Neue Materialien lassen Schwierigkeiten überwindbar erscheinen:

Löschbare optische Speicher sind möglich

15.06.1984

EINDHOVEN (CW) - Große Kapazität und kurze Zugriffszeiten charakterisieren die neuen optischen Speichertechniken. Während die nicht reverstblen Optikspeicher bereits Realität und auch auf dem Markt verfügbar sind, scheinen die Forscher des Philips-Laboratoriums Eindhoven/ Niederlande jetzt das Problem einer wiederbeschreibbaren Laserplatte prinzipiell gelöst zu haben.

Zu einem elektro-optischen Aufzeichnungssystem gehört eine Scheibe von der Größe einer Langspielplatte, in deren Oberfläche ein Laser mikroskopisch kleine Vertiefungen einbrennt. In Abhängigkeit vom gewählten Ausgangsmaterial wird beim Auslesen durch den Laser ein bestimmter physikalischer Effekt benutzt, wodurch die enthaltene Information in codierter Form verfügbar wird.

Die Art des Materials bestimmt auch, ob digitale Daten (alphanumerische Daten und digitale Audioinformation) und auch Videoinformation gespeichert werden können. Dies hängt von dem erreichbaren Signal/ Rausch-Abstand ab. Insbesondere die Videoaufzeichnung stellt hieran wegen der großen Zahl von Grauwerten höhere Anforderungen. Bei der Speicherung von digitalen Daten spielt dies natürlich keine Rolle.

Domäne im Stoff

Angeregt von den Möglichkeiten der optischen Aufzeichnung hat eine intensive Suche nach Materialien begonnen, die denen unter Lasereinsatz Informationgespeichert werden kann. Drei Gruppen werden derzeit untersucht: Tellur-Selen-Legierungen, organische Verbindungen und magneto-optische Stoffe, wobei sich die beiden letzten sogenannten Gruppen noch nahezu vollständig im Forschungsstadium befinden. Von Tellurlegierungen ist schon viel mehr bekannt. Diese werden beispielsweise in der Datenplatte für das Digital-Optical-Recording-System (DOR) eingesetzt, die in dem von Philips kürzlich eingeführten Megadoc-System verwendet wird.

Trotz der großen Unterschiede zwischen den neuen Materialen für die optische Informationsaufzeichnung gibt es einige charakteristische

Übereinstimmungen vorn Aufnahme und Wiedergabesystem. Unabhängig davon, welcher Plattentyp verwendet wird ist das System für die Verwendung eines Diodenlasers optimiert der im Infrarotbereich emittiert "Wellenlänge etwa 800 Nanometer). Dieser Laser bewirkt einen physikalischen Effekt in-, Speichermaterial (Bildung eines Loches oder eine Änderung des Aggregatzustands in einer Tellur-Selen-Legierung; Bildung ener Vertiefung in einer organischen Verbindung oder einer Domäne mit anderer Magnetisiesrichtung in einem magneto-optischen Stoff). Die vorn Laserlicht getroffenen Bereiche haben alle einen Durchmesser von etwa 1 Mikrometer, wie es die Photographien zeigen.

Die Leistung des Lasers beträgt für das Einschreiben von Informationen etwa 10 Milliwatt bei einer Impulslänge von 50 Nanosekunden. Die Ausleseleistung ist für alle Materialien ungefähr 0, 5 Milliwatt.

Die Information steckt in der Reflexion

Einer der neuen Stoffe für die Informationsspeicherung ist eine polykristalline Tellur-Selen-Legierung, die kleine Mengen anderer Elemente enthält, wie beispielsweise.Arsen zur besseren Beherrschung des Schmelzpunktes und der Stabilität des Materials. Eine dünne Schicht dieser Legierung wird auf ein Substrat aufgebracht. Mit Hilfe eines schmalen Laserstrahlenbündels kann man dieses Material örtlich schmelzen, so daß Löcher von der Dicke der Schicht entstehen. Beim Auslesen der Schicht mit einem weniger intensiven Laserstrahenbündel führt das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein von Löchern zu Unterschieden in der Reflexion des Laserlichtes. Diese Reflexionsunterschiede geben die Information in codierter Form wieder.

Viel Wert wird auf die Bestimmung der richtigen Zusammensetzung der Legierung und auf die Technik gelegt, die Legierung in einer sehr dünnen Schicht 41f eine Scheibe aufzubringen. Die Raltbarkeit der Platten ist außerordentlich gut. Aufgrund von Dauertests ist die Erhaltung der gespeicherten Information für mindestens zehn Jahre garantiert, wobei keine besonderen Anforderungen an' die Umgebung gestellt werden. Bei Lagerung in einem klimatisierten Raum ist die Haltbarkeit noch viele Male besser.

Der erreichbare Signal/Rausch-Abstand ist so gut daß die mit der Tellur-Selen-Legierung beschichtete Platte besonders als Speichermedium sowohl für digitale Daten (alphanumerische Daten oder digitale Audioinformation) als auch für Videoaufzeichung geeignet ist. Die DOR-Platte ist in dieser Weise hergestellt.

Bei Benutzung von Tellurlegierungen kann auch Information auf eine Platte geschrieben und gelöscht werden, worauf erneut eingeschrieben werden kann. Durch Anpassung der Laserausgangsleistung (im Vergleich zu der für die "Löcherplatte" notwendigen Leistung) wird das polykristalline Material zwar örtlich geschmolzen, aber es werden keine Vertiefungen gebildet, die bis zum Substrat reichen.

Nach Ablauf des Laserimpulses kühlen die geschmolzenen Bereiche so schnell ab, daß sie in einer metastabilen, amorphen Phase einfrieren. Diese amorphen Domänen reflektieren beim Auslesen in anderer Weise als die kristalline Umgebung. Beim Löschen gehen die amorphen Bereiche mit Hilfe eines Lasers von genügend hoher Ausgangsleistung wieder in die kristalline Phase über. Dieses Material für löschbare Speicherung befindet sich derzeit noch iin TJbergangsstadium von der Forschung und Entwicklung.

Es gibt organische Verbindungen, die selbst in sehr dünnen Schichten viel Licht absorbieren und ein großes Reflexionsvermögen haben. Diese dünnen Schichten aus organischen Verbindungen scheinen eine vielversprechende Alternative zu den Tellur-Selen-Legierungen zu sein.

Der Speichereffekt wird mit einem Laser erreicht, der das Material örtlich schmilzt, so daß darin kleine Vertiefungen (,Pits") entstehen. Der Unterschied zur Tellur-Selen-Legierung liegt darin, daß diese Vertiefungen meistens nicht bis zum Substrat reichen. Die Reflexion ändert sich mit der Tiefe des Pit. Beim Auslesen der Information wird der Unterschied der Reflexion benutzt, der inf olge des Pitmusters entsteht.

Dieser Schmelzprozeß ist nicht reversibel, so daß die Platte nur einmal beschrieben werden kann. Hinsichtlich der Haltbarkeit hat sich gezeigt, daß bei diesen organischen Verbindungen die Information genau so stabil fixiert wird wie bei der "Löcherplatte' aus Tellur-Selen-Legierun-gen. In diesem Zusammenhang hat man sich bei den Untersuchungen besonders für die Lichtechtheit des Materials interessiert, die dafür sorgt, daß die charakteristischen Eigenschaften erhalten bleiben. Auch gegen Wärme und Feuchtigkeit sind diese Verbindungen gut beständig. Attraktiv ist das einfache Spincoating", mit dem die organische Verbindung auf die Platte gebracht wird.

Eine solche Platte hat ein weites Anwendungsgebiet. Der experimentell gefundene Signal/Rausch-Abstand ist so groß, daß damit sowohl digitale Daten als auch Videoinformatioien gespeichert werden können.

Schon seit einiger Zeit sind amorphe . magnetische Gadolinium-EisenKobalt-Verbindungen bekannt. Mit Hilfe eines Lasers, der dieses Material erhitzt, können kleine Gebiete magnetisch umgepolt und dieser Zustand "eingefroren" werden. Diese Technik bietet die Möglichkeit, eine magnetisierte Schicht mit einem Muster aus kleinen Bereichen mit entgegengesetzten Magnetisierungsrichtungen zu beschreiben". Ein solches Muster kann mit polarisiertem Laserlicht wieder ausgelesen werden. Infolge des sogenannten Kerr-Effektes wird die Polarisationsrichtung des reflektierten Lichtes in bezug auf die Polarisationsrichtung.des einfallenden Lichtes etwas gedreht. Die Drehrichtung hängt von der Magnetisierungsrichtung ab. Auf diese Weise können beschriebene und nicht beschriebene Bereiche auf der Platte unterschieden werden, und die eingeschriebene Information läßt sich auslesen. Ebenso leicht wie das Einschreiben ist das Löschen der Information. Die entsprechenden Bereiche werden mit Hilfe eines Lasers erhitzt, und gleichzeitig wird ein äußeres magnetisches Feld in Richtung der ursprünglichen Magnetisierung ,der Schicht angelegt, so daß die Magnetisierung des erhitzten Bereiches nach Abkühlung wieder die ursprüngliche Richtung hat. Das Löschen der Information und das erneute Einschreiben können unbeschränkt wiederholt werden.

Die Forschung beschäftigt sich derzeit mit der Untersuchung der Beständigkeit der gespeicherten Information. Dabei spielt die Stabilität des Materials eine große Rolle.

Vom Signal/Rausch-Abstand her ist diese Speichermethode für digitale Daten geeignet (alphanumerische Information und digitale Audiosignale). Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß es auch möglich ist, den Signal/Rausch-Abstand so zu verbessern, daß auch Videosignale aufgezeichnet werden können.

Welcher Typ eines optisch beschreibbaren Speichers in Zukunft verwendet werden wird, ist schwer vorherzusagen. Hierbei werden die Art der Information, die man speichern möchte, sowie der Preis der Platte und/oder des Abspielsystems