Lizenzen bremsen Virtualisierung aus

30.06.2005
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

Auf der Ebene der Anwendungen wird die Situation ganz vertrackt. Viele Applikationslizenzen beziehen sich auf die Zahl der Prozessoren. Die bekanntesten Beispiele dafür kommen von Microsoft und Oracle. Wenn ein Programm im Normalbetrieb vier CPUs benötigt und nur bei gelegentlichen Spitzenlasten zwei weitere braucht, sind sechs Lizenzen erforderlich.

Es kann aber noch dicker kommen: Die Programme laufen in virtuellen Maschinen, die oft nicht die ganze Leistung eines Prozessors beanspruchen, sondern nur einen Teil. Bei etlichen Anwendungen wird trotzdem die volle CPU-Lizenz verlangt. Wer in einer virtuellen Umgebung mit sechs Prozessoren sechs virtuelle Maschinen mit Windows und sechs mit Linux einrichten möchte, braucht zwölf Lizenzen.

Faire Nutzungsgebühren?

Es stellt sich also die Frage, ob die bestehenden Lizenzmodelle wirklich so fair sind, wie die Programmhersteller behaupten. "Es wird auf jeden Fall neue Lizenzmodelle geben müssen", erklärt Thomas Heinze, Product Marketing Manager bei Sun. "Heute scheitern viele Utility-Modelle und Flexibilisierungsbestrebungen an den Lizenzmodellen von Softwareanbietern." Der Mann hat gut reden; das Lizenzmodell von Sun orientiert sich an der Zahl der Mitarbeiter eines Anwenderunternehmens.

Die Anbieter, deren Lizenzen sich nach der Prozessorenzahl richten, verteidigen ihr Modell. So Holger Dyroff, der bei Novell für Suse-Produkte zuständige Vice President: "Ich halte das von uns gewählte System wegen seiner Einfachheit für vorteilhaft. Die Kunden wollen kalkulierbare Preise." In die gleiche Kerbe haut Günter Stürner, Vice President Database and Salesconsulting bei Oracle: "CPU-basierende Lizenzierung wird oft kritisiert; es ist jedoch eine Methode, bei der der Kunde sehr genau weiß, was er zu bezahlen hat." Oracle berechnete früher die Lizenzkosten nach "Power Units", bei denen die Leistungsfähigkeit der Prozessoren die zentrale Rolle spielte. Stürner: "Das war zwar gerechter, aber für Kunden weniger planbar. Deshalb kam das Aus für dieses Modell."