, ist Plug-and-Play-Fähigkeit erforderlich. Speichererweiterungen werden automatisch erkannt, und auch der PC-Card-Anschluß (Typ 2) ist im Rahmen der üblichen Kompatibilitätsprobleme eine Ease-to-use-Lösung. Die meistens integrierte Irda-Schnittstelle sorgt außerdem für einfachsten Datenabgleich mit Desktop-PCs, die in Zukunft kaum noch ohne diese kabellose Schnittstelle ausgeliefert werden. Der Anschluß eines externen Handys erfolgt einfach per Kabel. Die Treibersoftware ist bereits vorinstalliert.

*Andrea Heerdt ist freie Fachjournalistin in St. Johann